Skip to main content

12.08.2021 | Verwaltungsfinanzen | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mit grüner Kommunalfinanzierung zu mehr Klimaschutz

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Um die anvisierten EU-Klimaschutzziele zu erreichen, sind immense Anstrengungen nötig. Neben der Wirtschaft sind bei dieser Aufgabe auch die meist klammen Kommunen gefragt. Grüne Kommunalkredite sind ein Ausweg, wenn sie attraktiver werden, meint KfW Research.

Die jüngste Flutkatastrophe, die in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen für Tote und immense Schäden gesorgt hat, belegt, wie sehr Mitteleuropa aufgrund des fortschreitenden Klimawandels unter zunehmenden Wetterextremen leidet. Mit Blick auf die immer häufigeren Starkregenereignissen stellen Stefanie Weiner, Peter Heiland und Anna Goris einen "Werkzeugkasten für den Umgang mit Starkregenrisiken in Kommunen" in der Zeitschrift "Wasserwirtschaft" (Ausgabe 5 | 2021) vor. "Im Mittelpunkt stehen Anleitungen für die Verankerung eines Starkregenrisikomanagements in Städten und Gemeinden", schreiben die Experten. Doch das ist nur eine von vielen Baustellen, die deutsche Kommunen in Angriff nehmen müssen. 

Empfehlung der Redaktion

Open Access 01.07.2021 | Zeitgespräch

Klimaschutz und der moderne Staat

Nach Jahren des politischen Stillstands bewegt sich etwas in der Klimapolitik. Die EU-Staaten haben bereits letztes Jahr die Klimaneutralität bis 2050 als gemeinsames Ziel ausgerufen. Das Ziel ist also gesteckt, aber wie soll es erreicht werden? In der öffentlichen Debatte in Deutschland dominiert ein einfacher Ansatz – die traditionelle Klimapolitik.

Regionale Klimaschutzinvestitionen reichen nicht

"Um die Klimaziele bis hin zur Klimaneutralität 2045 zu erreichen, müssen in allen Wirtschaftssektoren erhebliche Treibhausgaseinsparungen erreicht werden. Dafür werden beachtliche transformative (Mehr-)Investitionen nötig, die wiederum nicht zuletzt in den Kommunen anfallen", heißt es in einer aktuellen Analyse der Volkswirte von KfW Research, die Ende Juli veröffentlicht wurde. 

Laut der Experten zeichnen die deutschen Kommunen im vergangenen Jahr für rund die Hälfte der gesamtstaatlichen Investitionen verantwortlich. "Bei den Baumaßnahmen fällt sogar mehr als 60 Prozent auf kommunaler Ebene an. Den Kommunen kommt somit bei der Transformation eine Schlüsselrolle zu."

Kommunen scheitern beim Klimaschutz an der Finanzierung

Um diese Schlüsselrolle zu erfüllen, fehlen vielen Städten und Gemeinden aber häufig "eindeutige, politisch verbindliche Vorgaben". Zudem sei ihnen oft nicht klar, welche Investitionen nach Art und Höhe tatsächlich nötig sind und wie sich diese in den Kommunalhaushalten abbilden lassen. Bislang beziehen sie Kapital für kommunale Investitionen vor allem aus Eigenmitteln, Zuweisungen und Fördermitteln. Doch bei den Eigenmitteln, in die vor allem Steuereinnahmen fließen, hat die Corona-Krise für ein kräftiges Minus gesorgt. Doch auch ohne diesen Einnahmerückgang könnten die Kommunen laut KfW Research die hohen Investitionen für den Klimaschutz "kaum aus den laufenden Haushalten finanzieren". 

"Neben den anderen kommunalen Einnahmequellen sehen die Gemeinde- und Haushaltsordnungen die Finanzierung über Fremdkapital als subsidiären Weg vor, wenn die sonstigen Mittel nicht ausreichen beziehungsweise deren Einsatz nicht wirtschaftlich wäre", schreiben Stephan Brand und Johannes Steinbrecher in einer Analyse der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" (Ausgabe 1 | 2021). Diese Kredite seien aber nur für (rentierliche) Investitionen zulässig, "um die finanzielle Belastung auf der Zeitachse zu verteilen". 

Der KfW-Analyse zufolge machte Fremdkapital in den vergangenen Jahren jeweils um die 20 Prozent im kommunalen Finanzierungsmix für die Investitionen aus. Auf den sogenannten Kommunalkredit entfielen 2020 rund 14 Prozent. Kapitalmarktbasierte Instrumente wie das Schuldscheindarlehen oder Anleihen beliefen sich nur auf rund drei Prozent. Auch solche Finanzierungsalternativen greifen in erster Linie größere Kommunen zurück, die aufgrund einer dichteren Personaldecke auch ein komplexeres Schuldenmanagement steuern können. Kleine Gemeinden belassen es der KfW zufolge meist bei klassischen Kommunalkrediten.

