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23.12.2014 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Technik im Alltag: Der VW e-Up

verfasst von: Michael Reichenbach

5 Min. Lesedauer

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Ein Volkswagen, wie man ihn kennt: So lässt sich die VW-Strategie für Elektrofahrzeuge deuten. Ein zum E-Auto umgebauter konventioneller VW Up, mit vertrauten Bedienelementen: "Zündschlüssel" drehen, und los geht’s. Einzige Überraschungseffekte beim VW e-Up für nicht Elektrofahrzeugkenner: das starke aber fein dosierbare Drehmoment des Elektroantriebs und das lautlose Fahren.

Um die Hürde so niedrig wie möglich zu legen, in die E-Mobilität einzusteigen, hat Volkswagen sein Elektroauto VW e-Up vom herkömmlichen Up so wenig wie möglich unterscheidbar gemacht. So müsse sich der Kunde nicht groß umgewöhnen, heißt es aus Wolfsburg. Das beginnt beim Außeneindruck der Karosserie und setzt sich im Innenraum und bei der Bedienung fort, wo man erst einmal nicht merkt, dass man nicht in einem herkömmlichen VW Up sitzt. Hier verfolgt Volkswagen also eine ganz andere Strategie als BMW mit dem extravaganten i3, der Premium-Käufergruppen anspricht und damit das E-Auto-Segment an einer anderen Stelle als der e-Up bereichert. Die ATZ-Redaktion konnte sich in diesem Herbst auf rund 1200 km im Kurzstrecken- und Pendelverkehr einen Eindruck von den Qualitäten des e-Up machen.

Gewohnte Bedienung

Ist man in den VW e-Up eingestiegen, dreht man wie bei einem Benziner den Zündschlüssel um, damit der Elektroantrieb aktiviert wird. Es bleibt still im Auto, man legt wie bei einem traditionellen Automatikgetriebe, eigentlich ist es ein Einganggetriebe zwischen 60-kW-Elektromotor und Rädern, den Wählhebel auf D und gibt "Gas". Alles ist beim Fahren nun so, wie man es seit Jahrzehnten beim Autofahren gewohnt ist. Alles sitzt an seinem Platz. Das Kombiinstrument informiert links in einem Rundinstrument über die Fahrweise, das heißt, ob gerade beschleunigt wird (blauer Skalenbereich), ob gesegelt wird (Zahl Null) oder ob beim Bergabfahren oder Bremsen in die 18,7-kWh-Batterie zurückgespeist, also rekuperiert wird (grüner Bereich auf der Skala). Wird der Wagen abgeschaltet, steht der Zeiger auf "Off". In der Mitte des Kombiinstruments ist der Tacho untergebracht; darunter steht die aus jedem VW bekannte Multifunktionsanzeige, die um kWh-Verbrauchangaben ergänzt wurde. Rechts im Kombiinstrument gibt es dann noch das sehr groß geratene Rundinstrument für die Tankanzeige, sprich den Batteriefüllstand. Alle Fahrzustände erlebt man bei den ATZ-Testfahrten als sehr unaufgeregt, fast zu normal, eigentlich möchte man doch etwas mehr Vorreiter und Trendsetter mit so einem Elektrofahrzeug sein. Sowohl die Beschleunigung als auch das elektrische Verzögern sind beeindruckend gut. Auch die Stille beim Stehen an der Ampel oder beim Fahren ist bemerkenswert, wenn ist nur das Reifenabrollgeräusch zu hören.

Reichweite

Bei unseren Testfahrten negativ aufgefallen, ist die herstellerseitig angegebene Reichweite von 160 Kilometern, die selbst im Eco-Modus und bei ausgeschalteter Klimatisierung (bei 13 Grad Celsius Außentemperatur) nicht eingefahren werden konnte. Bei einer typischen Pendlerfahrt von 27 km Länge im Herbst bei bedecktem Himmel und 11 Grad Celsius Außentemperatur versprach uns der Bordcomputer des drei Viertel aufgeladenen e-Up eine Reichweite von 70 km. Nachdem wir die 27 km - meist Autobahn mit rund 100 bis 110 km/h Tempo - gefahren waren, wurde eine Reichweite von 41 km angezeigt. Generell entstand der Eindruck, dass die Reichweitenanzeige schneller rückwärts zählt als der Kilometerstand vorwärts.

