Skip to main content

05.05.2013 | Wasserwirtschaft | Interview | Online-Artikel

Integriertes Wasserressourcen-Management in Vietnam

verfasst von: Günter Knackfuß

4:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Die wirtschaftliche Entwicklung in Vietnam hat bereits große Umweltschäden zur Folge. Fehlende Kläranlagen, verschmutzte Flüsse und kein Umweltbewusstsein der Bevölkerung machen den Aufbau eines Integrierten Wasserressourcen-Managements erforderlich. Das Institut für technisch-wissenschaftliche Hydrologie (itwh) unterstützt den Aufbau durch zahlreiche Maßnahmen. Dr. Lothar Fuchs, der Geschäftsführer des Instituts berichtet darüber im Interview.

Springer für Professionals: Das itwh hat sich den Wissenstransfer zwischen Forschung und Anwendung zur Aufgabe gemacht. Auf welchen Wegen wollen sie das erreichen?

Dr. Lothar Fuchs: Im Wesentlichen auf zwei Wegen. Einerseits durch exemplarische Projekte – sogenannte Leuchtturmprojekte – in denen die Ergebnisse der Forschung in praktische Projekte umgesetzt werden, um den Ingenieuren in der Praxis den Nutzen aufzuzeigen. Diese praktische Umsetzung muss natürlich entsprechend publiziert werden, z.B. durch Vorträge auf Fachveranstaltungen oder Artikel in Fachzeitschriften. Der zweite Weg ist mit der Anwendung von fachspezifischer Software verbunden. Viele Projekte können heute nur noch durch Berechnungen mit fachspezifischer Software geplant und realisiert werden. Wir entwickeln auch entsprechende Simulationsmodelle und vermitteln ihre Anwendung in entsprechenden Weiterbildungsveranstaltungen.

Welche Herausforderungen bestehen derzeit im Wassersektor in Vietnam?

Wenn ich Freunden die Situation der Umwelt insbesondere im Wasserbereich erläutern soll, sage ich oftmals die Situation ist vergleichbar der in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg: Um einen wirtschaftlichen Aufstieg zu erreichen, wird eine Umweltverschmutzung erst mal in Kauf genommen. Insofern kann man sich die Herausforderungen gut vorstellen. Kläranlagen gibt es kaum, die meisten Flüsse sind stark verschmutzt und bei vielen Menschen fehlt auch ein Umweltbewusstsein. Auch wenn die vietnamesische Regierung den Bau von mehr als 40 weiteren Kläranlagen beschlossen hat, so ist dies nur ein Anfang zur Lösung des Problems. Hinzu kommt, dass Vietnam diese Aufgaben aus finanziellen Gründen nicht alleine lösen kann, sondern auf fremde Hilfe angewiesen ist.

Im Rahmen von IWAS unterstützen sie die hydrologisch sensitive Region Hanoi in Vietnam. Wie beurteilen sie die aktuelle Situation dort?

Hanoi ist eine wunderschöne Stadt, die sich in den nächsten Jahren noch rasanter entwickeln wird. Die Umweltbelastung ist z.T. extrem. Die Altstadt ist voll von Mopeds und Autos und man hat kaum Luft zum Atmen. Verbunden mit der rasanten Entwicklung ist natürlich auch ein steigender Wasserverbrauch. Ein Großteils des benötigten Wassers wird aus dem Grundwasser entnommen – z.T. durch illegale private Brunnen. Diese große Entnahme von Grundwasser hat zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels geführt, was wiederum zu Setzungen mit massiven Beschädigungen an Häusern geführt hat. Auch die zukünftigen Entwicklungen in der Bebauung und der damit verbundenen Zunahme an versigelten Flächen – mit der Folge, dass der natürliche Wasserkreislauf massiv beeinträchtigt und das zu einer weiteren Absenkung des Grundwasserspiegels führt - wird nicht im ausreichenden Maße Rechnung getragen.

Welche Ziele und Inhalte werden mit dem IWAS-Regionalprojekt verfolgt?

Das IWAS Regionalprojekt verfolgt verschiedene Ziele. Einerseits soll durch ein Pilotprojekt ein Beispiel für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Regenwasserabflüsse geschaffen werden, andererseits soll durch Weiterbildungsveranstaltungen das Wissen über sachgerechte fortschrittliche Planungen in der urbanen Wasserwirtschaft der lokalen Ingenieure in der Verwaltung und in der Praxis erhöht werden. Diese Weiterbildungsveranstaltungen sind sehr erfolgreich und bis heute haben daran mehr als 600 Fachleute in Vietnam teilgenommen. In einem Folgeprojekt – dessen Bewilligung uns in Aussicht gestellt wurde – wollen wir diesen Bereich der Weiterbildung noch verstärken und ein Wasserkompetenzzentrum in Vietnam aufbauen. Dadurch ist dann ein permanenter Wissenstransfer und eine entsprechende Weiterbildung gewährleistet. Weitere Initiativen verstärken diesen Aspekt der Weiterbildung und dehnen ihn dann auf den Bereich der Klärwärter aus.

Wie bewerten sie die Zusammenarbeit mit den vietnamesischen Experten?

Die Zusammenarbeit mit den vietnamesischen Experten ist recht unterschiedlich. Viele von Ihnen sind sehr interessiert und arbeiten eng mit uns zusammen. Es gibt andererseits auch Ingenieure in der Verwaltung, die an einer Verbesserung der Situation nur ein geringes Interesse habe. Hier spielt sicherlich auch die damit verbundene Mehrarbeit bzw. die Scheu vor neuen Lösungen eine Rolle. Im Einzelfall ist hier noch zusätzliche Überzeugungsarbeit zu leisten.

Welche weiteren Partner beteiligen sich an diesem Projekt?

IWAS Vietnam wird von mehreren Partnern gemeinsam durchgeführt. Dies sind neben dem Institut für technisch-wissenschaftliche Hydrologie GmbH im Wesentlichen die Stadtentwässerung Dresden GmbH und die Technische Universität Dresden. Darüber hinaus laden wir zu den Weiterbildungsveranstaltungen in Vietnam weitere Experten ein, sofern das Fachwissen nicht bei den Partnern vorhanden ist.

Die IWAS-Forschung untersucht noch vier weitere Regionen weltweit. Welche Fragestellungen bestehen dort?

Weltweit laufen neben Südostasien/Vietnam noch IWAS-Projekte in der Zentralasien/Mongolei, Osteuropa/Ukraine, mittlerer Osten /Oman/Saudi-Arabien und Lateinamerika/Brasilien. Die Fragestellungen sind im Wesentlichen vergleichbar, auch wenn im Einzelfall gewisse Unterschiede bestehen. In Zentralasien werden die Einflüsse des globalen Wandels und die Wiederverwendung von Abwasser in semi-ariden Gebieten untersucht. In Lateinamerika stellt sich die Frage wie die Metropolregion Brasilia ausreichend mit Wasser versorgt werden kann, wo doch eine starke Verschmutzung der Oberflächenreservoirs vorhanden ist. In Südostasien wird am Beispiel Hanoi untersucht wie den sinkenden Grundwasserständen entgegengewirkt werden kann und im mittleren Osten – einem riesigem trockenem Gebiet – wie langfristig eine Versorgung mit Wasser möglich ist. Es geht um den richtigen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser in entsprechenden wassersensiblen Regionen. Wir versuchen unser Wissen darüber anderen Ländern zu vermitteln.

print
DRUCKEN

Die Hintergründe zu diesem Inhalt