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2012 | Buch

Internationale Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivitäten

Eine kritische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung

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Über dieses Buch

​Diverse praktische Beobachtungen aus dem Blickwinkel der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), die als nationaler privatrechtlicher Enforcer innerhalb einer zweistufigen Private Public Partnership zusammen mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für das Enforcement in Deutschland verantwortlich ist, münden in der Erkenntnis, dass die internationale Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivitäten im jetzigen Zustand aktive Regulierungsarbitrage zulässt, regulatorische Kooperation zwischen nationalen Enforcern erschwert und die Entwicklung lokaler IFRS nicht verhindert. Vor diesem Hintergrund entwickelt Roland Bockmann idealtypische Konzeptionsmodelle, die ebendiese Unzulänglichkeiten adressieren und im besten Fall beseitigen können.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Frontmatter
I. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Zusammenfassung
Kapitalmarktteilnehmer erwarten von Unternehmen, die am Kapitalmarkt agieren, eine gesetzeskonforme Rechnungslegung, um rationale Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidungen treffen zu können. Enforcement hat die Aufgabe, zusätzlich zu der obligatorischen Abschlussprüfung und der Prüfung durch den Aufsichtsrat, für die Überwachung und die damit verbundene Durchsetzung von Rechnungslegungsvorschriften zu sorgen. Die §§ 342b bis 342e HGB bzw. §§ 37n bis 37u WpHG sehen dabei für Deutschland ein gemischt privatrechtlich-staatliches zweistufiges Enforcement-Modell vor. Für die erste Stufe kann das Bundesministerium der Justiz (BMJ) gemäß § 342b Abs. 1 Satz 1 HGB im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine privatrechtlich organisierte weisungsunabhängige Einrichtung zur Prüfung von Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften anerkennen. Am 30. März 2005 wurde als eine solche privatrechtliche weisungsunabhängige Einrichtung die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) anerkannt, die am 1. Juli 2005 ihre Arbeit aufgenommen hat. Erst auf der zweiten Stufe des Enforcement kommt mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine staatliche Einrichtung mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen zum Einsatz.
Roland Bockmann
II. Gang der Untersuchung
Zusammenfassung
Bevor die Entwicklung und die auf ausgewählten Kriterien basierende Evaluierung von (idealtypischen) internationalen Koordinierungsmodellen im Bereich des Enforcement als Zielsetzung dieser Arbeit behandelt werden kann, sind zunächst vorgelagerte Teil-Zielsetzungen zu erfüllen. Es ergibt sich dabei insgesamt eine Untergliederung der Arbeit in drei Hauptteile:
Roland Bockmann

Erster Hauptteil: Rahmenbedingungen des aktuellen Enforcement der Rechnungslegung und theoretische Fundierung eines wirksamen Enforcement

