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15.10.2013 | Journalismus | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie Journatic Lokaljournalismus zum Dumpingpreis liefert

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

1:30 Min. Lesedauer

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"Der Journalismus geht gekonnt vor die Hunde – handwerklich, intellektuell, moralisch“, wettert Springer-Autor Bijan Peymani. Das Journatic-Geschäftsmodell dürfte die Hutschnur Peymanis endgültig zum Platzen bringen.

Lokalnachrichten "Made in Übersee“: Der US-amerikanische Nachrichtendienstleister verkaufte renommierten Verlagen wie der Chicago Tribune zu unschlagbar günstigen Konditionen News und Geschichten aus den hintersten Winkeln der Vororte. "Hyperlokal“ lautet das hippe Modewort, mit dem Regionalzeitungen größtmögliche Nähe zum Lebensumfeld des Lesers demonstrieren wollen und das Journatic mit seiner cleveren Geschäftsidee ungebremst ins Absurde verkehrte.

Journatic macht journalistische Leistungen billig

Denn das findige Unternehmen lagerte seine Produktion nach Übersee aus. In Billiglohnländern angeworbene Schreiber holten sich für kleinste Honorare ihre Fakten – die offene Verwaltungsstruktur der amerikanischen Behörden macht es möglich – über Gemeinderatsitzungen oder zu Polizeiberichten direkt aus dem Internet und strickten daraus einfache standardisierte Lokalnachrichten. Journalisten direkt vor Ort? Nicht nötig, fand der Nachrichtendienst.

Mehr Mut und Einmischung im Lokalen bitte

Christian Nienhaus, Chef der Funke-Mediengruppe, die zuletzt durch Springer-Neuerwerbungen von sich Reden machte, sieht das anders. "Lesernähe, Identifikation mit der Region, Kreativität und Mut zur Einmischung“, sind Schlagworte mit denen er Ende August in Weimar für mehr Qualität im Regionaljournalismus plädierte.

Das Übel im Journalismus sind die Journalisten

"Wir haben kein Erkenntnisproblem“ hält Bijan Peymani in seinem Buchkapitel "Spätrömische Mediendekadenz“ solchen Rezepten entgegen. Er vermisst Verlegerpersönlichkeiten und Medienschaffende, die Verantwortung und Anstand vor Auflage stellen und die ihrem Publikum mehr zutrauen. (S. 441) "Das Übel ist die Umsetzung“, klagt der Autor. Es schreibe, interviewe und moderiere in einer "neurotisch beschönigten und verbrämten Welt“, was er besser gelassen hätte. "Wo ist das Korrektiv?“, fragt Peymani. (S. 442)

Serie Lokaljournalismus:

Teil 1: Vor welchen Problemen der Lokaljournalismus steht
Teil 2: Warum Lokaljournalismus besser ist als sein Ruf
Teil 3: Crossmedia: eine Chance für den Lokaljournalismus
Teil 4: Wie lebendiger Geschichtsjournalismus Leser bindet

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