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12.05.2014 | Fertigungstechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Fehlerfrei ganz ohne Poka Yoke

verfasst von: Dieter Beste

3:30 Min. Lesedauer

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Die Montage von Flugzeugen oder Turbinen hat es in sich: Abertausende unterschiedliche Teile müssen am richtigen Ort befestigt werden. Nicht eine einzige Schraube darf fehlen. Künftig soll der Mensch durch Roboter bei entsprechenden Vollständigkeitsprüfungen entlastet werden.

In der globalisierten Produktion hat sich der Anbietermarkt zum Käufermarkt entwickelt. Dieser Paradigmenwechsel hat Konsequenzen auch für die Montage, wie die Springer-Autoren Bruno Lotter und Hans-Peter Wiendahl in der Einführung zu ihrem Buch „Montage in der industriellen Produktion“ darlegen: Konnte in der Vergangenheit die Vollautomatisierung die Großserienproduktion mit wenig Varianten revolutionieren, muss die Montage jetzt zunehmend eine steigende Variantenzahl in kleinen Losen bewältigen.

Um dieser zunehmenden Variantenvielfalt beizukommen zu können, ohne dass die Montagequalität leidet, sprechen die Autoren des „Pahl/Beitz Konstruktionslehre“ den Konstrukteur auf Seite 716 direkt an:

  • reduziere die Teileanzahl, z. B. durch Funktionsintegration,
  • strebe nach rationellen Verbindungsverfahren, wie z. B. Snap-in-Verbindungen,
  • vermeide separate Verbindungsmittel,
  • gestalte Wiederholbaugruppen,
  • minimiere die Montagerichtungen, strebe einfache Bewegungsmuster an und
  • vermeide Montagefehler durch Methoden wie Poka Yoke.

Aber auch eine noch so ausgeklügelte, möglichst einfache und Fehler verhindernde Gestaltung von Montageschritten mit Hilfe etwa von Poka Yoke kann nicht verhindern, dass bei zunehmender Individualisierung der Produkte die manuelle Überprüfung der korrekten Montage zu einer ermüdenden Sisyphusarbeit wird. Bei einem Flugzeug wie dem A380 ist es besonders extrem: Bis zu 40.000 Nieten halten jede der zwanzig Rumpfschalen zusammen. Bis zu 2500 Anbauteile müssen jeweils auf Richtigkeit überprüft werden. In einer manuellen Qualitätskontrolle müssen die Werker die Vollständigkeit der Montage anhand von Papierausdrucken Stück für Stück abgleichen.

Robotergeführter Sensor vergleicht Bauteile mit CAD-Daten

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben jetzt im Auftrag des Flugzeugbauers Aerotec einen Roboter dazu befähigt, diese Prüfaufgabe zu übernehmen. Auf der Automatica, vom 3. bis 6. Juni 2014 in München, wollen sie die Technologie mit folgenden Spezifikationen vorstellen:

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Das System besteht aus einem Roboterarm, der mit einem eigens entwickelten Sensorkopf verbunden ist. Der Kopf ist mit Bildsensoren und 3D-messenden Sensoren ausgestattet und fährt automatisch alle relevanten Prüfmerkmale - zwischen 1000 und 5000 Stück - an den Rumpfschalen ab. Von allen Positionen erzeugt er absolut zuverlässig hochauflösende Messdaten über den Montagezustand der realen Anbauteile. Die dafür benötigten Informationen entnimmt das System den vorliegenden 3D-CAD-Daten für die Rumpfschale. Sie geben das Soll-Ergebnis vor und beinhalten zugleich alle Koordinaten der Prüfpositionen. Aus diesen Daten erstellt das System zugleich virtuelle Messdaten der Prüfmerkmale - in Form von synthetischen Bildern und 3D-Punktwolken. Jede Fügeverbindung und jedes einzelne Anbauteil ist darin exakt repräsentiert.

Während der Prüfung überlagert das System die realen Messdaten mit den virtuellen Vorgaben. Bildausschnitt und Aufnahmewinkel berücksichtigt es automatisch. Passen die beiden Messdaten zueinander, sind die darauf abgebildeten Bauteile also richtig montiert, markiert das System die Bauteile virtuell mit Grün als fehlerfrei. Findet es Unstimmigkeiten, werden sie rot markiert, bei Unklarheiten gelb. In einem Prüfprotokoll kann der Werker sich verschiedene Auswertungen anzeigen lassen. Das System liefert den Bedienern dabei nicht nur die Fotos der Bauteile, sondern auch die Koordinaten, sodass sie das zu überprüfende Bauteil schnell wiederfinden.

Schneller und zuverlässiger als die manuelle Kontrolle

Das digitale Prüfsystem ist nach Angaben der Entwickler nicht nur zuverlässiger als eine manuelle Kontrolle, sondern auch deutlich schneller: Etwa fünf Sekunden dauert die Bildaufnahme, weitere fünf Sekunden die Auswertung pro Position. Statt acht bis zwölf Stunden benötigt es nur etwa drei Stunden, um den richtigen Sitz jedes Teils zu überprüfen. Auch die Größe der Bauteile, die es kontrollieren kann, hat es in sich. Das System analysiert mühelos Volumen bis zu 11 m x 7 m x 3 m und arbeitet dabei dennoch sehr genau und hochauflösend.

Dabei spürt das System die Fehler nicht nur auf, sondern hilft auch dabei, sie langfristig zu vermeiden. Denn es hat sich gezeigt, dass Fehler an einigen Stellen gehäuft auftreten. Doch wo und warum? Um dies herauszufinden, werden die entdeckten Fehler in eine Datenbank eingespeist. Hier wird analysiert, ob sie lediglich einmalig aufgetreten sind oder ob sie sich wiederholen. Diese Informationen können dann an die Monteure mit entsprechenden Hinweisen weitergegeben werden.

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