Grüne Kommunalfinanzierung ist in Deutschland noch selten

Doch es gibt Alternativen: So setzten laut KfW weltweit immer mehr regionale Verwaltungen auf grüne Finanzierungsinstrumente. Doch das gilt nicht für Deutschland. "Allenfalls größere kommunale Unternehmen im Energie- und Verkehrssektor haben vereinzelt grüne Finanzierungsinstrumente genutzt", heißt es in der Analyse. Vorreiter sind unter anderem München mit geplanten Green und Social Bonds in Höhe von 120 Millionen Euro sowie Hannover mit einem bereits begebenen Green- und Social-Schuldschein in Höhe von 100 Millionen Euro. 

Die Ökonomen sehen dennoch Chancen für einen grünen Kommunalkredit, mit dem auch kleinere Investitionen möglich wären. "Wenn die üblichen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen der Kreditaufnahme, wie zum Beispiel die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit, erfüllt sind, spricht nichts dagegen, die Kredite mit grünen Verwendungszwecken zu hinterlegen", so ihr Argument. 

Kapitalgeber, die an grünen Investments interessiert sind, könnten dann über Banken grüne Projekte der Kommunen finanzieren, skizzieren die Experten den möglichen Finanzierungsprozess. Dafür nötig sei allerdings ein unabhängiges Zertifikat das bestätigt, dass die Investitionen tatsächlich grüne Anforderungen erfüllen, "also beispielsweise taxonomiekonform sind". 

Kommunen müssen spezielle Berichtsstrukturen aufbauen

Also müssen die Gemeinden der Finanzierung ein konkretes grünes Projekt gegenübergestellen. Das ist aber laut KfW nicht ohne Weiteres mit dem "haushälterischen Gesamtdeckungsprinzip" der Kommunen vereinbar. Hinzu komme, dass für den Nachweis grüner Investitionen gegenüber den Kapitalgebern unabhängig von der Finanzierungsform wie Anleihe, Schuldschein oder Kredit erhöhte Verwaltungsaufwände nötig sind. Erst spezielle Berichtsstrukturen sowie ein Nachhaltigkeits- und Wirkungsmonitoring lieferten die benötigten Informationen für die Kapitalgeber. Diesem organisatorischen Aufwand stehen aber laut Studie "nicht zwangsläufig niedrigere Kapitalkosten gegenüber". 

Das zweite Problem: In der Regel rechnen sich Kommunalkredite aufgrund der Finanzmarktregulierung für die meisten Banken kaum. "Hinzu kommt, dass die Refinanzierung über den Kapitalmarkt selbst bei einem unterstellten grünen Zinsvorteil momentan weniger attraktiv sein dürfte als über die Zentralbank. Somit steht der grüne Kommunalkredit für die Banken in direkter Kostenkonkurrenz zu konventionellen Finanzierungsprodukten", erläutern die KfW-Volkswirte. Ein Preisaufschlag, der den grünen Kredit für die Banken attraktiver machen würde, verteuere ihn aber für die Kommunen.

Grüne Finanzierung regulatorisch attraktiver machen

Eine Perspektive, grüne Kredite sowohl für Banken als auch für Kommunen attraktiver zu machen, liegt laut Analyse in der Regulierung solcher Finanzierungsinstrumente: 

Werden beispielsweise grüne Kredite entsprechend ihrer geringeren ESG-Risiken in den Risikoaktiva niedriger gewichtet als vergleichbare nicht-grüne Kredite, sinken die relativen Kapitalkosten der Banken, die diesen Vorteil (zumindest teilweise) über niedrigere Zinssätze an die Kreditnehmer weiterreichen könnten."

So ließe sich die Kreditvergabe für Klimaschutzinvestitionen steigern und in den Kommunen die bereits skizzierten Verteilungsprobleme in der Investitionsfinanzierung entschärfen. Denn dann könnten beispielsweise "grüne Projekte aus grünen Töpfen finanziert werden, für die andere oder höhere Obergrenzen bei der Kreditaufnahme gelten würden". Auch wenn ein grüner Kommunalkredit kein Allheilmittel gegen den Klimawandel ist, könne er nachhaltiges Investmentkapital auch in kleineren Volumen für Kommunen zugänglich machen. 

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren