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04.12.2013 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

12. CTI-Symposium Automotive Transmissions: Weniger Gänge sind mehr

verfasst von: Gernot Goppelt

4 Min. Lesedauer

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Beim letztjährigen CTI-Getriebesymposium hatte Getrag eine interessante Frage in den Raum gestellt: "Wie viele Gänge braucht der Markt?". Der erste Tag des diesjährigen 12. Internationalen Symposiums Automotive Transmissions, HEV- und EV-Drives, das noch bis zum morgigen 5. Dezember in Berlin stattfindet, zeigte, dass diese Diskussion längst nicht beendet ist. Durchaus überraschend plädierten einige Experten für eine Rückkehr zu weniger Gangstufen - eine mutige Ansage angesichts von bereits angekündigten Wandlerautomaten mit bis zu zehn Gängen.

Carsten Breitfeld, Vice-President, Leiter Baureihe i8, BMW, brachte es in der Podiumsdiskussion auf den Punkt: "Es müssen wieder weniger Gänge werden". Ihm fiel diese Forderung sicherlich leicht, da er gerade erst das Konzept des BMW i8 vorgestellt hatte, dem eine Sechsgang-Automatik für den Verbrennungsmotor und zwei Gänge für die E-Maschine genügen. Dass letztere überhaupt zwei Gänge nutzen kann, begründet Breitfeld mit der sportlichen Anwendung, bei der hohe Geschwindigkeiten auf der Autobahn vorgesehen sind. Bei elektrischen Stadtfahrzeugen genügt aus seiner Sicht dagegen eine Übersetzung.

Sechs bis sieben Gänge reichen aus

Aufhören ließ aber, dass Carsten Breitfeld wie Robert Fischer, Geschäftsführer von AVL, selbst bei konventionellen Anwendungen sechs bis sieben Gänge für ausreichend halten und sich damit gegen den scheinbaren Trend zu immer mehr Gängen stellen. Und noch weniger Stufen brauchen demnach Hybridantriebe, weil die elektromotorische Unterstützung in dynamischen Betriebsphasen dominant ist oder im Falle von Mildhybriden zumindest die Gangsprünge mildern kann.

Woher die Zurückhaltung hinsichtlich der Gangzahl rührt, sagte Robert Fischer: "Mir kann kein Mensch erzählen, dass eine Vielgang-Automatik keine Mehrkosten verursacht". Rolf Najork, COO von Heraeus, kommentierte dies humorig mit der Feststellung, dass aber weniger Gänge auch weniger Geschäft für den Zulieferer bedeuten - was freilich die OEMs nicht stören dürfte, sofern sie dem Ruf nach weniger Gängen grundsätzlich beipflichten. Bisher sieht es besonders im komfortgetriebenen NAFTA-Raum eher so aus, als ob Acht-, Neun- oder Zehngangautomaten aus Komfortgründen sehr gute Chancen haben.

Es ist bei der CTI-Veranstaltung schon gute Tradition, eine Art TED-Umfrage im Publikum zu machen. Eine der Fragen war, welches Getriebekonzept zukünftig wohl am meisten zur CO2-Einsparung beitragen wird. Wieder eine Überraschung, zumindest in ihrer Deutlichkeit: Über 40 Prozent der Teilnehmer sahen das Doppelkupplungsgetriebe vorne. Dabei sieht Getrag-CEO Mihir Kotecha die Technik ähnlich wie CVTs gerade einmal in ihrem Jugendstadium. Er erwartet, dass sich in den Bereichen Modularisierung und "Digitalisierung" noch eine Menge tun wird.

"Jedes Getriebe muss künftig den E-Motor integrieren können"

Als Unterscheidungsmerkmal bei modularen Konzepten tritt dabei die Programmierbarkeit noch stärker in den Vordergrund. Software schafft neue Möglichkeiten, wie Rolf Najork feststellte: Die Programmierbarkeit von Getrieben erlaubt ein Customising, welches wiederum Robert Fischer vor allem im Car-Sharing interessant findet. Im Prinzip sei es sogar vorstellbar, dass ein Kunde sein eigenes Fahrprofil in das jeweilige Fahrzeug mitnimmt, um es nach seinem Geschmack zu individualisieren. Angesichts dieses Szenarios könnte noch die Frage interessant werden, welche Getriebetechnik am meisten Individualisierung erlaubt.

Einen interessanten Gedanken brachte schließlich noch Robert Fischer ein: "Jedes Getriebe muss zukünftig in der Lage sein, den Elektromotor zu integrieren". Dem Getriebe käme damit eine zentrale Bedeutung bei der Hybridisierung zu. Unisono wurde festgestellt, dass der Trend zu 48 Volt die Hybridisierung beschleunigen wird. Najork und Fischer glauben, dass um 2020 mehr als 50 Prozent der neuen Fahrzeuge zumindest mild hybridisiert sein werden. Dabei wäre es ziemlich widersinnig, auf mehr als sechs oder sieben Gänge zu setzen, wenn sie bei konventioneller Motorisierung völlig genügen und bei einem Hybrid fast schon zu viele sind. Robert Fischer wiederholte in diesem Zusammenhang seine Aussage vom vergangenen Jahr, dass eigentlich sogar vier Gänge reichen.

"Zero is enough"

Takashi Hata, President von Jatco, ist selbst das zu viel. "Zero is Enough" nannte er seinen Vortrag, in dem er für die Vorteile des CVTs warb. Hata findet, dass gerade in den "Mega Cities" der stufenlose Komfort ein großer Vorteil ist. Das CVT biete zudem die besten Möglichkeiten, den Motor immer im optimalen Verbrauchskennfeld zu betreiben. Robert Fischer setzte dem freilich entgegen, dass dies nur für Motoren mit sehr engen Verbrauchskennfeldern gilt, ansonsten aber Stufengetriebe mit günstigem mechanischem Wirkungsgrad im Vorteil seien.

Zusammenfassend besteht zukünftig ein Bedarf an leichten und kompakten Lösungen, eine Hybridisierungsoption als Standard und Zurückhaltung bei der Anzahl der Gangstufen. Eine interessante Herausforderung ist es dabei sicherlich, das richtige Maß für unterschiedliche Hybridisierungsgrade zu finden. Das hybridisierte "Vielganggetriebe" fand gestern jedenfalls kaum Befürworter.

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