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19.03.2024 | Umweltschutz | Im Fokus | Online-Artikel

Quecksilber-Einträge in die Ozeane zum Großteil menschengemacht

verfasst von: Florian Bischof

3:30 Min. Lesedauer

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Der größte Teil des im Ozean vorhandenen Quecksilbers hat seinen Ursprung in menschlichen Aktivitäten. Das fand ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel heraus.

Minamata ist eine japanische Stadt auf der Insel Kyūshū an der Küste zur Yatsushiro-See, die durch eine Meerenge mit dem ostchinesischen Meer verbunden ist. Traurige Berühmtheit erreichte die Stadt Mitte der 1950er Jahre als sie zum Inbegriff für menschengemachte Umweltschäden wurde. Damals wurden bei Menschen und Tieren in der Region Schädigungen am zentralen Nervensystem festgestellt, die auf eine chronische Quecksilbervergiftung durch ungereinigte Abwässer eines ansässigen Chemiewerkes zurückgeführt werden konnten. Eine chronische Vergiftung durch organische Quecksilber-Verbindungen ist seitdem auch unter dem Namen Minamata-Krankheit bekannt. Nach heutigen Schätzungen wurden etwa 10.000 Menschen geschädigt, etwa 3.000 sind an den Folgen der Vergiftung gestorben.

Minamata war daher auch namensgebend für eine Konvention der Vereinten Nationen, die vor 10 Jahren, im Jahr 2013, in Genf beschlossen wurde. Diese zielte darauf ab, die Quecksilberbelastung in der Umwelt zum Schutz der menschlichen Gesundheit zu minimieren. Mit ihr verpflichteten sich die unterzeichnenden Staaten, die Freisetzung von Quecksilber zu kontrollieren und zu minimieren. Der Weg bis zur völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Abkommens durch Ratifizierung von mindestens 50 Staaten war indes lang. Es dauerte noch mehr als drei Jahre bis am 18. Mai 2017 diese Bedingung erfüllt war, so dass das Übereinkommen am 16. August 2017 in Kraft trat.

Methylquecksilber reichert sich in der Nahrungskette an

Quecksilber ist ein Schwermetall, das metallisch, oxidiert oder organisch gebunden vorkommt. Neben akuten Vergiftungen beim Umgang mit elementarem Quecksilber geht eine große Gefährdung für den Menschen und die Umwelt von Methylquecksilberverbindungen aus. Diese Verbindungen reichern sich in der Nahrungskette an. Vor allem durch überdurchschnittlich hohen Verzehr größerer Fischarten kann dies zu Vergiftungen und irreversiblen Hirnschäden führen – insbesondere bei Föten und Kleinkindern.

Quecksilber gelangt auf natürlichem Wege, zum Bespiele durch Vulkanausbrüche, Geysire oder wenn ⁠Biomasse⁠ verbrennt (zum Beispiel Wald- oder Steppenbrände), in die Atmosphäre. Zusätzliche Freisetzungen erfolgen durch menschliche Aktivitäten wie den Abbau von Quecksilbererzen und anderen quecksilberhaltigem Gestein wie Kalkstein oder Kohle. Quecksilberemissionen verbreiten sich weltweit, weshalb auch nicht-industrialisierte Gebiete belastet sein können.

Schätzungen gehen davon aus, dass sich der globale Quecksilbergehalt im Ozean durch anthropogene Aktivitäten um 21 % erhöht hat. Doch diese Zahl ist schwer zu verifizieren, denn bislang war nicht genau bekannt, wie viel natürliches Quecksilber vor dem Beginn anthropogener Emissionen im Ozean vorhanden war.

Emissionen zum Großteil anthropogenen Ursprungs

Diese Wissenslücke wollte nun ein internationales Forschungsteam unter Leitung des französischen Wissenschaftszentrums CNRS (Centre national de la recherche scientifique) schließen. Es hat erstmals eine globale Schätzung der Quecksilber-Emissionen aus hydrothermalen Quellen an den mittelozeanischen Rücken, vulkanisch aktiven Bereichen in den Weltmeeren, erstellt, die auf Messungen beruht.

Dr. Sven Petersen, Geowissenschaftler in der Arbeitsgruppe Marine Mineralische Rohstoffe am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, ist Mitautor der Studie. Hydrothermale Schlote seien die wichtigste direkte Quelle von natürlichem Quecksilber im Ozean, erklärt er, doch bislang schwankten die Angaben darüber, wie viel Quecksilber sie eintragen zwischen 20 und 2.000 t pro Jahr. Das sei vor allem darauf zurückzuführen, dass frühere Studien nur auf Messungen der heißen Lösungen beruhten, die aus den Quellen austreten. 

Für die aktuelle Studie, die im Fachjournal Nature Geoscience veröffentlicht wurde, haben die Wissenschaftler neben den ausströmenden Flüssigkeiten auch Schwebstoffwolken, die so genannten Plumes, Meerwasser und Gesteine untersucht. Die Proben wurden während verschiedenen Expeditionen gesammelt. 

„Unsere kombinierten Beobachtungen legen nahe, dass der Großteil des in den heißen Lösungen angereicherten Quecksilbers im Meerwasser verdünnt wird“, sagt der Leitautor der Studie, Dr. Lars-Eric Heimbürger-Boavida, CNRS Wissenschaftler am Mediterranean Institute of Oceanography (MIO). Nur ein kleiner Teil werde lokal ausgefällt und verbleibe am Meeresboden. Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass der weltweite hydrothermale Quecksilberfluss von den mittelozeanischen Rücken im Vergleich zu anthropogenen Quecksilberemissionen gering ist. Er bewegt sich zwischen 1,5 bis 65 t pro Jahr. Dies deute darauf hin, dass der größte Teil des im Ozean vorhandenen Quecksilbers anthropogenen Ursprungs ist. 

Ein beunruhigendes Ergebnis, mit dem die Forschenden gleichwohl auch die Hoffnung verbinden, dass die strikte Umsetzung von Emissionsreduktionen im Rahmen der Minamata-Konvention die Quecksilberwerte in Fischen und die menschliche Belastung verringern wird.

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