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14.07.2023 | Mobilitätskonzepte | Interview | Online-Artikel

"Die Post-Quanten-Kryptographie ist ein vielversprechender Ansatz"

verfasst von: Alexander Heintzel

7 Min. Lesedauer

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Mehrere Megatrends stellen die Automobilindustrie vor komplexe Aufgaben. Sören Müller von Segula Technologies spricht über einige der Herausforderungen und Chancen bei der Entwicklung der Mobilität von morgen. 

ATZextra: Wie tief durchdringt man das Thema Security als Entwicklungspartner zwischen OEM und den zahlreichen anderen Zulieferern für einzelne Komponenten oder auch Systeme? 

Müller: Als Entwicklungspartner zwischen OEMs und Zulieferern ist es durchaus wichtig, ein tiefes Verständnis für das Thema Sicherheit zu haben. Alle Player müssen Hand in Hand zusammenarbeiten. Bei Segula Technologies wird die Sicherheit von Anfang an als wichtiger Faktor in den Entwicklungsprozess einbezogen, um Risiken zu minimieren und eine robuste Architektur zu gewährleisten. In der Praxis kann die Sicherheit eine große Herausforderung darstellen, insbesondere wenn es viele verschiedene Zulieferer gibt, die verschiedene Komponenten und Systeme liefern. Wichtig sind eine robuste Sicherheitsstrategie sowie Verträge und Vereinbarungen, die klarstellen, dass alle Zulieferer sich an die Sicherheitsstandards halten. Auch Wartungszugänge für Entwickler sollten sicherheitskritisch bewertet werden. Sind die Berechtigungen für Zugänge und Zugriffe auf autorisierte Personen beschränkt? Werden Änderungen sorgfältig dokumentiert? 

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Helfen die gängigen Normen wie WP29 oder auch ISO 21434 tatsächlich Cyber-resiliente Systeme zu erschaffen? Security bewegt sich doch jenseits aller Normen und ist stetig im Fluss zwischen Angriff und Verteidigung … 

Die gängigen Normen sind eine solide Grundlage für die Planung und Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen zur Verbesserung der Cybersicherheit auf den Straßen. Sie geben Richtlinien und Best Practices vor, die bei der Entwicklung von Systemen berücksichtigt werden sollten. Allerdings bewegt sich Security in der Tat jenseits aller Normen und ist stetig im Fluss zwischen Angriff und Verteidigung. Cyberkriminelle arbeiten hart daran, neue Angriffstechniken und Schwachstellen zu finden und Sicherheitssysteme zu umgehen. Deshalb ist es wichtig, dass die Entwickler von Cyber-resilienten Systemen über Normen hinausdenken und innovative Ansätze entwickeln, um auf ständig wechselnde Bedrohungen zu reagieren. Entscheidend ist auch, dass Unternehmen eine Sicherheitskultur etablieren, welche die Mitarbeiter für die Bedeutung der Cybersicherheit sensibilisiert und sie dazu motiviert, sich aktiv an der Entwicklung und Verbesserung von Sicherheitsmaßnahmen zu beteiligen. Eine solche Kultur fördert die ständige Überprüfung und Anpassung von Sicherheitsmaßnahmen und hilft, neuesten Bedrohungen standzuhalten. 

Mit Quantencomputern werden noch viel weitergehende Anforderungen auf diesen Aspekt der Absicherung zu kommen. Was tun Sie hier, woran entwickeln Sie und was wird die Zukunft bringen?

Quantencomputer sind relativ neu und komplex, daher werden diese Technologien derzeit nur von wenigen und darauf spezialisierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen genutzt. Quantencomputer haben das Potenzial, die heutigen kryptografischen Standards zu durchbrechen, da sie in der Lage sind, bestimmte Berechnungen schneller durchzuführen als herkömmliche Computer. Damit nimmt ihre Sicherheit einen wichtigen Bereich der Forschung und Entwicklung ein. Ich bewerte die sogenannte Post-Quanten-Kryptographie als vielversprechenden Ansatz der Forschung. Sie basiert auf mathematischen Problemen, die auch von Quantencomputern nicht schnell gelöst werden können.
Forschungseinrichtungen arbeiten daran, Quantencomputer sicherer zu machen. Sie entwickeln neue Materialien, Technologien und Algorithmen, um deren Leistung zu erhöhen, Quantenbits besser zu kontrollieren und gleichzeitig die Fehlerkorrektur und die Absicherung gegen Angriffe zu verbessern. Die Zukunft wird zeigen, ob die Fortschritte ausreichen, die Sicherheit von Quantencomputern zu gewährleisten. 

Das Thema Security ist ja insbesondere für das Software-defined Vehicle sehr wichtig. Wie sehen Ihre Aktivitäten hier aus und was planen Sie aus Ihrer Partnerschaft mit C2A-Security heraus? Wie groß ist dieses Geschäftsfeld bei Ihnen heute und wo wollen Sie damit hin?

Durch die Allianz mit C2A-Security bieten wir in erster Linie Cybersicherheitslösungen an, die an die Herausforderungen einer sich im Wandel befindlichen Automobilindustrie angepasst sind. So ermöglichen wir es unseren Kunden, die Cyber-Resistenz ihrer Fahrzeuge zu erhöhen, zu testen und neue Sicherheitsvorschriften und -normen zu erfüllen. Wir werden in allen Nationen, in denen Segula Technologies tätig ist, das heißt in 30 Ländern, ein strategisches Geschäftsfeld errichten, das eine Palette an Cybersicherheitsdienstleistungen umfasst.

