2007 | OriginalPaper | Buchkapitel
Organisierte Interessen und Rot-Grün: Temporäre Beziehungsschwäche oder zunehmende Entkoppelung zwischen Verbänden und Parteien?
verfasst von : PD Dr. Bernhard Weßels
Erschienen in: Ende des rot-grünen Projektes
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Gibt es eine spezifische rot-grüne Bilanz im Umgang mit organisierten Interessen? Die Frage nach dem Verhältnis von Parteien, Regierungen und Verbänden ist ein zentraler Topos der Verbändeforschung, die eine Reihe von Regelmäßigkeiten und Strukturen in diesem Verhältnis identifiziert hat, aus denen sich bestimmte Erwartungen ableiten lassen. In der traditionellen Perspektive der Verbändeforschung, die bis Mitte der 1970er Jahre vorherrschte, ging es primär um Fragen nach Einfluss, Macht und Drohpotenzial der Verbände gegenüber der Politik, häufig auch um die Frage, ob Verbände sich den Staat „zur Beute“ machen und damit nach der „Verbandlichung“ des Staates. So wichtig diese Ansätze aus macht- und demokratietheoretischen Perspektiven waren, boten sie jedoch wenig konkrete Ansatzpunkte für die spezifische Analyse des politischen Verhältnisses von Verbänden, Parteien und Regierungen. Mit dem offensichtlichen Wandel des Verhältnisses von Politik und Interessengruppen veränderten sich auch (nachholend) Blickwinkel und Ansätze der Verbändeforschung. Insbesondere das von Lehmbruch und Schmitter eingeführte Konzept korporatistischer Politik bot die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen Verbänden und Politik nicht als Einbahnstraße „bottom-up“, sondern als eine institutionalisierte Beziehung politischen Tauschs zu analysieren (
Schmitter 1977
;
Lehmbruch 1982
;
Czada 1994
). Dieser Ansatz inspirierte eine Reihe von Forschungen, die der Frage „Do Parties Matter?“ für die Beziehungen zwischen Parteien, Regierungen und Interessengruppen nachgingen, unter anderem der Frage nach der Wahrscheinlichkeit und den Erfolgsbedingungen von Korporatismus und politischer Konzertierung.