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16.10.2023 | Batterie | Im Fokus | Online-Artikel

Batterierecycling kommt ab 2030 in Fahrt

verfasst von: Thomas Siebel

4 Min. Lesedauer

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Strategy& und die RWTH Aachen erwarten ein großes Materialangebot und sinkende Kosten – im Recycling und für Batterien. Allerdings droht die Menge an Altbatterien die Recyclingkapazitäten deutlich zu übersteigen.

Etliche Unternehmen investieren derzeit in das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. Doch die Fabriken von Mercedes-Benz, Volkswagen, BASF oder Northvolt haben eines gemeinsam: Sie sind nicht ausgelastet. In erster Linie speisen sie sich mit den Produktionsabfällen der Gigafabriken. Nur 30 % des verarbeiteten Materials stammt derzeit aus ausgedienten Batterien. Doch ab dem Jahr 2030 dürfte sich das Blatt wenden; dann nämlich, wenn die Batterien der ersten Elektrifizierungswelle an ihr Lebensende kommen.

Zu diesem Ergebnis kommen das Beratungsunternehmen Strategie& und der Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen in einer gemeinsamen Studie, in der sie die Entwicklung des Batterierecyclingmarkts in der EU analysiert. Ihr Fazit klingt ermutigend: Das Batterierecycling entwickelt sich zu einem tragfähigen und nachhaltigen Geschäft.

Rücklauf von Altbatterien und Skalierung treiben das Geschäft

Der globale Bedarf an Hochvolt-Lithium-Ionen-Batterien im Automobilsektor wächst bis zum Ende des Jahrzehnts auf schätzungsweise 3,4 TWh, im Jahr 2040 könnte er bei 6,5 TWh liegen. Die geschätzte Nachfrage aus Europa liegt bei 0,9 TWh im Jahr 2030 und bei 1,3 TWh im Jahr 2040. Demgegenüber steht ein europäischer Recyclingmarkt, der seine Kapazitäten innerhalb von einem Jahrzehnt bis 2040 möglicherweise von 0,1 auf 1 TWh in etwa verzehnfachen wird. Die recycelten Mengen könnten dabei bis zu zwei Drittel des Rohstoffbedarfs für die Herstellung der aktiven Batteriematerials decken und die Kosten für neue Batterie drücken. Für neues Kathodenaktivmaterial liegen potenzielle Einsparungen laut der Studie im Bereich von 2 bis 4 Euro je kWh.

Die Wertschöpfung im Batterierecycling wächst dabei mit der Verfügbarkeit von Altbatterien und der Skalierung der Recyclingkapazitäten. Letzteres dürfte sich je nach Stufe im Recyclingprozess unterschiedlich vollziehen. Die Wertschöpfung im Recycling von Batterien gliedert sich in die drei Abschnitte Aufbereitung, Vorbehandlung und Hauptbehandlung.

Dezentrale Spokes und kapitalintensive Hubs prägen den Markt

In der Aufbereitung werden die EoL-Batterien zunächst entladen, demontiert und einer Wärmebehandlung unterzogen. Die Vorbehandlung umfasst das anschließende Shreddern und Separieren der unterschiedlichen Materialien. Übrig bleibt dabei neben dem nicht-aktiven Material aus dem Gehäuse oder den elektrischen Leitungen die sogenannte Schwarze Masse (Batteries Active Materials Mixture, BAMM). Sie macht etwa 40 % des gewonnen Materials aus und besteht wiederum zur Hälfte aus den wertvollen Rohstoffen Lithium, Mangan, Cobalt und Nickel. Bis hierhin dürfte die Prozesskette nach Darstellung der Studie vorwiegend in dezentral übers Land verteilten Recyclinganlagen, sogenannte Spokes, ablaufen. Die erforderliche Technik ist vergleichsweise wenig kapitalintensiv.

Außerordentlich kapitalintensiv ist hingegen die Hauptbehandlung der Schwarzen Masse. Hier werden zentral angesiedelte "Hubs" die vorbehandelten Abfallmengen übernehmen und daraus Rohstoffe für den Neubau von Batterien extrahieren. Aus Effizienzgründen dürften Recycler dabei immer stärker auf die chemiebasierte Hydrometallurgie anstelle von pyrometallurgischen Verfahren setzen, die Materialen bei hohen Temperaturen auftrennen. Ideale Skaleneffekte für das Batterierecycling ergeben sich laut den Studienautoren, wenn jeweils etwa zehn Spokes ein Hub bedienen. Für das Jahr 2030 rechnen die Autoren mit EU-weit 6 Hubs. Die Recyclingkosten könnten in dieser Aufteilung um etwa die Hälfte sinken.

Bis zu 60 % des Aktivmaterials aus dem Recycling

Der Output an Recyclingrohstoffen wird die gesetzlich geforderten Mengen in der Batterieproduktion dabei voraussichtlich weit übertreffen. Nach der im August 2023 aktualisierten EU-Batterieveriordnung müssen 80 % des Lithiums jeder Batterie und je 95 % des enthalten Kobalts, Nickels und Kupfers über das Recycling wiedergewonnen werden. Neu produzierte Batterien müssen Mindestrecyclinganteile von 12 % Lithium, 15 % Nickel und 26 % Kobalt enthalten. Einzig bei Recyclingkobalt könnte es Anfang der 2030er-Jahre laut der Studie einen zeitlich begrenzten Engpass geben.

Würden sämtliche EoL-Batterien und Produktionsabfälle recycelt, könnten Batteriehersteller in der EU im Jahr 2040 bis zu 60 % ihres Aktivmaterials aus dem Recycling beziehen. Ein Closed-Loop-Recycling wird bis dahin laut der Studie allerdings noch nicht erreichbar sein.

"Ideales Marktumfeld für die Batterieindustrie"

Die Aussichten für den Batterierecyclingmarkt sind vielversprechend, doch um davon profitieren zu können, braucht es Investitionen. Schon Mitte des nächsten Jahrzehnts werden die verfügbaren Altbatterien und Produktionsabfälle die Recyclingkapazitäten um mehr als das Doppelte übersteigen. Nur durch den Ausbau der Recyclingkapazitäten lassen sich die Abfallmengen vollständig recyceln. Erforderlich sind laut der Studie bis 2030 Investitionen in Höhe von 2 Milliarden Euro, bis 2035 dann zusätzliche 7 Milliarden Euro. Dabei gilt es insbesondere, die Kapazitätslücke bei den Spokes in der Vorbearbeitung zu schließen.

Angesichts des erwarteten hohen Materialangebots und der sinkenden Recyclingkosten schließen die Autoren ihre Studie mit einem optimistischen Ausblick: "Das wird ein ideales Marktumfeld für die Batterieindustrie schaffen."

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