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11.02.2015 | Medien | Schwerpunkt | Online-Artikel

"Nur wenige Kunden leben heute schon Crossmedia"

verfasst von: Andrea Amerland

4 Min. Lesedauer

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Kann das gut gehen? Mit einer Paywall und einem reinen Online-Angebot drängt die "Neue Zürcher Zeitung" nach Österreich. Wir sprachen mit Springer-Autor Thomas Breyer-Mayländer über Chancen und Risiken der Expansion.

Springer für Professionals: Die „Neue Zürcher Zeitung“ – eine der ältesten Tageszeitungen im deutschen Sprachraum – investiert in lokale Angebote. Der neue Ableger entsteht in Österreich und ist der Testballon für eine Expansion nach Deutschland. Axel Springer hat hingegen seine Lokalzeitungen unlängst verkauft. Was ist nun der Königsweg?

Thomas Breyer-Mayländer: Das ist die Frage nach der Positionierung meiner Nachrichtenprodukte im intermedialen Wettbewerb. Zeitungen sind traditionell dort stark, wo es keinen Wettbewerber aus anderen Mediengattungen gibt. Für viele Unternehmen sind das lokale oder sublokale Themen. Dabei haben wir in vielen Fällen aber gleichzeitig eine Fokussierung auf politische Inhalte, die nicht bei allen Teilen der Zielgruppe als so relevant empfunden werden. Axel Springer hat sich entschieden, sich auf die wenigen überregionalen Marken des Hauses zu konzentrieren, auch wenn das, was die aktuellen Zahlen zeigen, ein sehr schwieriger Markt ist, da es intermedial mehr Wettbewerb aus anderen Newsplattformen (Nachrichtenmagazine etc.) gibt. Die restliche Energie wird dort in das direkte Investment von digitalen Plattformen gelegt, wie es viele größere Medienhäuser (z.B. auch Hubert Burda Media) machen.

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Interessant an NZZ.at ist nicht allein die Lokalisierung, sondern auch die reine Fokussierung auf Online und eine hohe Paywall in Höhe von 14 Euro pro Monat. Wo sehen Sie die Chancen, wo die Risiken für dieses Geschäftsmodell?

Eine derart harte Paywall geht nur bei extrem starken Marken. Denn die Schwelle, ein Erfahrungsgut wie ein Online-Angebot zu beziehen, ist recht hoch, fürchtet der Kunde doch stets, gerade bei überregionalen Nachrichten, dass diese an anderer Stelle kostenlos sein könnten. Andere Paid-Content-Modelle wie der Freemium-Ansatz (nur spezifische Inhalte sind kostenpflichtig) und Metered Access (die ersten x Artikel sind kostenfrei) sorgen bei schwächeren Marken dafür, dass die Latte nicht ganz so hoch liegt.

„Huffington Post“ oder „Krautreporter“ setzen auf andere Strategien: honorarfrei erstellte Blogger-Artikel einerseits, Schwarmfinanzierung andererseits. Sind das Alternativen zur nur schwer zu etablierenden Bezahlschranke?

Auch wenn diese Beispiele sehr trendy oder zeitgeistig erscheinen, sind sie doch auf Nischen begrenzt und keine Alternativen in der Breite. Im Gegensatz zur „Huffington Post“ ist in regionalen und lokalen Märkten eher eine Professionalisierung des Journalismus wünschenswert, damit man „das Geld auch Wert ist“. Die Tücken des Crowdfundings, dass im Vorfeld der finanzielle Rahmen gesteckt wird, musste selbst das nationale Prestigeprojekt „Krautreporter“ erleben. Das ist in den meisten Fällen kein sinnvoller finanzieller Rahmen für Newsportale.

Mit NZZ.at wird Crossmedia zunächst eine Absage erteilt. Dabei wird die Vernetzung von Print, Web und Mobile als Erfolgsrezept immer wieder propagiert. Ist Crossmedia wirklich zwingend notwendig für ein tragfähiges Geschäftsmodell?

Bei Crossmedia muss man unterscheiden, welche Zielgruppe sich damit beschäftigt. Im Nutzermarkt fällt zunächst auf, dass es eher wenige Überschneidungen in der Nutzerschaft bei Print- und Online-Angeboten gibt. Tendenziell nutzen die Leute eher das eine oder das andere und erst bei ergänzenden mobilen Angeboten gibt es wieder mehr Überschneidungen und damit eher das Bedürfnis, die Produkte crossmedial aufeinander abzustimmen. Im Werbemarkt wird zwar von Kunden und Agenturen oft die crossmediale Durchgängigkeit von Kampagnen beschworen. Tatsächlich aufeinander abgestimmt und somit crossmedial sind die Dinge aber selten. Gehen wir dann noch in den regionalen oder gar lokalen Markt, dann zeigt sich: Nur wenige Kunden leben heute schon Crossmedia. Das ist eine Frage der Kompetenz- und Marktentwicklung und wird sich in den nächsten Jahren durch eine zunehmende Professionalisierung auf allen Seiten (Medienhaus, Agentur, Kunde) verändern.

Keiner der nur rund 15 Redakteure, die für NZZ.at arbeiten ist über 40 Jahre alt. Alle kommen von erfolgreichen österreichischen Medien-Start-ups. Hat der 50-jährige Printredakteur personalpolitisch in Medienhäusern ausgedient? Und wie muss der Redakteur der Zukunft beschaffen sein?

Diese Entwicklung kennen wir mit teilweise sehr schrägen Ausprägungen aus dem Personalmarkt der Agenturen. Im Journalismus ist es zusätzlich ein Problem, dass viele erfahrene Kolleginnen und Kollegen sehr gut ausgestattete Altverträge haben und im Vergleich zur jüngeren Konkurrenz schlicht als zu teuer gelten. Hier lohnt es sich Kompetenzen zu mischen und nicht nur im Alter-Diversity zu leben. Erfahrung, Netzwerke auf der einen und Dynamik und alles infrage stellen auf der anderen Seite, das kann eine gute Kombination sein.

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