Beschäftigen Sie sich mit der Integration von Positionsdaten in die Antriebssteuerung, um die Effizienz des Antriebs zu optimieren – etwa topografische Daten bei Steigungen/Gefällen in Verbindung mit Rekuperation?

In der Tat entwickeln und testen wir Software, die sogenannte High Definition Maps verarbeitet. Diese Karten enthalten hochpräzise und aktuelle Informationen zur Straße und Umgebung. Die Informationen werden primär zum automatisierten Fahren aber auch zur Antriebssteuerung und Reichweitensteigerung eingesetzt.  

Wie schätzen Sie das Potenzial von fremderregten Synchronmaschinen im Vergleich zu Permanentmagnet-Synchronmaschinen ein? Wiegen die Vorteile hinsichtlich der verwendeten Materialien die geringfügig niedrigere Effizienz auf?

Fremderregte Synchronmaschinen und Permanentmagnet-Synchronmaschinen haben beide ihre eigenen Vor- und Nachteile. Im Allgemeinen haben Permanentmagnet-Synchronmaschinen eine höhere Leistungsdichte und einen höheren Wirkungsgrad und eignen sich daher gut für Elektrofahrzeuge oder Windturbinen. Für industrielle Anwendungen und Pumpen sind fremderregte Synchronmaschinen interessanter, da sie eine größere Flexibilität bei der Steuerung der Leistung und Drehzahl bieten. Im Automotiveumfeld leben die fremderregten Synchronmaschinen gerade verstärkt auf, um die seltenen Erden, die man für permanenterregte Synchronmaschinen benötigt, zu ersetzen und das Recycling zu vereinfachen.

Ist die Kombination verschiedener Maschinentypen – etwa einer ASM an der Vorderachse und einer PSM an der Hinterachse – zur Steigerung der Effizienz von BEV sinnvoll? Wiegen die Vorteile die höhere Komplexität und das höhere Gewicht auf?

Grundsätzlich ist die Kombination verschiedener Elektromotoren in einem Fahrzeug möglich. So können die Vorteile unterschiedlicher Motorentypen genutzt werden. Einen höheren Wirkungsgrad bei niedrigen Geschwindigkeiten und Teillasten sowie eine höhere Leistungsdichte haben Permanentmagnet-Synchromotoren. Sie sorgen damit für einen effizienten Betrieb. Für Allradantrieb und Boostfunktionen nutzt man gerne Asynchronmotoren, die höhere Lasten und höhere Geschwindigkeiten effizienter bewältigen. Für Leistung und Effizienz eines BEVs ist dies im Konzept erstmal positiv und je nach Auslegungswunsch des Kunden auf der Vorder- oder Hinterachse umsetzbar. Da wir bereits diverse Antriebskonzepte realisiert haben, wissen wir worauf es ankommt, wenn wir die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Motor- und Antriebskonfigurationen abwägen, um die jeweils optimale Lösung für den Kunden zu finden. 

Ist generell bei BEV ein Allradantrieb mit zwei oder vier schwächeren Einzelmaschinen im Vergleich zu einer leistungsstärkeren E-Maschine zielführend?

Es kommt darauf an, was der Kunde will. Ein Auto, das eher auf unebenem Gelände unterwegs ist oder ein Auto, das auf besonders hohe Leistung und Beschleunigung ausgelegt ist. In solchen Fällen können Einzelmaschinen von Vorteil sein, die beispielsweise auch die Fahrdynamik durch Torque-Vectoring-Möglichkeit unterstützen können. Hingegen mögen leichtere und kostenoptimierte Anwendungen eine einzelne, leistungsstarke E-Maschine, die ebenso die Gesamteffizienz zu verbessern hilft. Wir schauen uns genau an, welche Maschinen am besten zu welchem Konzept passen, was priorisiert der Kunde, wo will er seine Nische finden? Der Kunde sucht nach Entwicklungsdienstleistern, die ihm individuelle Lösungen liefern können und selten Antworten nach Schema F. 

Welche Auswirkung hat die Digitalisierung auf enorm komplexe Antriebsauslegungen wie Brennstoffzellenhybride Antriebssysteme? Lässt sich die Komplexität des Gesamtsystems über Simulationen und digitalen Zwilling bereits umsetzen oder fehlen hier schlicht Praxisdaten? 

Die Digitalisierung hat auch hier eine erhebliche Auswirkung. Wir können virtuelle Prototypen erstellen, komplexe Systeme simulieren und das Verhalten des Antriebs analysieren und optimieren. Das spart Kosten und Zeit bei der Entwicklung. Die Digitalisierung hilft auch bei der Überwachung und Diagnose durch den Einsatz von digitalen Sensoren. Durch KI-Technologien lassen sich Einstellungen der Brennstoffzelle oder des Batteriesystems optimieren. Im Bereich Brennstoffzellen ist man schon weit gekommen, aber die Datenbasis ist noch nicht ausreichend, um die vollen Auswirkungen und das Verhalten in einem System oder Fahrzeug abzubilden. Hier muss man neben der Diagnostik die realen Systeme und Komponenten im Detail testen. Selbstverständlich ist auch hier das Ziel, digitale Abbildungen auszubauen und auch in Bezug auf Betriebsstrategien, weiter voranzubringen.

Herr Müller, herzlichen Dank für das Gespräch.

Lesen Sie Teil 1 des Interviews mit Sören Müller im ATZextra Automotive Engineering Partners 2023.

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