Frontmatter
I. Aktuelle Konsolidierungstendenzen der internationalen Kapitalmärkte
Zusammenfassung
In diesem Hauptteil wird zunächst das dynamische Regulierungsumfeld für das Enforcement der Rechnungslegung mit den aktuellen Konsolidierungstendenzen auf den internationalen Kapitalmärkten sowie den globalen Harmonisierungstendenzen im Bereich der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung beschrieben, die die Grundlage und die allgemeinen Voraussetzungen für die Schaffung eines optimalen einheitlichen gemeinschaftsweiten Finanzmarkts bilden. Vorrangig ist zunächst ein Blick auf die internationale Finanzmarktentwicklung und die aktuellen Konsolidierungstendenzen der internationalen Kapitalmärkte zu werfen.
Roland Bockmann
II. Aktuelle Harmonisierungstendenzen in der Rechnungslegung
Zusammenfassung
Nachdem im Zusammenhang mit den aktuellen Konsolidierungstendenzen der internationalen Kapitalmärkte bereits allgemein auf die verpflichtende Anwendung der IFRS in der EU eingegangen wurde, folgt in diesem Kapitel eine vertiefende Betrachtung der internationalen – im Speziellen vor allem der EU-weiten – Harmonisierungstendenzen der Rechnungslegung. Gegenstand der Untersuchung sind daher die Umsetzung der IFRS und die Rechnungslegungsstrategie in der EU.
Roland Bockmann
III. Theoretische Fundierung eines wirksamen Enforcement
Zusammenfassung
Nachdem im ersten und zweiten Kapitel dieses Hauptteils die Entwicklung der Harmonisierung der Kapitalmärkte und die Konvergenz innerhalb der internationalen Rechnungslegung aufgezeigt wurden, soll in diesem Kapitel die Notwendigkeit eines unabhängigen Enforcement für kapitalmarktorientierte Unternehmen abgeleitet werden. Dies geschieht aus der Erkenntnis heraus, dass Abschlussprüfer und Aufsichtsrat im Kontext ihrer Kontrollen der Rechnungslegung von kapitalmarktorientierten Unternehmen einem Prinzipal-Agenten-Konflikt unterliegen. In diesem Abschnitt werden daher zunächst die grundlegenden Definitionen zur Prinzipal-Agenten-Theorie dargestellt.
Roland Bockmann
IV. Zwischenfazit
Zusammenfassung
Das Thema des Ersten Hauptteils war die Betrachtung des dynamischen Regulierungsumfelds für das Enforcement der Rechnungslegung und die theoretische Fundierung für ein wirksames Enforcement. Dazu wurden zunächst die aktuellen Konsolidierungstendenzen auf den internationalen Kapitalmärkten im ersten Kapitel sowie die globalen Harmonisierungstendenzen im Bereich der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung im zweiten Kapitel dargestellt, die die Rahmenbedingungen für ein im dritten Kapitel theoretisch abgeleitetes wirksames Enforcement bilden, aus dem heraus der Enforcement-Prozess sowie dessen internationale Koordinierung gestaltet werden kann.
Roland Bockmann

Zweiter Hauptteil: Ausgestaltung ausgewählter nationaler Enforcement-Institutionen

Frontmatter
I. Vorbemerkung
Zusammenfassung
Nachdem im Ersten Hauptteil die Notwendigkeit für ein unabhängiges Enforcement der Rechnungslegung sowie die dazugehörigen zentralen Anforderungen an ein wirksames Enforcement herausgearbeitet wurden, werden im nun folgenden Zweiten Hauptteil drei ausgewählte nationale Enforcement-Institutionen – so wie sie derzeit realiter auftreten – anhand von umfassenden Ausgestaltungsparametern im Bereich der Aufbau- und Ablauforganisation vorgestellt und verglichen.
Roland Bockmann
II. USA: Securities and Exchange Commission
Zusammenfassung
Bei der SEC handelt es sich um eine direkt dem Kongress unterstehende und rechenschaftspflichtige Bundesbehörde, deren Hauptsitz sich in Washington, D.C. befindet. Die SEC unterliegt dabei der Kontrolle des U.S. Government Accountability Office (GAO), das seit dem Jahr 1921 im Auftrag des Kongresses für die Überwachung der Aufgaben und Tätigkeiten von Bundesorganen zuständig ist.
Roland Bockmann
III. Großbritannien: Financial Reporting Review Panel
Zusammenfassung
Erstmalig wurde das im Jahr 1990 gegründete FRRP im Jahr 1991 mit der Aufgabe des Enforcement der Rechnungslegung vom damaligen Department of Trade and Industry (DTI) unter Bezugnahme auf den Companies Act 1985 betraut. Das FRRP agiert in Form eines nicht eingetragenen privatrechtlichen Vereins (Unincorporated Association) als unabhängige Instanz unter dem Dach des Financial Reporting Council (FRC), dem unabhängigen britischen Regulierungsorgan, das für die Entwicklung sowie Überwachung und Durchsetzung der Standards sowohl im Bereich der Wirtschaftsprüfung und als auch im Bereich der Rechnungslegung verantwortlich ist. Beim FRRP handelt es sich demnach um eine privatrechtliche Institution, die qua Gesetz als Enforcement-Institution sicherstellen soll, dass die Jahresabschlüsse der Unternehmen den Anforderungen der anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften entsprechen.
Roland Bockmann
IV. Deutschland: Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung
Zusammenfassung
In Deutschland ist das Enforcement-Verfahren zweistufig organisiert, so dass zwei Institutionen für das Enforcement der Rechnungslegung im Rahmen der gesetzlichen Regelungen verantwortlich sind: zum einen der auf privatem Recht fußende, am 14. Mai 2004 gegründete Verein Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e.V. und zum anderen die staatliche BaFin. Als Verein privaten Rechts sieht der DPR e.V. satzungsgemäß neben den obligatorischen Vereinsorganen, Mitgliederversammlung und Vorstand, zwei weitere besondere Organe, namentlich die Prüfstelle und den Nominierungsausschuss, vor. Darüber hinaus wurde zur Unterstützung der Prüfstelle eine Geschäftsstelle eingerichtet. Die vom Vorstand bestellte Geschäftsführung unterstützt den Vorstand bei der Wahrnehmung seiner Interessen. Nachfolgende Abbildung 6 (s. S. 146) zeigt die Organisationsstruktur des DPR e.V.
Roland Bockmann
V. Zwischenfazit
Zusammenfassung
Die vorstehenden Ausführungen des Zweiten Hauptteils verdeutlichten die heterogenen Ausgestaltungen der Enforcement-Institutionen der USA, Großbritanniens und Deutschlands in Bezug auf Paramater der Aufbau- und Ablauforganisation. Jede Enforcement-Institution weist nach einer kritischen Evaluation sowohl Vor- als auch Nachteile in Bezug auf die Anforderungen an ein wirksames Enforcement auf, die es im Folgenden nachzuzeichnen gilt.
Roland Bockmann

