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2012 | Buch

Journalismus und Werbung

Kommerzielle Grenzen der redaktionellen Autonomie

herausgegeben von: Stefan Gadringer, Sabrina Kweton, Josef Trappel, Teresa Vieth

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Das Verhältnis zwischen Redaktion und kaufmännischer Abteilung eines Mediums wird in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung häufig thematisiert. Gerade in Zeiten ökonomischer Krisen gewinnen die Widersprüchlichkeiten an Brisanz. Gelten in solchen Zeiten andere Regeln bezüglich der Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbeinhalten? Legitimiert das Ziel der Erhaltung von journalistischer Substanz die gelegentliche oder regelmäßige Grenzüberschreitung in Krisenzeiten? Dieses Forschungsvorhaben beschäftigt sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen den publizistischen Anforderungen an Redaktionen einerseits und den ökonomischen Zwängen andererseits. Theoretisch nähern wir uns der Thematik mit den Ansätzen der politischen Ökonomie und der Idee der Medienfreiheit.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Theorien von Redaktion und Werbung
Zusammenfassung
Die Medien befinden sich in einer „ökonomischen Zwangsjacke“! Werbung und ökonomische Zwänge wirken sich auf die „Organisation und die Strukturen des Journalismus“ aus. Der oftmals selbstverständliche Begriff „Kommerz“, aber auch „Ökonomisierung“ in den unterschiedlichsten Diskussionstexten lässt vermuten, dass zwischen diesen Phänomenen Gemeinsamkeiten bestehen. Im Fach herrscht Konsens darüber, dass der Grad der Ökonomisierung in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat (vgl. Jarren/Meier 2001).
Jürgen Plank, Josef Schopf
Kommerzialisierung in Medien
Ursachen – Manifestation – Folgen
Zusammenfassung
Medien erfüllen in modernen Gesellschaften wichtige Rollen, wie etwa das Bereitstellen von Informationen, die Kontrolle von Machtinstitutionen und die Unterstützung des gesellschaftlichen Diskurses. Gleichzeitig sind sie jedoch auch dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit unterworfen, da der Einsatz von Ressourcen zur Produktion von Medieninhalten und deren Verwertung kostenintensiv ist. In diesem Sinne handeln Medienunternehmen nach dem gleichen Muster wie Unternehmen anderer Branchen und versuchen anfallende Kosten durch entsprechende Einnahmen zu decken. Die kommerzielle Logik der globalen Marktwirtschaft ist demnach auch in den Medienunternehmen verankert und bietet sich aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise für eine kritische Reflexion an. Aus diesen Gründen stellt sich die Frage: Was ist Kommerzialisierung in den Medien und welche Auswirkungen beziehungsweise Effekte resultieren daraus?
Stefan Gadringer, Teresa Vieth
Eine leidige Pflicht?
Die Auswirkungen der Kommerzialisierung der Massenmedien auf die Erfüllung ihrer demokratischen und gesellschaftlichen Funktionen
Zusammenfassung
Damit eine Demokratie funktionieren kann, haben die Massenmedien einige wichtige Funktionen für die Gesellschaft zu erfüllen. Bedenken, dass die Kommerzialisierung der Massenmedien zu einem Problem für das Funktionieren von Demokratie werden könnte, sind in der Kommunikationswissenschaft nicht neu und werden wiederkehrend thematisiert. Denn es ist bisher nur bedingt geklärt, „inwieweit es sich bei den Medien um einen Bereich handelt, der gesellschaftlich zufriedenstellend über den Markt organisiert werden kann.“ (Siegert/Meier/Trappel 2010: 520) In Anbetracht der Tatsache, dass die Kommerzialisierung der Medien immer weiter fortschreitet und somit das Problem, falls denn eines vorhanden ist, immer größer wird, verwundert es nicht, dass das Thema bis jetzt an Aktualität nichts eingebüßt hat. Wie bereits in Kapitel Kommerzialisierung in Medien i. d. B. thematisiert wurde, bestehen aufgrund der Tatsache, dass in den Medienhäusern ökonomisches Denken vermehrt Oberhand erlangt, berechtigte Zweifel an einer Erfüllung der öffentlichen Aufgabe durch die Massenmedien.
