Skip to main content

04.07.2014 | Motorentechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Nur abgasaufgeladene Motoren sind nicht genug

verfasst von: Andreas Burkert

3:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Der Abgasturbolader gibt dem Motor zusätzlich Kraft. Wäre da nicht das Turboloch. Um dies zu vermeiden, setzen Motorenentwickler unter anderem auf das Konzept des elektrisch angetriebenen Verdichters in Kombination mit einem Abgasturbolader. Eine vielversprechende Lösung, wenn demnächst das 48-V-Bordnetz kommt.

Wenn erst der WLTP-Fahrzeugtestzyklus den NEFZ ablöst, kommt der große Tag der elektrischen Zusatzaufladung. Weil nämlich unter anderem der WLTP-Zyklus zu 42 Prozent aus Beschleunigungsphasen besteht und dies gegenüber dem NEFZ "grob eine Verdoppelung der Transientphasen bedeutet", wie es die Springer-Autoren Richard Aymanns, Tolga Uhlmann, Carolina Nebbia und Thorsten Plum in "Elektrische Aufladung neue Freiheitsgrade durch höhere Bordnetzspannung" schreiben, hat die elektrische Zusatzaufladung große Chancen, sich ihren Stammplatz am Verbrennungsmotor zu sichern.

Weitere Artikel zum Thema

Nach Ansicht der Autoren kann so ein schneller und vom Motorbetrieb unabhängiger Ladedruckaufbau erreicht werden. "Dies ist gerade beim Dieselmotor ein willkommener Vorteil". Zum einen kann der Ladedruck zur Steigerung der In-Zylinder-Luftmasse und somit zur Vermeidung von Beschleunigungs-Rußstößen genutzt werden. Zum anderen ermöglicht ein spontan anliegender Ladedruck, auf die Wegschaltung der Abgasrückführung (AGR) bei Transientvorgängen zu verzichten und so die NOx-Emission im Testzyklus zu reduzieren.

48-V-Bordnetz pusht die elektrische Zusatzaufladung

Neben der Reduktion des Schadstoffausstoßes ist im Übrigen die Senkung der CO2-Emissionen der zentrale Treiber der Motorenentwicklung. Heute gelingt dies mittels einer Hubraumreduktion in Verbindung mit Abgasturboaufladung. Obschon die Abgasturboaufladung zu konkurrenzfähigen Volllastbetriebsdaten führt, "können die Volllastleistungen des Verbrennungsmotors nur mit zum Teil deutlich wahrnehmbarer Verzögerung abgerufen werden", schreiben die Autoren und meinen damit das als Turboloch bekannte Phänomen der Verzögerung zwischen dem Fahrerwunsch nach Beschleunigung ("Durchtreten des Fahrpedals") und der tatsächlichen Leistungsbereitstellung des Motors.

Zwar lässt sich dieses unbeliebte Phänomen etwa durch folgende Technologien vermeiden:

  • Direkteinspritzung in Kombination mit Ventiltriebsvariabilitäten
  • Wälzlagerung des Turboladerlaufzeugs
  • zweiflutige Turbinen zur Erhöhung des Stoßaufladegrads
  • reduzierte Trägheitsmomente
  • Aufladekonzepte mit mehreren verschalteten Turboladern.

Doch dank der zunehmende Elektrifizierung des Antriebsstrangs und der geplanten Anhebung der Fahrzeugbordnetzspannung von 12 auf 48 V gilt die elektrische Zusatzaufladung als probate Lösung.

Elektrische Zusatzaufladung ist der reinen Turboaufladung überlegen

Untersuchungen zufolge ist die Strategie mit elektrischer Zusatzaufladung der reinen Turboaufladung überlegen und kompensiert selbst im kritischsten Betriebsbereich niedriger Motordrehzahlen die transiente Schwäche der reinen Turboaufladung. Wie der Beitrag zeigt, vergehen schon mit einem 12-V-System zwischen dem Erreichen der Saugvolllast und des Punkts, an dem 90 Prozent des stationären Drehmomentwerts anliegen, nur noch 0,4 s (statt 1,8 s mit reiner Turboaufladung). Beim Einsatz eines 48-V-Systems reduziert sich der Wert noch weiter auf 0,2 s.

Für die Autoren bietet die elektrische Zusatzaufladung wesentliche Vorteile. Allerdings zeigt sich, dass die Frage der Anwendung nicht allein auf Motorebene entschieden werden kann, "sondern ebenfalls Aspekte wie das Fahrzeugkonzept oder das Verhalten des Fahrers berücksichtigt werden müssen". Insgesamt bietet die elektrische Zusatzaufladung neue Freiheitsgrade für Steuerung und Betrieb des Verbrennungsmotors und kann vor allem durch die Summe und Kombinierbarkeit ihrer Einzelpotenziale zur Verbesserung von Fahreigenschaften und Schadstoffemissionen beitragen.

Dem Verschleiß auf der Spur

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse gehört die Aufladung künftig zu den maßgebenden Techniken der Motorenentwicklung. Weil aber durch die zunehmenden Anforderungen über Leistung und Drehmoment hinaus die innere und äußere Mechanik des Turboladers einem breiter werdenden Beanspruchungsspektrum unterliegt, wie sie im Springer-Beitrag "Werkzeuge für die Komponentenentwicklung von Abgasturboladern“ näher beschrieben werden, steigen die Anforderungen an die mechanischen Komponenten der Abgasturbolader selbst und an die peripheren Steuer- beziehungsweise Regeleinrichtungen.

Damit steigt der Entwicklungsaufwand, angefangen bei der Konstruktion über Simulations-, Applikations- und Optimierungsarbeiten bis hin zur Dauererprobung. Um die in der Entwicklung und Erprobung auftretende Fragestellungen besonders effizient bearbeiten zu können, beschreiben die Autoren unter anderem verschiedene kontinuierliche Messverfahren. Die weisen laut ersten Ergebnissen genügend hohe Abtastraten auf, um beispielsweise für Verschleiß, Ölverbrauch, Lader-Blow-by, Verstellerkräfte oder Rotorbewegungen genutzt zu werden.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2013 | OriginalPaper | Buchkapitel

Motorbetriebssysteme

Quelle:
Mercedes-Benz SL

2013 | OriginalPaper | Buchkapitel

Motor

Quelle:
Nutzfahrzeugtechnik

    Premium Partner