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12.12.2014 | Unternehmensstrategie | Interview | Online-Artikel

"Elf von zwölf Startups scheitern"

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

5:30 Min. Lesedauer

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Bei der Gründung eines Unternehmens gibt es keinen Königsweg. Gute Voraussetzungen um erfolgreich zu sein, sind ein gutes Konzept und eine frühes Feedback von potenziellen Kunden, sagen Christoph Warmer und Sören Weber im Interview.

Springer für Professionals: Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom, weiß nur jeder Fünfte in Deutschland was ein Startup ist. Können Sie den Begriff erklären?

Christoph Warmer: Startups sind junge Unternehmen auf der Suche nach einem nachhaltigen und skalierbaren Geschäftsmodell. Auf ihrem Weg dahin brechen sie Industrie-Paradigmen, entwickeln und testen neuartige Produkte und müssen dabei mit vielfältigen Ungewissheiten umgehen. Ihre hohe Innovationskraft und klare Wachstumsorientierung unterscheidet sie von traditionellen Existenzgründern wie beispielsweise einem Friseursalon.

Sören Weber: In den Medien dominieren meist Web-Startups. Doch sie sind in allen Branchen zu finden. So wurden beispielsweise in Deutschland erfolgreiche Food-Startups wie "Fritz-Kola", "My Muesli", "Vapiano" oder Produkt-Startups wie "Ergobag" oder "Bora" gegründet. 2013 sind rund 5.000 Startups in Deutschland aktiv, so die Schätzung des Bundesverbands Deutsche Startups.

Sie haben mit vielen Gründern gesprochen. Dabei sind die Geschichten der einzelnen Unternehmensgründungen sehr unterschiedlich. Was haben diese Gründer dennoch gemeinsam?

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Sören Weber: Es gibt keinen Gründer-Stereotypen oder einen Königsweg zum Erfolg. Vielmehr zeigen unsere Interviews, dass die Hintergründe der Gründer so vielfältig sind wie die Entwicklungspfade ihrer Unternehmen.

Christoph Warmer: Allerdings sind uns zwei Dinge aufgefallen: Zum einen haben die Gründer eine enorme Leidenschaft für Ihr Produkt. Diese hat ihnen geholfen, die nötige Energie für die Umsetzung aufzubringen. Zum anderen haben Sie den Kunden fest im Blick, holen Feedback ein und ziehen daraus Schlüsse für den weiteren Ausbau ihres Unternehmens.

Worauf sollten Gründer in der Startphase besonders achten? Welche Hürden gilt es zu meistern?

Sören Weber: Ein vielversprechender Startpunkt ist ein überzeugendes Geschäftskonzept, aus dem klar hervorgeht, warum das eigene Vorhaben einen deutlich höheren Kundennutzen hat als bereits existierende Alternativen. Dies entspricht auch der Philosophie von Professor Faltin zum Thema Entrepreneurship. Für ihn ist die Entwicklung eines durchdachten Konzepts der erste Schritt für eine erfolgsversprechende Gründung.

Christoph Warmer: Vapiano-Gründer Gregor Gerlach erzählte uns von 20 Businessplänen, die ihn jede Woche erreichen. Statt eines mehrjährigen Finanzplans, wünscht er sich einfach eine überzeugende Antwort auf die Frage: Warum werden täglich 1.000 Gäste das Restaurant besuchen? Auch Christian Gaiser von "Kaufda" hält nicht viel von ausgefeilten Businessplänen. Stattdessen sollten Gründer schnell versuchen, von Kunden Feedback einzuholen und die Kaufbereitschaft möglichst früh zu testen. Denn ob ein Konzept funktioniert, lässt sich am besten daran erkennen, ob Kunden bereit sind dafür zu bezahlen.

Wie relevant ist Beratung und Unterstützung für Gründer?

Christoph Warmer: Viele Gründer haben von Ihren "Mentoren" berichtet. Häufig sind dies Business Angels, die früh in die Startups investierten und dem Team zur Seite stehen. Die Unterstützung reicht von Erfahrungsaustausch, Herstellung von Kontakten bis hin zu direkter Mitarbeit. So hat beispielsweise Carsten Maschmeyer das Vertriebsteam von "Orderbird" geschult und so seine Kompetenz in das Startup eingebracht.