Berker Özbicerler, Cagdas Öztürk
Brutto nicht gleich Netto
Eine Untersuchung des Werbeaufkommens zwischen 1995 und 2010
Zusammenfassung
Die Medien- und Werbemärkte unterliegen einem kontinuierlichen Wandel, wobei der Grad der Ökonomisierung der Medien ständig zunimmt. Deshalb kann vermutet werden, dass sich auch Veränderungen im Werbeaufkommen verzeichnen lassen, wobei externe Faktoren – wie z. B. die Wirtschaftskrisen 2001 und 2008 – ebenfalls eine Rolle spielen (siehe Kapitel Unter Druck i. d. B.). Wie wirkt sich dieser Wandel auf die Anteile der einzelnen Werbemedien am Gesamtwerbemarkt aus? Wie sehen die Entwicklungen des Hörfunks, Fernsehens und der Presse bezogen auf den Gesamtwerbemarkt aus? Verzeichnen diese ein Plus oder doch eher ein Minus? Der Fokus dieser Untersuchung liegt auf dem primären Werbemarkt. Dieser umfasst Presse, TV, Hörfunk und Online-Werbung. Ziel dieses Kapitels ist es mittels eines internationalen Vergleiches, Aufschluss darüber zu geben, ob Unterschiede in der Entwicklung des Werbeaufkommens zwischen den Untersuchungsländern Deutschland, Österreich und Großbritannien existieren.
Sigrid Angerer, Martin Hipfl, Silke Hofmann, Janina Skibba
Maß genommen!
Das Volumenverhältnis von Redaktion & Werbung in Zeitungen
Zusammenfassung
Zeitungen sind sowohl von Verkaufs- als auch von Werbeerlösen abhängig, müssen also nicht nur Käuferinnen und Käufer für sich gewinnen, sondern auch werbende Unternehmen (vgl. Kolb/Woelke 2010: 56). Um ein erfolgreiches Produkt anbieten zu können, müssen also die beiden Märkte bedient werden. Zeitungen haben hierbei gegenüber „Nebenbei-Medien“ den Vorteil, dass Leserinnen und Leser sich Zeit nehmen müssen für die Rezeption. Dies macht sie generell zu einem interessanten Werbeträger für die Wirtschaft (vgl. Zurstiege 2007: 125), was nicht ohne Wirkung bleibt: „Die große Abhängigkeit der Zeitungen von ihren Werbekunden kann rasch zu einer publizistischen Einflussnahme führen […].“ (Beck 2005: 126) Entsprechend interessant erscheint daher, wie sich diese Situation in den Printprodukten konkret niederschlägt und in welchem Ausmaß welche Werbekunden Platz in ihnen finden.
Alexander Reimann, Florian Kreibe
Unter Druck
Auswirkungen der Wirtschafts- und Medienkrisen auf Tageszeitungen und Magazine
Zusammenfassung
Das erste Jahrzehnt im neuen Jahrtausend endete wie es begonnen hatte: mit einer Wirtschaftskrise. Auch die Presse – im deutschsprachigen Raum lange Zeit zu etwa zwei Dritteln aus Anzeigen finanziert (vgl. Trappel 2004: 433) – soll von der Rezession in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Neben der konjunkturellen Schieflage ist seit Jahren jedoch auch ein struktureller Wandel in der Medienlandschaft zu beobachten. Vor allem die Konkurrenz des Internets bringt die Medien, allen voran die gedruckten Medien, in Bedrängnis. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, ob sich Printmedien tatsächlich in einer Krise befinden, inwieweit zwischen konjunktureller Wirtschafts- und struktureller Medien- bzw. Zeitungskrise unterschieden werden kann und mit welchen Folgen für den Printjournalismus zu rechnen ist. Durch einen Vergleich der Werbeerträge sollen im Zeitverlauf 2000 bis 2010 konjunkturell bedingte Anzeigeneinbrüche aufgespürt werden. Analog dazu wird ein Blick auf die Entwicklung von Auflagen und Reichweiten deutscher und österreichischer Tageszeitungen geworfen.
Magdalena Lagetar, Christine Mühlbauer
Presse im Wandel
Eine Befragung österreichischer Printjournalistinnen und -journalisten zu den Auswirkungen der Dotcomkrise und der Finanzmarktkrise
Zusammenfassung
In der kommunikationswissenschaftlichen Forschung gibt es eine beachtliche Anzahl von Studien und Untersuchungen zu verschiedenen Einflussgrößen auf den Journalismus (vgl. dazu Kolb/Wölke 2010: 52). Während der Fokus dieser Forschung zumeist auf der Beziehung zwischen Public Relations und Journalismus liegt, erwähnt Andresen (2008) eine weitere Einflussgröße – das Verhältnis von Journalismus und Werbung. Obwohl über Medienmärkte und Medienprodukte viel erschienen ist (vgl. dazu: Altmeppen/Karmasin 2003; Heinrich 2001; Steininger 2005), wurde nur in den wenigsten Fällen untersucht, welchen Einfluss Werbung auf journalistische Produkte nimmt. Für die meisten Medienangebote ist Werbung (in Form von Anzeigen, Inseraten, Werbespots, etc.) ein wichtiger finanzieller Faktor, denn Werbung finanziert das journalistische Produkt mit. Was passiert jedoch, wenn ein Teil dieser Einnahmen, ausgelöst etwa durch Wirtschaftskrisen, nicht mehr zur Verfügung steht?
Liesa Herbst, Sabrina Kweton
Skandalös zurückgehalten?
Berichterstattung über Werbekunden am Beispiel des Lidl-Bespitzelungsfalles
Zusammenfassung
„Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht“, lautet eine gängige Redewendung. Da sich Zeitungen zu großen Teilen aus Anzeigenerlösen finanzieren (vgl. Kapitel Kommerzialisierung in Medien i. d. B.), wird immer wieder auf die Gefahr hingewiesen, dass Medien wohlwollend über ihre Anzeigenkunden berichten. Um dem sog. „Gefälligkeitsjournalismus“ nachzugehen, ist es naheliegend, die Berichterstattung in Zeiten zu beobachten, in denen inserierende Unternehmen in die Kritik geraten. Das Verhältnis von Redaktion und Werbung wird in solchen Fällen auf die Probe gestellt, da hier die Bereitstellung objektiver und umfassender Information mit den Interessen werbender Kunden kollidiert. So bemerken Kolb und Woelke (2010: 63) in ihrer Studie, an der sich vorliegender Beitrag orientiert, dass inserierende Unternehmen in Krisenlagen mit größerer Wahrscheinlichkeit versuchen, schlechte Presse zu vermeiden.
Magdalena Lagetar, Christine Mühlbauer
Nachgefragt!
Deutsche und Österreichische Journalisten über den Einfluss der Werbewirtschaft
Zusammenfassung
Wenn Bürgerinnen und Bürger der Journalistin und dem Journalisten sowie den von ihnen produzierten Medieninhalten ihr Vertrauen und ihre Wertschätzung entziehen, dann besteht ernsthaft Anlass zur Sorge. Ob der potenzielle Rezipient morgens noch eine Zeitung liest oder ein Radio-, Fernseh- oder Online-Angebot wahrnimmt, hängt wesentlich davon ab, was er dort zu bekommen glaubt und welche Meinung er von den Produzenten dieser Inhalte hat (vgl. Steppacher 2011: 7). Studien wie die 2009 von Donsbach, Rentsch, Schielicke und Degen durchgeführte Untersuchung mit dem Titel „Entzauberung eines Berufs“ liefern alarmierende Ergebnisse. So hält die Mehrheit der Befragten Journalistinnen und Journalisten für unmoralisch, rücksichtslos, manipulativ, bestechlich und für zu mächtig (vgl. Steppacher 2011: 7). Solche und ähnliche Anschuldigungen bzw. Vermutungen werfen die Frage auf, wie sich jene Menschen, die für die Erstellung der tagtäglichen Medieninhalte verantwortlich sind, selbst wahrnehmen und wie sie ihre tägliche Arbeit beurteilen.
Alexander Reimann, Josef Schopf
Unzertrennlich?
Missachtung der Trennungsnorm in ausgewählten Medien
Zusammenfassung
Werbung ist in den Redaktionen keineswegs ein neues Phänomen. Bereits im Jahr 1722 erschien das erste reine Anzeigenblatt. Die Möglichkeit, Zeitungen über Werbeeinschaltungen zu finanzieren, bereitete im Jahr 1871 der Presse einen regelrechten Innovationsschub (vgl. Birkner 2010: 44 ff). Der heutige Journalismus scheint sich von der Kommerzialisierung in den 20er Jahren nicht mehr erholt zu haben. Vor allem „weil die finanzielle Basis des Journalismus bröckelt, droht nach Ansicht mancher Autoren eine massive ‚Deprofessionalisierung‘.“ (Birkner 2010: 51) Der Journalismus ist hierbei insbesondere durch fallende Werbeeinahmen finanziell bedroht. Dies begünstigt das Aufkommen neuer journalistischer Formen mit werblichem Hintergrund, die das Ziel verfolgen, die Rezipientinnen und Rezipienten zu beeinflussen und zum Kauf der beworbenen Waren und Dienstleistungen zu bewegen.
