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03.04.2014 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wenn das Auto mit dem Haus spricht

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

6:30 Min. Lesedauer

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Von unterwegs das Wohnzimmer vortemperieren oder die Rollläden bedienen: Mit einem Smartphone lässt sich bereits ein ganzes Haus steuern. Auch Autos sollen künftig mit dem Zuhause kommunizieren. Doch das Risikopotenzial der intelligenten Netze wird unterschätzt.

Die Vernetzung des Alltags nimmt zu. Ob Haussteuerung, Shopping, Energieversorgung oder das Auto: Alles wird "smart". Via Internet kommunizieren Gegenstände und Geräte, Häuser, Städte oder Kraftwerke miteinander. Sie interagieren und schaffen damit das Internet der Dinge. So wird aus verschiedenen Komponenten ein neues Ganzes. Lebensbereiche wie Arbeit, Energieversorgung, Mobilität und Wohnen sind verknüpft.

Nach der Studie "Wie smart ist der Konsument?" der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik gfu sind derzeit rund 13 Prozent der deutschen Haushalte vernetzt. Diese Haushalte verfügen also über Produkte, die über Smartphone oder Tablet gesteuert werden. Tendenz steigend. Denn der Markt für "Smart Homes" bietet gute Aussichten. Eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Jahr 2011 in Auftrag gegebene Studie prognostiziert für das Jahr 2025 ein Marktvolumen in Deutschland von 20 Milliarden Euro für Smart-Home-Lösungen. In dieser Zahl sind Konsumgüter wie Smart-TV noch gar nicht enthalten.

Intelligent steuern - auch vom Auto aus

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In dem und mit dem intelligenten Haus ist so viel wie möglich vernetzt. Das steigert vor allem den persönlichen Komfort. Zum Beispiel hat der Autobauer Daimler Anfang des Jahres auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas gemeinsam mit dem US-Hersteller Nest Labs ein System für die Verknüpfung von Auto und Haus vorgestellt. Dabei wird ein Heizungsthermostat von einer App im Fahrzeug aus gesteuert. Das soll beispielweise die bedarfsgerechte Steuerung der Temperatur zu Hause oder im Büro bequem vom Auto aus ermöglichen.

Smart Homes versprechen auch Einsparungen bei den steigenden Energiekosten. Das soll zum Beispiel durch intelligente Messsysteme erreicht werden. Mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes des Jahres 2011 wurde die Voraussetzung für den Einsatz von Smart Meter in Deutschland geschaffen. Diese intelligenten Zähler mit Kommunikationseinrichtung ermöglichen Haushalten, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen die permanente Überwachung des eigenen Verbrauchs von Strom, Gas, Wasser und Wärme mittels realer Daten in Echtzeit. Die Zähler realisieren zudem ein Energiemanagement zwischen Energieverbrauchern und -erzeugern. Damit sind auch Bindeglied zu den Smart Grids, den intelligenten (Strom-)Netzen.

Auto lädt Haus

Smart Grid lautet auch das Schlagwort, das Automobil-Ingenieure und Entwickler in Zeiten der Elektromobilität umtreibt. Hauptelement ist dabei der Akku der Elektroautos, der nicht nur Energiespeicher, sondern auch Puffer im Stromnetz sein kann. Zum Beispiel sichert das Smart House von Nissan mit Solarzellen, Brennstoffzellen und den Batterien des Elektrofahrzeugs Leaf eine kontinuierliche Energieversorgung, die unabhängig von äußeren Bedingungen funktioniert und auch als Notstromaggregat bei einem Stromausfall genutzt werden kann. Wie das Eigenheim gleichzeitig zum effizienten Energielieferanten und zum intelligenten Energiemanager wird, zeigen mit dem Honda Smart Home System (HSHS) ausgestatte Häuser. Zentrale Aufgabe des HSHS ist es, die Erzeugung und den Verbrauch von Elektrizität und Wärme innerhalb des Hauses zu steuern. Auch Elektrofahrzeuge von Honda werden in dieses Konzept eingebunden. Bis 2018 soll noch mit mehreren Häusern getestet werden.

Ebenso arbeitet Toyota daran, Fahrzeuge mit Gebäuden zu verknüpfen. Toyota hat mit Ecoful Town dazu eigens ein Ausstellungsgelände errichtet und untersucht, wie die Smart-Haus-, Verkehrs- und Stadt-Infrastruktur beschaffen sein und miteinander kommunizieren müssen, um den CO2-Ausstoß bestmöglich zu reduzieren. Das Smart House ist mit einem Home Energy Management System (HEMS) ausgestattet, das den Strombedarf aus dem Netz, die Stromerzeugung einer Photovoltaikanlage sowie die Speicherung der Energie in der hauseigenen und der Fahrzeug-Batterie entsprechend regelt. Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV) und Elektrofahrzeuge (EV) bilden so integrale Bestandteile des Systems, und die Fahrzeugbatterien werden bei entsprechendem Bedarf als Stromquelle für elektrische Haushaltsgeräte genutzt.

