Führung und Zusammenarbeit in Managementsystemen

Managementsysteme sollen dabei unterstützen, Unternehmen zu steuern. Sie stellen einen Rahmen für betrieblich erwünschtes Handeln und haben in den letzten Jahrzehnten durch ihre Methoden und Instrumente wesentlich dazu beigetragen, dass grundlegenden Themen wie Qualität, Umweltschutz, Arbeitssicherheit gezielter und systematischer bearbeitet wurden. Nicht nur das: Sie haben Unternehmen dazu bewegt, sich einer externen Beobachtung und Beurteilung zu öffnen und die entsprechenden Impulse zur Weiterentwicklung zu nutzen. Auch bündeln und konservieren sie Wissen, schaffen durch Verschriftlichung Transparenz und verbindliche und verlässliche Arbeits- und Diskussionsgrundlagen und nicht zuletzt auch Rechts- und Beweissicherheit. All dies gibt Orientierung, schafft Kompetenz und kommt damit den allzu menschlichen Grund- und Wohlfühlbedürfnissen zugute. Allerdings kommen diese Systeme aus einer Vergangenheit, in der Arbeitsteilung noch übersichtlich praktiziert wurde und Anweisung und Kontrolle von oben nach unten ausreichend gute Ergebnisse hervorbrachten.

„Tut mir leid, dass ich zu spät komme! Ich musste noch mal schnell zum Produktionsleiter.“ Herr Schnell, der Qualitätsmanagementbeauftragte der Maschinenbaufirma „Schubs & Co.“, kommt im Laufschritt zur Tür herein und lächelt entschuldigend.

Im nächsten Coaching will Herr Schnell die Sache mit der Endmontage weiterverfolgen. Seine Idee: Die Führungskraft soll die Arbeitsbeschreibung nachschulen und den betroffenen Kollegen ins Gewissen reden.

Aus den vorangegangenen Kapiteln haben wir erfahren, dass die „Performance“, also die Leistung der Managementsysteme, nicht nur durch Organisationsstrukturen und Vorgabedokumente beeinflusst wird. Die wirksame Umsetzung in erwünschtes Verhalten der Mitarbeitenden geschieht wesentlich auch durch direkte Einflussnahme der Führung vor Ort. Mit Blick auf die Change-Kurve und die normalen, menschlichen Reaktionen, die eine Neuerung an Abwehr hervorbringen kann, haben wir gefolgert, dass dieser direkte Einsatz so früh wie möglich einsetzen sollte. Wie kann das konkret aussehen?

Im letzten Kapitel haben wir Ziele und Aufgaben der Führung zu einem zweiteiligen Prozess geordnet und mit einigen Randbedingungen kommentiert, die aus Normsicht vorgegeben sind.

Ein Unternehmen ist mehr als die Summe seiner Teile: Es verfügt über ein Eigenleben und hat eine Umwelt, ist in sich geschlossen, aber dennoch offen. Es ist ein komplexes System. Führung ist in dieses System eingebettet und sollte daher die systemischen Besonderheiten kennen und berücksichtigen.

Wie „systemisch“denken, definieren und führen die betrachteten Normen und Standards die Unternehmen? Berücksichtigen sie die aktuellen Erkenntnisse und Vorstellungen einer komplexen und dynamischen Welt außer- und innerhalb des betrieblichen Alltags? Wo stimmen sie überein und mit welchen Erkenntnissen und Hilfestellungen? Und wo weichen sie gegebenenfalls auch ab? (→ Kapitel 6.1)

Im Eingangskapitel haben wir uns mit Einflussgrößen („Schrauben“) auf menschliches Handeln beschäftigt und erkannt, dass diese sowohl im Menschen selbst (wollen, können) wie auch in seinem Umfeld (Sollen/Dürfen, situative Ermöglichung) liegen. Doch wie wirken äußere Einflüsse, wie werden sie be- und verarbeitet? Und warum setzen sie sich nicht immer durch bzw. warum handelt der Mitarbeiter nicht wie gewünscht? Um dem gewünschten Engagement auf die Spur zu kommen, betrachten wir zunächst die Vorstufen, die vor der eigentlichen Handlung aktiv werden. Sie finden hauptsächlich im menschlichen Denken statt, dessen Hauptakteur unser Gehirn ist. Dabei streifen wir unter anderem das Thema „Motivation“als Führungszutat und diskutieren die grund-legende Frage an, ob und wie diese „gemacht“werden kann.

Mit den Vorstufen des Handelns haben wir wichtige Einflussgrößen auf das Verhalten und seine Antriebskräfte kennen gelernt. Allerdings können wir nicht immer und ununterbrochen „alles geben“. Auch unser Denkapparat unterliegt „außergewöhnlichen Betriebszuständen“, die einen „bestimmungsgemäßen Betrieb“erschweren – ähnlich wie Anlagen im Unternehmen (ISO 14001:2015, 6.1.2).

In den vorangegangenen Kapiteln haben wir nicht nur die Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen beschrieben, unter denen Mitarbeitende im Managementsystem handeln. Wir haben auch dargestellt, wie diese Bedingungen das Denken und Verhalten im Unternehmen beeinflussen und wie durch Führung und Zusammenarbeit hilfreiche Konsequenzen gezogen werden können.

Führung unter Druck und Kontrolle motiviert nicht und gewährleistet keinen nachhaltigen Antrieb. Auch die komplexen unüberschaubaren Rahmenbedingungen im System Unternehmen und die Unwägbarkeiten menschlicher Wahrnehmung und Bewertung im Vorfeld des Handelns lassen sich besser gemeinsam überwinden. Die Normen weisen mit jeder Revision aufs Neue und zunehmend deutlicher darauf hin, Mitarbeitende mit- wirken zu lassen und zu beteiligen (ISO 9000:2015, 2.3.4) – auch aus Interesse, weil sie schließlich von den vielfältigen Entscheidungen betroffen sind („interessierte Parteien“, ISO 14001:2015, 3.5).