Florian Kreibe, Sabrina Lang
Zusammen oder getrennt?
Eine qualitative Befragung in Österreichs Redaktionen
Zusammenfassung
Journalistinnen und Journalisten sollen informieren, unterhalten, mit ihren Beiträgen zum öffentlichen Diskurs anregen und das in möglichst kritischer und unabhängiger Arbeitsweise.
Liesa Herbst, Silke Hofmann
Gut kopiert ist halb geschrieben
Der PR-Durchsatz in der Berichterstattung österreichischer Tageszeitungen
Zusammenfassung
„Ein Wort vom Journalisten ist mehr wert als 1000 Worte von uns …“ PR- Praktikerinnen und Praktiker wissen, getreu diesem Denkspruch, dass die PR-Abteilungen oder PR-Agenturen viel über den Erfolg eines Unternehmens oder die Qualität von Produkten bzw. Dienstleistungen schreiben und berichten können. Glaubwürdig wirken diese Meldungen erst, wenn sie auch von Außenstehenden öffentlichkeitswirksam bestätigt werden. Und hier kommen die Journalistinnen und Journalisten ins Spiel: als Vermittler zwischen Personen, Institutionen und der Öffentlichkeit. In den Medien veröffentlichte Artikel oder Beiträge haben einen ungleich höheren Werbewert für Unternehmen als klassische Werbung (vgl. Wandtke 2011: 34).
Berker Özbicerler, Jürgen Plank
Formel-1
Das Rennen um Product Placement
Zusammenfassung
Nachdem der Public Relations-Durchsatz in ausgewählten Printmedien Gegenstand des vorigen Kapitels war, wendet sich dieses Kapitel besonderen Werbeformen der PR im Medium Fernsehen zu. Product-Placement und Schleichwerbung kommen in vielen Sendeformaten des Fernsehens vor: in Spielfilmen, Unterhaltungssendungen, Fernsehshows, Magazinen und besonders häufig auch im Sport, wie die Untersuchungen in diesem Kapitel zeigen werden.
Michael Hufnagl, Matthias Patscheider
Zu altmodisch für neue Medien?
Neue Werbeformen und das Trennungsgebot auf Nachrichtenportalen
Zusammenfassung
Die Ausgaben für Onlinewerbung sind in den letzten Jahren rasant gestiegen (siehe Kapitel Brutto nicht gleich Netto i. d. B.). Seit dem ersten Auftreten von Bannerwerbungen 1994 (vgl. Robinson/Wysocka/Hand 2007: 527) sind vielfältige Möglichkeiten der Onlinewerbung entstanden. Zu diesen zählen z. B. aufwändig gestaltete Anzeigen, welche mit Tönen und/oder Interaktionsmöglichkeiten versehen sind. Vor allem aggressive Werbeformen wie Pop-Ups und Floating Ads, die sich über den Inhalt der Website legen, werden von Online-Nutzern als störend empfunden und gehören zu den unbeliebtesten digitalen Werbeformen (vgl. Bruner 2007: 10). Folglich ist anzunehmen, dass vor allem subtilere Formen der Onlinewerbung, die auf den ersten Blick nur schwer als Werbung erkennbar sind, für Werbetreibende von besonderem Interesse sind. Darüber hinaus entstehen im Social Web neue Möglichkeiten, Zielgruppen exakt und umfassend anzusprechen.
Sigrid Angerer, Klaus Schächner, Janina Skibba
Alte Wege, neue Wege
Kommerzielle Grenzen und alternative Chancen
Zusammenfassung
Das Spannungsverhältnis zwischen Redaktionen und den jeweiligen kaufmännischen Abteilungen ist ein häufig aufgegriffenes Thema in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung. Auch das vorliegende Projekt rückte die angesprochene Verbindung in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Dabei lag der besondere Erkenntnisfokus auf der Frage, ob und inwieweit sich Redaktion und Werbung gegenseitig beeinflussen.
Stefan Gadringer, Sabrina Kweton, Teresa Vieth
Backmatter
Metadaten
Titel
Journalismus und Werbung
herausgegeben von
Stefan Gadringer
Sabrina Kweton
Josef Trappel
Teresa Vieth
Copyright-Jahr
2012
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-18774-7
Print ISBN
978-3-531-18773-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-18774-7