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20.12.2023 | Automatisiertes Fahren | Schwerpunkt | Online-Artikel

Die Vermessung der automobilen Welt

verfasst von: Andreas Burkert

5 Min. Lesedauer

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Mobile-Mapping-Daten sind für die Mobilität der Zukunft unerlässlich. In den Geodaten-Plattformen finden sich nämlich klassifizierte Objekte, dessen Positionen genau bekannt sind. Dank Verfahren der künstlichen Intelligenz können selbst Straßenschäden erkannt werden. 

Dem autonom fahrenden Fahrzeug muss man bis auf Weiteres noch vieles erklären. Die Bedeutung eines Verkehrsschildes etwa, welches vom Schmutz in Teilen unkenntlich geworden ist, das Verhalten bei einer schneebedeckten Fahrbahnmarkierung oder aber Folgen einer Fahrbahnabsenkung, die, wird sie einem ungünstigen Winkel überfahren, zu einem ungewollten Lenkeinschlag führt. Vor allem aber muss das vollautomatisierte Fahrzeugsystem im Detail Kenntnis davon haben, wo sich mögliche Gefahrenzonen befinden.

Ohne diese Informationen wäre jede Fahrt gemäß Level 5, wie sie der von der SAE International herausgegebene J3016 Standard definiert, hochriskant. Genaue und verlässliche Umgebungsdaten sind deshalb von zentraler Bedeutung für das vollautomatisierte Fahren – und sie sind zu einem lukrativen Geschäftsmodell geworden. Mit Hochdruck arbeiten deshalb manche Unternehmen an mobilen Kartierungssystemen. Ein Markt, dessen Volumen laut Modor Intelligence innerhalb von fünf Jahren von derzeit 35,50 Milliarden US-Dollar auf über 87 Milliarden steigen wird.

Kodierung geografischer Informationen

Auf die Poleposition schaffen es allerdings nur jene, die eine hochpräzise Geodatenplattform bereitstellen, die den gesamten Asset-Management-Lebenszyklus unterstützt – und darüber hinaus herstellerunabhängig zu nutzen ist. Dass auch GIS-Daten, Punktwolken sowie georeferenzierte Bilder mit vielfältigen Lokalisierungsfunktionen unterstützt werden müssen, ist in der Automobilbranche ebenfalls Voraussetzung. GIS ist im Übrigen ein Standard zur Kodierung geografischer Informationen in einer Datei.

Beim Prozess zur Erfassung raumbezogener Daten werden in der Regel mehrere Quellen genutzt, die bereits im Fahrzeug selbst oder aber per Luft- und Drohnenaufnahmen erhoben werden. Zum einen sind diese Daten aus dem Lidar, die mit GPS-Angaben inszeniert sind, um den genauen Standort und die Größe eines erfassten Objekts zu bestimmen. Zum anderen werden insbesondere öffentliche Bereiche mit sogenannten Mobile-Mapping-Systemen erfasst.

Mobile-Mapping-Systeme

Dabei handelt es sich um mehrere synchronisierte Kameras mit unterschiedlichen Ausrichtungen auf der Fahrbahn und entlang der Fahrbahn. Auch eine 360°-Kamera kommt dabei oftmals zum Einsatz. "Das Ergebnis ist immer eine Reihe von georeferenzierten Bildern, die im Falle von stereoskopischen Bildern oder einer Bild/Lidar-Kombination auch präzise Messungen ermöglichen." So zumindest erklärt es Clemens Wasner.

Der Geschäftsführende Gesellschafter der in Wien ansässigen EnliteAI GmbH hat mit seinem Team Detekt entwickelt. Diese von den Österreichern entwickelte Software, die seit zwei Jahren in Wien für das gesamte Stadtgebiet im Einsatz ist, nutzt dabei Verfahren der künstlichen Intelligenz, um automatisiert Objekte und Mängel wie Straßenschäden, Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen zu erkennen.

Sensorfusion für robuste Objekterkennung

In der intelligenten Kombination mit Lidar wird dann das Erkennen und Verorten von Objekten noch präziser. So verbessern sich zusätzlich die Genauigkeit der Position wie auch die Orientierungsinformation von in Bilddaten erkannten Objekten. Wie gut mittlerweile autonome Fahrzeuge sehen und hören können, hat erst vor Kurzem Christiane Köllner im gleichnamigen Beitrag recherchiert.

