2006 | OriginalPaper | Buchkapitel
Einleitung. Selbstreflexion und Bekenntniskultur
verfasst von : Günter Burkart
Erschienen in: Die Ausweitung der Bekenntniskultur — neue Formen der Selbstthematisierung?
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Im Januar 2006 wurde in der ARD ein ausführliches Interview mit der Archäologin Susanne Osthoff gesendet, die vorher im Irak entführt worden war. Nach ihrer Freilassung, deren Umstände von den Behörden geheim gehalten wurden, war in den Medien viel spekuliert worden und sie zum Teil heftig kritisiert. Reinhold Beckmann, der Interviewer, versuchte die Geschichte zu durchleuchten. Dabei legte er großen Eifer an den Tag, Frau Osthoff persönliche Bekenntnisse abzuringen: zu ihrem Glauben, ihren familiären und persönlichen Beziehungen, ihren Gefühlen gegenüber den Entführern, ihrer kulturellen Identität, ihrer Dankbarkeit für Deutschland. „Sind Sie dankbar, Frau Osthoff?“, fragte Beckmann immer wieder, während er ihr Feuer gab — eine (angesichts der heute fast skandalösen Praxis, im Fernsehen zu rauchen) seltsam antiquierte Höflichkeitsgeste, die in scharfem Kontrast zur unhöflichen Insistenz des bohrenden Fragens stand. Aber trotz dieser intensiven Befragung gelang es dem Moderator nur selten, Bekenntnisse zutage zu fördern.