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03.06.2022 | Private Equity | Gastbeitrag | Online-Artikel

Carried Interest bleibt bei der Abfindung oft außen vor

verfasst von: Fabian Nickel

3:30 Min. Lesedauer

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Verlässt ein Private-Equity-Manager das Unternehmen, richtet sich dessen Abfindung laut Arbeitsvertrag meist nur nach dem Grundgehalt, nicht nach den gesellschaftsrechtlichen Erfolgsbeteiligungen. Damit dieser Carried Interest berücksichtigt wird, braucht es Verhandlungsgeschick.

Wenn Private-Equity-Investment-Manager (kurz PE-Manager) das Unternehmen verlassen sollen, stellt sich früher oder später stets die Frage der Abfindungshöhe. Die besondere Vergütungsstruktur im Private-Equity-Bereich sorgt dann bei vielen Führungskräften für einen Schock: Die Abfindungshöhe ist plötzlich nur ein Bruchteil der erwarteten Summe. Grund hierfür ist, dass das laut Arbeitsvertrag geschuldete Grundgehalt oftmals nur einen kleineren Teil der Gesamtvergütung darstellt. Viel mehr ins Gewicht fallen die gesellschaftsrechtlichen Gewinnbeteiligungen an der sogenannten Carry-Gesellschaft.  

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Individualarbeitsrecht

Das Individualarbeitsrecht hat die einzelne Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Gegenstand. In Abgrenzung zu den vorgenannten kollektivrechtlichen Fragestellungen betrachtet das Individualarbeitsrecht die persönlichen wechselseitigen Verpflichtungen der Parteien aus dem Arbeitsvertrag. Gedanklicher Ausgangspunkt für die nachfolgende Darstellung ist daher das Arbeitsverhältnis.

Hintergrund: Der PE-Manager hat einen Arbeitsvertrag mit der PE-Gesellschaft. Diese verwaltet oder berät die aufgesetzten Fondsgesellschaften in der Regel auf Basis eines einfachen schuldrechtlichen Beratungsvertrages. Das jährliche Bruttogrundgehalt eines PE-Managers hebt sich - wenn überhaupt - nur marginal von der im Bankenwesen in der jeweiligen Hierarchiestufe üblichen Vergütung ab. Diese im Arbeitsvertrag vereinbarte Grundvergütung ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Dazu gesellen sich regelmäßig nicht nur der Jahresbonus, der je nach Geschäftsjahr durchaus üppig ausfallen kann, sondern auch der sogenannte Carried Interest. 

Gewinne der Carry-Gesellschaft werden prozentual verteilt

Neben der arbeitsvertraglichen Bindung an den Arbeitgeber wird der Manager als Gesellschafter an der Carry-Gesellschaft beteiligt. Grundlage der Beteiligung sind klassische Gesellschafterbeschlüsse und Satzungen. Dieses Unternehmen wiederum ist selbst beschränkt haftende Gesellschafterin - also Kommanditistin - der von der PE-Gesellschaft beratenen Fondsgesellschaft. Erwirtschaftet letztere Gewinne, wird ein vorher prozentual festgelegter Anteil an diesen an die Carry-Gesellschaft ausgeschüttet. 

Diese gibt die Gewinne wiederum auf Basis eines ebenfalls vorher festgelegten Prozentsatzes an die Gesellschafter weiter. Der PE-Manager ist damit mittelbar am Erfolg der Fondsgesellschaft selbst beteiligt. In der Regel übersteigt diese Form der gesellschaftsrechtlichen Gewinnbeteiligung über den Carried Interest das vereinbarte Bruttojahresgrundgehalt deutlich.

Zweigleisiges Vergütungsmodell meist nicht vertraglich fixiert

Das Problem dabei: Diese gesellschaftsrechtliche Beteiligung im zweigleisigen Vergütungsmodell ist meist nicht arbeitsvertraglich festgehalten - mit einschneidenden Folgen für die Führungskraft im Exit-Szenario, da sich die Abfindungshöhe bei der Beendigung eines Arbeitsvertrages in der Regel nach der jährlich erhaltenen Bruttozielvergütung des Arbeitnehmers richtet. Das auf dem Arbeitsverhältnis beruhende Gehalt der Führungskraft stellt faktisch oftmals nur einen Bruchteil dessen dar, was der Manager unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Gewinnbeteiligung erhalten hat.

Eine pauschale Antwort auf die Frage, ob der Carried Interest als Bestandteil der insgesamt erhaltenen Bruttozielvergütung zu berücksichtigen ist, gibt es dabei nicht. Grundsätzlich muss darauf abgestellt werden, dass die gesellschaftsrechtliche Beteiligung in der Regel keine Erwähnung im Arbeitsvertrag findet. In diesem Fall ist die arbeitsvertragliche Vergütung strikt von der Gewinnbeteiligung zu trennen. Insofern ist der Carried Interest grundsätzlich bei der Berechnung der Abfindung nicht als Vergütung zu berücksichtigen. 

Die gute Nachricht für die Arbeitnehmer: Bei der (außergerichtlichen) Verhandlung der Abfindungssumme kommt es in der Regel jedoch nicht nur auf die formaljuristische Einordnung des Carried Interest an. Der Arbeitgeber hat mit der Kündigung des Arbeitnehmers zum Ausdruck gebracht, sich von ihm trennen zu wollen. Je nach Dringlichkeit dieses Trennungswunsches, hat der PE-Manager durchaus ein gutes Argument zur Erhöhung der Abfindungssumme im Kontext des Carried Interests. Denn die Alternative der Weiterbeschäftigung läuft den Interessen des Arbeitgebers zuwider und bedeutet für diesen neben hohen Kosten auch die Gefahr eines aufwendigen Kündigungsschutzverfahrens. 

KSchG begrenzt individuelle Vereinbarungen

Nicht freiverhandelbar ist die Abfindung im Falle der §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). In diesem Fall entscheidet das Gericht über die Höhe der Abfindungssumme, nachdem der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag gestellt hat. Wenn das Gericht mangels Einbeziehung der Gewinnbeteiligung in den Arbeitsvertrag - zum Beispiel durch Erwähnung - den Carried Interest arbeitsrechtlich nicht als Teil der Vergütung im Sinne des § 10 Abs. 3 KSchG anerkennt, wird dieser auch nicht in der Abfindungssumme nach § 10 Abs. 1 KSchG berücksichtigt.

Fazit: Der Carried Interest bildet finanziell gesehen den Großteil der Vergütung des PE-Managers. Ob dies auch im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Trennung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber im selben Umfang zum Tragen kommt, hängt maßgeblich von der Ausgestaltung des Arbeitsvertrages ab. Da es aus formaljuristischer Sicht schwierig sein dürfte, den Carried Interest ohne die Bezugnahme im Arbeitsvertrag als arbeitsrechtlichen Vergütungsbestandteil anzuerkennen, sollten PE-Manager stets auf individuelle Abfindungsverhandlungen setzen.

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