Die Energiesparrunde in der Ebene, die mit warmen ("frisch" geladenen) Akkus begann, endete nach 139 Kilometern (Restkapazität für vier Kilometer). Bei gleichen Ausgangsbedingungen absolvierte die Redaktion eine zügigere, energiezerrende Testfahrt mit Höhenunterschieden bis zu 300 Metern. Die Reichweite sank hier auf 80 Kilometer - im Durchschnitt darf ein e-Up-Besitzer nach den ATZ-Testerfahrungen mit 100 Kilometern rechnen, ein erweiterter Aktionsradius wird dann von den Möglichkeiten der Zwischenladung bestimmt. So fuhr ein Redaktionsmitglied beispielsweise an einem Tag 250 Kilometer. Volkswagen spricht von einer "praxisnahen Reichweite" mit einer Batterieladung zwischen 120 und 160 Kilometern.

Optionale Systeme, die auch obligatorisch sein könnten

Der e-Up kann mehr als das ATZ-Testfahrzeug, dem beispielsweise das von VW optional angebotene Navigations/Infotainmentsystem von Garmin fehlte. Unangenehm fiel dies im Rahmen des Tests auf, weil die im Zentraldisplay angegebenen Reichweitenprognosen teilweise sprunghaft sanken und selbst bei energiesparendem Fahren nicht nach oben korrigiert wurden, mit Ausnahme von Energierückspeisungen (Rekuperationsleistung ist wählbar) während Gefällstrecken. Dem ungeübten Fahrer fehlt damit die Orientierung, welche die anfangs üblichen Reichweitenängste vermeiden helfen. Die besten Verbrauchswerte wurden im Stadtverkehr unterhalb 50 km/h ermittelt (13,8 kWh/100 km, inklusive Ladeverluste rund 2,4 l/ 100 km). Diese Verbrauchwerte lassen sich fahrzeugseitig optimieren, beispielsweise durch das Vorkonditionieren des Innenraumklimas während des Ladevorgangs beziehungsweise so lange das Fahrzeug vom Energienetz Strom bezieht. Dies bietet Volkswagen an, im Testfahrzeug fehlte die Funktion. Von Vorteil ist ein Ladegerät mit höherer Leistung: statt mit 2,3 kW sechs bis neun Stunden von 0 auf 100 Prozent Kapazität aufzuladen, gelingt dies mit einem 3,6-kW-Ladegerät innerhalb von vier bis sechs Stunden. Schnellladen (rund 80 Prozent in 30 Minuten) sieht Volkswagen vorerst für den e-Up nicht vor.

Unser Fazit

Mit dem E-Antrieb macht das kleine Auto eine richtig gute Figur, was Fahrleistung und Fahrspaß betrifft. Und das Karosseriekonzept passt sehr gut in die heutige Zeit. Selbst größere Fondpassagiere haben ausreichend Platz - auch über dem Kopf. Wer vorher noch nicht rein elektrisch gefahren ist, wird überrascht sein, wie "normal" sich ein E-Auto bedienen und bewegen lässt. Der Umstieg könnte durch dieses "gewohnte" Interieur erleichtert werden. Doch der Preis von rund 29000 Euro ist gewöhnungsbedürftig und dürfte weniger zum Spontankauf verleiten. Die von Volkswagen genannte Reichweite einer Batterieladung von 120 bis 160 km lag bei unseren Fahrten klar beim unteren Wert - oder sogar darunter. Was uns fehlte: ein Fensterheber mit Tippfunktion sowie ein Navi zum Zielort, das die schnell schmelzende Reichweite für uns managt.

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