Dritter Hauptteil: Konzeptionsmodelle zur internationalen Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivititäten

Frontmatter
I. Vorbemerkung
Zusammenfassung
In Bezug auf die internationale Zusammenarbeit von Enforcement-Institutionen kann konstatiert werden, dass einzelne nationale Enforcer ohne kooperative Abstimmungsmechanismen mit anderen nationalen Enforcern ihrer Aufgabe hinsichtlich der international konsistenten Durchsetzung von (zukünftig) womöglich global geltenden Rechnungslegungsstandards nicht optimal nachkommen können. Die Ausführungen im Zweiten Hauptteil haben verdeutlicht, dass für eine solche internationale Zusammenarbeit und einen damit zusammenhängenden Informationsaustausch sowohl das FRRP als auch die DPR als privatrechtliche nationale Enforcement-Institutionen nur über die Einbindung durch die entsprechenden staatlichen Aufsichtsbehörden an einer etwaigen internationalen Kooperation teilhaben können.
Roland Bockmann
II. Ausgewählte Aktivitäten zur Harmonisierung des Enforcement von International Financial Reporting Standards
Zusammenfassung
Das CESR als Zusammenschluss der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörden wurde im Rahmen der Stufe 2 des vierstufigen Lamfalussy-Prozesses – einem Verfahren zur Beschleunigung der EU-Gesetzgebung zur fristgerechten Umsetzung des im Jahr 1999 erstmalig vorgestellten EU-Aktionsplans für Finanzdienstleistungen – im Jahr 2001 eingesetzt, um die EU-Kommission bei der Umsetzung von auf der Stufe 1 getroffenen Rahmenregelungen sowie von auf der Stufe 2 erlassenen Durchführungsmaßnahmen zu den Rahmenregelungen zu unterstützen. Auf Stufe 3 des Prozesses wurde das CESR mit der Kompetenz ausgestattet, Leitlinien für die auf nationaler Ebene zu verabschiedenden Verwaltungsvorschriften und Empfehlungen zu Auslegungsfragen zu erlassen sowie gemeinsame Standards zu setzen, um eine einheitliche Umsetzung von EU-Verordnungen sowie -Richtlinien in den einzelnen Mitgliedstaaten – qua Schaffung eines Level Playing Field – voranzutreiben und die Entwicklung eines integrierten europäischen Kapitalmarkts zu fördern.
Roland Bockmann
III. Wesentliche gegenwärtige Restriktionen einer Harmonisierung des Enforcement von International Financial Reporting Standards
Zusammenfassung
Bei der Beurteilung, inwieweit die in Abschnitt II dieses Hauptteils dargestellten Aktivitäten einen Beitrag zur Harmonisierung des Enforcement von IFRS leisten, fällt auf, dass alle multinationalen Bestrebungen – unabhängig davon, ob sie vom CESR oder von der IOSCO veranlasst sind – keinen rechtsverbindlichen Charakter haben. Zuvorderst steht es den CESR-Mitgliedern frei, die den CESR Standards on Financial Information innewohnenden Prinzipien anzuwenden. Die CESR Standards on Financial Information stellen letztendlich unverbindliches Soft Law dar, das bei Nicht- Beachtung zudem nicht sanktionsbewehrt ist. Die Prinzipien in den Standards sind teilweise bewusst sehr weit formuliert, so dass eine unterschiedliche nationale Auslegung und Ausprägung realiter unweigerlich vorkommt. Dies bestätigen insbesondere die Ergebnisse der Befragung hinsichtlich des Umsetzungsstands des CESR Standard No. 1 on Financial Information, die offenbaren, dass zum einen sehr viele unterschiedliche institutionelle Enforcement-Mechanismen in Europa anzutreffen sind und zum anderen nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Ländern die Prinzipien vollends im Sinne des CESR befolgen. Ob eine Veröffentlichung der jeweiligen nationalen Implementierungsstände den gewünschten Gruppenzwang zur Erfüllung der CESR Standards on Financial Information erzeugt, erscheint aufgrund der bisher bekannt gewordenen Ergebnisse zweifelhaft.
Roland Bockmann
IV. Ansatzpunkte für die internationale Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivitäten
Zusammenfassung
Die internationale Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivitäten im Hinblick auf methodische und prozessbezogene Fragestellungen hat mit der Zielsetzung der Schaffung eines Level Playing Field, also der Erreichung äquivalenter organisatorischer Grundeinstellungen und Rahmenbedingungen sowohl für nationale Enforcer als auch für geprüfte Unternehmen, und der Realisierung einer Mutual Recognition – mithin einer von den einzelnen nationalen Enforcern auf gegenseitiger Basis zu vollziehenden Anerkennung der Enforcement-Systeme, -Parameter, -Vorgehensweisen und -Maßstäbe – zu erfolgen. Nachfolgend werden wesentliche Ansatzpunkte aufgezeigt, in denen bzgl. der vorstehenden Zielsetzung mögliche Koordinierungsmöglichkeiten aufgrund der Heterogenität nationaler Enforcement-Systeme existieren.