Lesen Sie mehr zu den Themen Standardisierung und Angreifbarkeit von intelligenten Netzen auf Seite 2.

Offener Standard für das Smart Home

Soweit so gut. Doch es gibt auch Herausforderungen: Neben hohen Kosten sowie heterogenen und komplexen Produkt- und Bedienkonzepten sind es einheitliche Standards und Datensicherheit.

Für das Smart Home wollen zum Beispiel die Unternehmen ABB, Bosch, Cisco und LG eine Software-Plattform bereitstellen. Ziel ist eine offene Architektur für den Datenaustausch. Die Software-Plattform soll es ermöglichen, dass verschiedene Geräte und Dienste Informationen untereinander austauschen. Die neue Plattform soll eine Vielzahl von Services zusammenführen, zum Beispiel in den Bereichen Energiemanagement, Sicherheitstechnik und Komfort sowie Unterhaltungselektronik. Mit der Deutschen Normungs-Roadmap "Smart Home + Building" will die VDE|DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE die Normung im Bereich der intelligenten Heimvernetzung weiter voranbringen. Die Normungs-Roadmap gibt einen Überblick zum aktuellen Status und zu Trends, über die gültigen Normen und Standards und welche jetzt zu entwickeln sind.

Nahtlos vom E-Auto zum Smart Grid

Das Fraunhofer ESK hat sich hingegen mit der Integration des Elektroautos in das Smart Grid beschäftigt und eine Kommunikationsschnittstelle für ein einheitliches Energiemanagement entwickelt. Denn damit E-Autos beim Laden die Stromnetze nicht an ihre Belastungsgrenze bringen, müssen die Fahrzeuge nahtlos in dieses eingebunden werden. Auf der diesjährigen Hannover Messe zeigen die ESK-Forscher wie die Elektro-Tankstelle dazu mit den internationalen Standards ISO/IEC 15118 und IEC 61850 als interoperabler Knoten zwischen E-Fahrzeug und Leitstelle fungiert.

Die Integration von Auto und Netzwerk bedeutet neue Kommunikationsvorgänge - nicht nur innerhalb des Fahrzeugs zwischen einzelnen Komponenten, sondern auch zwischen dem Fahrzeug und bisher nicht zum Automobil-Ökosystem gehörenden Parteien, etwa Energie- oder Abrechnungsdienstleistern. Diese Kommunikationsprozesse beziehungsweise die neuen, kommunikationsorientierten Komponenten gilt es zu sichern und gegen Angriffe von außen zu schützen

Viele Gefahrenpotenziale sind noch völlig unbekannt

Doch das Bewusstsein für die Angreifbarkeit von intelligenten Netzen ist kaum vorhanden und Schutzmaßnahmen sind Mangelware, wie die Studie "Security & Safety in einer smarten Energiewelt", die der TÜV Süd im vergangenen Jahr zur Hannover Messe vorgestellt hat. Durch die zunehmende Ausstattung der Stromnetze mit Intelligenz und die Kommunikationsfähigkeit von Smart Grids erhöhe sich auch das Risiko für feindliche Angriffe. Durch solche Attacken könnten nicht nur Daten von Unternehmen und Verbrauchern ausspioniert, sondern auch gesamte Versorgungsinfrastrukturen lahmgelegt werden.

Der aktuelle Report "Internet-Sicherheit 2014" des Eco - Verbands der deutschen Internetwirtschaft kommt zu ähnlichen Ergebnissen beim Thema Sicherheit und Smart Home: So gaben rund 93 Prozent der befragten IT-Experten an, dass sich das Sicherheitsbewusstsein für das Thema Smart Home in Deutschland noch sehr stark entwickeln muss. Dr. Bettina Horster, Direktorin Mobile im Eco-Verband, erklärt: "Die intelligente Haussteuerung bietet unter anderem zahlreiche Schutzmaßnahmen gegen Einbrüche, eröffnet Hackern und Einbrechern aber gleichzeitig neue Angriffsmöglichkeiten - etwa durch elektronische Manipulationen oder Ausspähungen."

Sowie heute bereits Smartphones zu täglichen Begleitern geworden sind, werden Smart Homes und Cars schon in wenigen Jahren kaum noch wegzudenken sein. Umso wichtiger sind laut Eco-Verband daher eine frühzeitige Klärung zentraler Sicherheitsaspekte, eine Sensibilisierung der Nutzer sowie das Schaffen branchenübergreifender Standards.

Mit der zunehmenden Vernetzung und der Digitalisierung der Energiewelt beschäftigt sich auch das vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) organisierte Smart Grids Forum im Rahmen der diesjährigen Hannover Messe (07. bis 11. April 2014).

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