Sören Weber: Doch auch staatliche Stellen bieten Unterstützungsmöglichkeiten. Stefan Nann und Jonas Krauß von "Stockpulse" sind beispielsweise mit einem Exist Stipendium gestartet oder Torben Greve von "Mein Fernbus" berichtet, wie ihm ein Startup-Coach der Investitionsbank Berlin-Brandenburg beim Aufbau des Business Angel Clubs geholfen hat.

Ein Knackpunkt bei einer Unternehmensgründung ist häufig die Finanzierung. Was müssen Gründer hier beachten?

Christoph Warmer: Die erste Frage sollte nicht lauten: Wie viel Kapital ist nötig? Sondern: Brauche ich überhaupt eine Finanzierung?, empfiehlt Rafael Kugel von "Ratio Drink". Ob Geld von außen nötig ist, hängt letztlich stark vom Geschäftsmodell ab. Entscheidend dabei ist beispielsweise, wie hoch das initiale Investment für einen ersten Prototypen ist und wie schnell das Unternehmen skaliert werden soll. Nikita Fahrenholz und Claude Ritter von "Delivery Hero" berichten, dass sie ihre Softwareplattform eingekauft haben, um schnell den operativen Betrieb aufzunehmen. Diese Investition und auch das rasante Tempo der internationalen Skalierung wären ohne Venture Capital kaum machbar gewesen.

Es wird von der Politik bemängelt, dass es im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland immer noch zu wenig Gründer gibt. Woran liegt das?

Sören Weber: Das Silicon Valley ist ganz klar ein Cluster mit Top-Leuten, sehr viel Geld und einem Öko- System, dass es jungen Firmen sehr schnell ermöglicht, ihr Business zu entwickeln. Dabei hilft auch die kulturelle Haltung, die sehr auf "Trial and Error" ausgelegt ist, – eine Haltung, die in Deutschland nicht sehr ausgeprägt ist. Nichtsdestotrotz brauchen wir uns in Deutschland nicht zu verstecken. Gerade wenn es um die Umsetzung oder die Internationalisierung von Geschäftsmodellen geht, sind deutsche Internetfirmen außerhalb der USA sehr erfolgreich. Den amerikanischen Startups reicht zunächst der riesige homogene Markt vor der Tür, sodass sie sich die ersten Jahre darauf konzentrieren können, in den USA groß zu werden und später im Rest der Welt einfach zukaufen.

Christoph Warmer: Was in Deutschland jedoch fehlt, sind Gründervorbilder. Mit unserem Buch zeigen wir: Auch in Deutschland kann man international erfolgreiche Unternehmen aufbauen. Zudem könnten erfolgreiche Exits, weitere Gründungen anstoßen. "Paypal" aus den USA ist hier ein gutes Beispiel. Nach dem Verkauf an "Ebay" haben die Paypal-Gründer in die Startups ihrer ehemaligen Mitarbeiter investiert. Daraus entstand beispielsweise "Youtube", "LinkedIn" oder "Yelp".

Was sind die Hauptgründe für das Scheitern von Startups?

Sören Weber: Das Startup "Genome Project" hat diese Frage empirisch untersucht und kommt zum Schluss: Elf von zwölf Startups scheitern. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein Fehler ist es beispielsweise eine Produktidee zu verfolgen, die keiner braucht oder eine zu frühe Skalierung. Christian Reber von "6 Wunderkinder" schildert zum Beispiel in unserem Buch, wie trotz massivem Hype, exzellentem Marketing und sehr guter Finanzierung das Produkt "Wunderkit" floppen konnte. Die klare Fokussierung auf "Wunderlist 2" brachte die Wende und half dabei, das nächste Level zu erreichen.

Zu den Personen
Sören Weber und Christoph Warmer haben während ihres Studiums selber Startups gegründet und sind seitdem in der Gründerszene aktiv. Für ihr Buch "Mission: Startup" haben sie mit vielen Gründern gesprochen und schildern deren Weg von der Idee bis zur Unternehmensgründung.
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