Roland Bockmann
V. Ableitung von Beurteilungskriterien für die internationale Koordinierung von Enforcement-Aktivitäten
Zusammenfassung
Nachfolgend sollen Beurteilungskriterien für die internationale Koordinierung von Enforcement-Aktivitäten abgeleitet werden. Als Basis für die Ableitung werden die Erkenntnisse aus der kritischen Würdigung ausgewählter nationaler Enforcement-Institutionen und der Restriktionen aus den ausgewählten Harmonisierungsbestrebungen in Bezug auf das Enforcement von IFRS sowie die Ausführungen zu möglichen Ansatzpunkten für die internationale Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivitäten herangezogen.
Roland Bockmann
VI. Mögliche Ausgestaltungsformen der Koordinierung für das Enforcement von International Financial Reporting Standards
Zusammenfassung
Nachdem vorstehend aufgezeigt werden konnte, dass ein Modell, das ausschließlich aus nationalen Enforcern ohne gegenseitige Abstimmungs- und Koordinierungsmechanismen besteht, und die gegenwärtigen Harmonisierungsbestrebungen als nicht zweckgemäß im Sinne der vorrangigen Zielsetzung der Arbeit – namentlich der Etablierung eines Systems, das Regulierungsarbitrage verhindert und die regulatorische Kooperation in Bezug auf das Enforcement der Rechnungslegung erleichtert – abzulehnen sind, werden im Folgenden zwei mögliche Ausgestaltungsformen der Koordinierung für das Enforcement von IFRS vorgestellt.
Roland Bockmann
VII. Zusammenfassung der Modellbewertungen
Zusammenfassung
Die beiden vorgestellten idealtypischen Referenzmodelle für die internationale Koordinierung der Enforcement-Aktivitäten weisen bei entscheidungsrelevanten Parametern der Aufbau- und Ablauforganisation zum Teil gravierende Unterschiede in der Ausgestaltung auf, die sich ebenfalls in der nach bestimmten Kriterien – Effektivität, Effizienz, Legitimität und (mittelfristige) Umsetzbarkeit – durchgeführten Vorteilhaftigkeitsanalyse niederschlagen. Nachfolgende Erläuterungen geben einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse aus der differenzierten Bewertung des zentralistischen Modells mit einer supranationalen EU-Behörde (Modell 1) und des dezentralen Koordinierungsmodells mit einheitlichen verbindlichen Mindestvorgaben für die Zusammenarbeit nationaler Enforcement-Einrichtungen (Modell 2).
Roland Bockmann
VIII. Aktuelle Entwicklung bei der Koordinierung europäischer Enforcement-Aktivitäten und Abgleich mit Modell 2
Zusammenfassung
Infolge der globalen Finanzmarktkrise wurden auch auf europäischer Ebene Schwächen im Bereich der Kapitalmarktregulierung sichtbar. Zur Analyse etwaiger Ursachen und zur Entwicklung von umsetzungsfähigen Verbesserungsvorschlägen für die Aufsichts- und Regulierungspraxis in der EU beauftragte die EU-Kommission eine hochrangige Expertengruppe unter der Leitung von de Larosière. Die in dem sog. de Larosière-Bericht vom 25. Februar 2009 vorgestellten Ergebnisse unterstrichen vor allem die Notwendigkeit einer Verbesserung der europäischen Finanzmarktaufsicht auf Makro- und Mikroebene und mündeten letztlich in dem Vorschlag zur Errichtung eines Europäischen Rates für Systemrisiken sowie von Europäischen Aufsichtsbehörden für die Banken-, Wertpapier- und Versicherungsaufsicht. Die weitgehende Annahme der Empfehlungen der hochrangigen Expertengruppe durch die EU-Kommission führte schlussendlich zum Erlass entsprechender EU-Verordnungen durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat, die vorsahen, dass zum 1. Januar 2011 ein European System of Financial Supervision (ESFS)1817 installiert werden sollte, das einerseits aus dem für die Überwachung der Kapitalmärkte auf Makroebene zuständigen European Systemic Risk Board (ESRB) besteht, andererseits drei neu ausgerichtete für die Aufsicht auf Mikroebene verantwortliche Europäische Aufsichtsbehörden – erstens in Bezug auf die Aufsicht von Finanzinstituten (European Banking Authority – EBA), zweitens hinsichtlich der Aufsicht von Versicherungen und der betrieblichen Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA) sowie drittens bzgl. der Überwachung der Wertpapier- und Kapitalmärkte (European Securities and Markets Authority – ESMA) – umfasst und überdies die jeweiligen nationalen Aufsichtsinstanzen für Finanzinstitute, Versicherungen und betriebliche Altersversorgung sowie für die Wertpapier- und Kapitalmärkte beinhaltet.
Roland Bockmann

Schlussbetrachtung

Frontmatter
I. Zusammenfassung der Ergebnisse
Zusammenfassung
Kapitalmarktorientierte Unternehmen agieren im Zeitalter der fortlaufenden Globalisierung zunehmend grenzüberschreitend und beschaffen ihr Kapital an Börsen im In- und Ausland. Damit die jeweiligen Investoren an den entsprechenden Kapitalmärkten in Bezug auf solche international tätigen Unternehmen in gleichartiger Weise informiert werden und rationale Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen treffen können, bedarf es einer adäquaten Finanzberichterstattung in Form einer gesetzeskonformen Rechnungslegung. Dabei haben sich vor allem die International Financial Reporting Standards (IFRS) vor dem Hintergrund einer besseren internationalen Vergleichbarkeit der Finanzberichterstattung und damit einer erhöhten Transparenz für die Kapitalmarktteilnehmer an den wichtigen Börsenplätzen der Welt als Rechnungslegungsnormen etabliert. Angesichts dieser Entwicklungen – namentlich der Konsolidierungstendenzen auf den internationalen Kapitalmärkten und der globalen Harmonisierungstendenzen im Bereich der kapitalmarktorientierten Rechnungslegung hin zu den IFRS – gewinnt auch das Enforcement von Rechnungslegungsvorschriften und dessen internationale Koordinierung an Bedeutung. Basierend auf praktischen Beobachtungen aus Sicht der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), die in der Erkenntnis mündeten, dass die internationale Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivitäten im jetzigen Zustand aktive Regulierungsarbitrage zulässt, regulatorische Kooperation zwischen nationalen Enforcern erschwert und die Entwicklung lokaler IFRS nicht verhindert, war es die primäre Zielsetzung dieser Arbeit, ein idealtypisches internationales Koordinierungsmodell zu entwickeln, das ebendiese Unzulänglichkeiten adressiert und im besten Fall beseitigen kann.
Roland Bockmann
II. Ausblick
Zusammenfassung
Mit der Installierung der ESMA im Rahmen des neu geschaffenen ESFS wurde auf europäischer Ebene in praxi auf ein Koordinierungsmodell in Bezug auf das Enforcement der Rechnungslegung gesetzt, dass zuvorderst auf die nationale Selbständigkeit und Unabhängigkeit der lokalen Aufsichtsinstanzen vertraut und dementsprechend nur in eng definierten Ausnahmefällen einen Eingriff in nationale Überwachungsangelegenheiten vorsieht. Legt man allerdings die in dieser Arbeit zentralen Zielsetzungen eines Koordinierungsmodells – namentlich die Verhinderung von aktiver Regulierungsarbitrage, die Erleichterung von regulatorischer Kooperation und die konsistente Anwendung und Durchsetzung von IFRS – zugrunde, sind entscheidende initiale legislatorische Umsetzungsversäumnisse seitens der EU zu konstatieren. Zur Beseitigung dieser Defizite sollte insofern in zukünftigen legislatorischen Maßnahmen auf die Vorgaben des in dieser Arbeit als idealtypisch für die Koordinierung des Enforcement der Rechnungslegung vorgestellten Modells 2 zurückgegriffen werden. Insbesondere eine wie im Modell 2 propagierte Vorschrift zur konsequenten Auslegung des Herkunftslandprinzips nach dem Sitzland würde einen Großteil an derzeit möglicher aktiver Regulierungsarbitrage von vornherein unterbinden. Weiterhin wären dem Modell 2 nachempfundene konkretisierende Regelungen zur Zusammenarbeit zwischen nationalen Enforcern vor dem Hintergrund einer proaktiv gesteuerten einheitlichen Anwendung und Durchsetzung von IFRS begrüßenswert. Insofern stellt Modell 2 wichtige Ansatzpunkte bereit, die das derzeit implementierte Koordinierungskonzept weiter zielentsprechend verbessern könnten. Nichtsdestotrotz muss sich – auch nach Vornahme etwaiger aus Modell 2 angeregter Nachbesserungen – die theoretische Funktionsfähigkeit und Robustheit der ESMA im Kontext des ESFS erst noch durch die Vermeidung und Abwendung realer herausfordernder Krisensituationen beweisen.
Roland Bockmann
Backmatter
Metadaten
Titel
Internationale Koordinierung nationaler Enforcement-Aktivitäten
verfasst von
Roland Bockmann
Copyright-Jahr
2012
Verlag
Gabler Verlag
Electronic ISBN
978-3-8349-4228-9
Print ISBN
978-3-8349-4227-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-4228-9