Mittels Sensorfusion können dort alle relevanten Daten intelligent und zeitgleich verknüpft werden. "Dies ermöglicht erst das automatisierte Fahren, da hierdurch eine robuste Objekterkennung möglich ist", so Köllner. Auch kann "eine detaillierte Darstellung der Umgebung und der darin agierenden Objekte erreicht werden", wie es die Buchautoren Kernhof, Leuckfeld und Tavano im Kapitel Lidar-Sensorsystem für automatisiertes und autonomes Fahren beschreiben.

Furcht vor dem Datenschutzverstoß

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Automobilbranche noch kein marktreifes Konzept in den Schubladen hat, um die gesammelten Daten für andere Anwendungen bereit zu stellen. Man fürchtet die fehlende Rechtssicherheit, dass die Bild- und Lidar-Daten ausreichend anonymisiert sind und zu Schadenersatzansprüchen führen könnten. Das gilt selbst für weniger kritische Beispiele: So kann etwa auch der Drehmomentverlauf eines jeden Reifens hilfreiche Informationen zum Straßenzustand liefern – so wie es Nira Dynamics bereits als Geschäftsmodell anbietet.

In Kombination mit den Angaben der Navigation, kann man sozusagen in Echtzeit eine qualifizierte Aussage zur Griffigkeit geben. Die Verantwortlichen sollten an dieser Stelle auf den European AI-Act Bezug nehmen. Eine Gesetzgebung, die verschiedene Risikostufen definiert. Damit könnte ein TÜV die Datensicherheit und korrekte Verarbeitung plausibel attestieren. Ein bedeutendes Vorgehen. Immerhin hängt der Erfolg von der Verfügbarkeit einer hinreichend großen wie auch qualifizierten Datenbank ab. Je nach Datentyp und -qualität ist mittlerweile eine Verortung mit einer Genauigkeit von bis zu 5 cm möglich.

Bilder von jedem Kilometer der motorisierten Welt

Diese Fortschritte sind im Übrigen Technologieunternehmen zu verdanken, wie Riegl Laserscanner, Leica Geosystems oder Trimble, die eine hochpräzise Erfassung ermöglichen. Aber auch Anbietern von Geodaten wie TomTom, welche jedes Jahr Millionen von Kilometer erfassen. Solche Unternehmen unterstützen dabei, weltweit Millionen von Kilometern aktueller Bilder und Lidar-Punktwolkendaten zu sammeln, aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen.

Aus diesem Datenschatz erstellt und pflegt die Detekt-Plattform mittels Verfahren der künstlichen Intelligenz automatisiert digitale Inventare. Jedes Objekt beziehungsweise jede Oberfläche im öffentlichen Raum wird erkannt. Damit ist auch eine effiziente Verwaltung von Infrastrukturobjekten möglich. Die benutzten Modelle werden dabei durch konstantes Annotieren und Re-Training laufend verbessert. Die Ergebnisse helfen dabei nicht nur beim Validieren automatisierter Fahrfunktionen auf öffentlichen Straßen (Real-Test). 

Lukrativ auch im Heavy-Duty-Einsatz

Auch lässt sich das trainierte Modell zur Erkennung von Straßenoberflächen einsetzen. Immerhin gehört die Kontrolle von Straßen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht und der öffentlich-rechtlichen Daseinsvorsorge zu den Pflichten jeder Kommune. Ein weiteres Anwendungsfeld haben vor Kurzem noch die Autoren Astor, Hirch und Pfeier im ATZheavy duty-Artikel Steigende Funktionalität in Land- und Baumaschinen ausgemacht.

Dort berichten sie, dass mit dem zuverlässigen Erkennen des Umfelds auf unebenem und unstrukturiertem Gelände Land- und Baumaschinen eigenständiger arbeiten können. ITK Engineering zum Beispiel hat "hierfür das 3-D-Terrain-Mapping entwickelt, mit dem nicht nur die zuverlässige Erkennung und Analyse von Objekten, sondern auch deren Klassifizierung sowie eine automatisierte Reaktion auf Hindernisse oder Untergründe ermöglicht wird".

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