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13.09.2023 | Quantum Computing | Schwerpunkt | Online-Artikel

Ein Quantum Geschwindigkeit

verfasst von: Andreas Burkert

4:30 Min. Lesedauer

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Das Rechnen mit Qubits ist enorm schnell. Auch die Automobilbranche setzt seit wenigen Jahren auf Quantencomputer für das Optimieren von Routen, Materialien und autonomen Fahrfunktionen.

Für knapp eine Millionen Euro lassen sich nahezu alle Probleme der modernen Mobilität im Handumdrehen lösen – vorausgesetzt, man beherrscht die Art und Weise, wie man den Quantencomputer IQM Spark programmiert und mit qualifizierten Daten initiiert. Der IQM Spark wurde vom deutsch-finnischen Startup IQM entwickelt und wird seit kurzem, Angaben des Unternehmens zufolge, "schlüsselfertig" angeboten: und er soll der bislang günstigste Quantencomputer am Markt sein. Wer sich den supraleitenden 5-Qubit-Quantencomputer beschafft, der kann künftig auf temporäre und kostspielige Zugriffe auf Rechenzentren über das Internet verzichten.

Die Vermarktungsstrategie des Unternehmens richtet sich daher vornehmlich an Universitäten und Forschungslabore, die sich mit rechenintensiven Problemen befassen. Dass dabei auch die Automobilbranche reges Interesse an Quantencomputern zeigt, verwundert nicht. Innerhalb weniger Minuten lassen sich manche Berechnungen durchführen, für die die derzeit schnellsten Supercomputer rund 10.000 Jahre benötigen. Der von Google gebaute Quantencomputer Sycamore sorgte mit dieser Leistung bereits 2019 für Aufsehen.

Automobilunternehmen suchen Start-ups als Partner

Wohl wissend der Wettbewerbsvorteile beispielsweise bei der Routenplanung oder aber der Handhabung KI-basierter Verfahren für das autonome Fahren, favorisieren bereits viele Automobilhersteller Partnerschaften mit Quantencomputing-Unternehmen wie auch mit Start-ups. Unter ihnen sind neben der BMW-Gruppe und Mercedes-Benz auch Toyota, Ford Motors und Volkswagen. Die Wolfsburger haben im Übrigen vor vier Jahren das weltweit erste Pilotprojekt zur Verkehrsoptimierung mit einem Quantencomputer gestartet. 

Der Konzern rüstete dazu in Partnerschaft mit der kommunalen Verkehrsgesellschaft Carris MAN-Busse mit einem selbst entwickelten System zur Verkehrsoptimierung aus. Dieses System nutzt einen Quantencomputer von D-Wave und berechnet nahezu in Echtzeit die individuell schnellste Route für jeden der teilnehmenden neun Busse. Das Bestreben, die eigenen Fahrzeuge schneller ans Ziel navigieren zu können als die Konkurrenz, ist ein bedeutender Wettbewerbsvorteil einer vernetzten Welt, in der die beste Mobilitätsdienstleistung den größten Ertrag verspricht.

Reichweitenoptimierung am Quantencomputer

Dass auch die Optimierung der Reichweite einer vollständig elektrifizierten Fahrzeugflotte einen kommerziellen Erfolg verspricht, haben viele Entwicklungsabteilungen bereits erkannt. Mit ausgeklügelten Quantenalgorithmen wollen sie die Batteriematerialien optimieren. Während die Volkswagen AG und das kanadische Unternehmen Xanadu dazu ein auf mehrere Jahre angelegtes Forschungsprogramm gestartet haben, legen die BMW Group, Airbus und Quantinuum ihren Schwerpunkt auf die Simulation chemischer Reaktionen von Katalysatoren in Brennstoffzellen.

Und der Zulieferer Bosch nutzt die enorme Rechenleistung der Quantencomputer für Materialsimulationen, um innerhalb eines Jahrzehnts Edelmetalle und Seltene Erden in CO2-neutralen Antrieben zu ersetzen. Laut Bosch-Chef Stefan Hartung sollen diese Erkenntnisse dem Elektromotor wie auch der Brennstoffzelle zugutekommen. Um über die dafür erforderliche Rechenkapazität zu verfügen, hat sich Bosch mittels einer Kooperation mit IBM den Zugang zu den 20 leistungsstärksten Quantencomputern des IT-Unternehmens gesichert.

Fehleranfällig und ungenau

Die Ergebnisse dieser Superrechner sollte man allerdings sorgfältig prüfen. Denn Quantencomputer sind zum einen "technisch herausfordernd in der individuellen Ansteuerung von vielen Quantenbits", zum anderen sorgen "die unbeabsichtigten Interaktionen mit der Umgebung und die daraus resultierenden Störungen" zu fehlerhaften Berechnungen. So schreiben es die Springerautoren Sheir Yarkoni, Gabriele Compostella in dem Kapitel Quantum Computing im Automobilsektor: die Erfahrungen im Volkswagen Konzern.

Das Dilemma bringt Jan Goetz, Vorstandsvorsitzender der IQM Quantum Computers aus München, in einem Interview mit der Bayerischen Staatszeitung auf den Punkt: "Die Ursache für die Fehler liegen darin, dass Qubits im strengen Sinn nicht digital sind – im Gegensatz zu Bits, die nur Null oder Eins sein können. Dadurch, dass sich ein Qubit in einem Überlagerungszustand befinden kann, kommt eine Ungenauigkeit hinzu". Trotz dieser Unwägbarkeiten zeigt sich die Quantencomputerbranche zuversichtlich, diese Fehlerquellen in den Griff zu bekommen.

Energieintensiv aber energieeffizient

Bis es zu dieser Marktreife kommt, zeigt sich die Automobilbranche noch zurückhaltend beim Erwerb von Quantencomputern. Dabei haben laut Goetz Quantencomputer das Potenzial, "sehr energieeffizient im Vergleich zu Hochleistungsrechnern zu sein". Seiner Ansicht nach lässt sich nämlich die Rechenzeit deutlich verkürzen. Googles Sycamore beispielsweise benötige für eine Berechnung nur 200 s, "für die der stärkste Rechner der Welt 10.000 Jahre gebraucht hätte". Hierbei hat die Google-Maschine etwa 10 kW Leistungsabnahme, während ein Rechenzentrum eher 10 MW verbraucht. 

Aus diesen Zahlen wird das Potential sehr gut deutlich, erzählt Goetz. Das spiegelt sich auch im Marktvolumen wider. Weltweit wächst dieser Laut der International Data Corporation (IDC) in einem unglaublich schnellen Tempo. Vor wenigen Wochen hat das Unternehmen seine zweite Prognose veröffentlicht. So geht IDC davon aus, "dass die Ausgaben der Kunden für Quantencomputer von 1,1 Milliarden Dollar im Jahr 2022 auf 7,6 Milliarden Dollar im Jahr 2027 steigen werden. Dies entspricht einer fünfjährigen durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 48,1 Prozent". Die Prognose umfasst sowohl das Basis-Quantencomputing als Dienstleistung als auch das Quantencomputing als Dienstleistung.

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