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16.04.2024 | Batterie | Im Fokus | Online-Artikel

So funktioniert die technische Umsetzung des EU-Batteriepasses

verfasst von: Christiane Köllner

6 Min. Lesedauer

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Der EU-Batteriepass soll für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit im Umgang mit Batterien sorgen. Jetzt wurde ein erster, technischer Leitfaden für das digitale Zertifikat veröffentlicht. Ein Überblick. 

Ab Februar 2027 benötigen alle neu in der Europäischen Union (EU) auf den Markt gebrachten Traktionsbatterien, Batterien von Zweirädern und Industriebatterien über 2 kWh Kapazität einen digitalen Batteriepass. Diese neue EU-Batterieverordnung betrifft auch LMT-Batterien (light means of transport), die in E-Bikes und E-Rollern verbaut sind. Der digitale EU-Batteriepass soll dazu beitragen, den gesamten Lebenszyklus einer Batterie zu dokumentieren, Umweltbelastungen zu reduzieren und die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Derjenige, der die Batterie in Umlauf bringt, muss gewährleisten, dass alle erforderlichen Batteriedaten in einem digitalen Verzeichnis festgehalten werden, das korrekt und aktuell ist. 

Um den Batteriepasses inhaltlich umzusetzen, hat das sogenannte Battery-Pass-Konsortium, ein Zusammenschluss aus elf internationalen Organisationen aus Industrie, Technologie und Wissenschaft, jetzt einen ersten technischen Leitfaden und Demonstrator für den EU-Batteriepass veröffentlicht. Zu den Mitgliedern des Konsortiums zählen unter anderem Audi, BMW, BASF, Twaice und der Elektrotechnik-Verband VDE.

Mehr Transparenz: Nachweis von Rohstoff-Herkunft bis Recycling

Der Batteriepass soll eine nahtlose Dokumentation des Batterielebens von der Rohstoffgewinnung und Produktion über die Nutzung bis zur Wiedernutzung und dem Recycling unterstützen, erklärt das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK), das zum Projektkonsortium gehört sowie die technischen, industrierelevanten Standards erarbeitet und in die europäische Standardisierung überführt. Dies beinhalte soziale, ökologische und ökonomische Informationen. Das digitale Zertifikat erfasse die Herkunft einer Batterie und protokolliere den relevanten Nutzungsverlauf. 

Dazu dokumentiert der Batteriepass "Daten, die die Nachhaltigkeit und Verantwortlichkeit der Lieferkette umfassend beschreiben – wie den CO2-Fußabdruck, Arbeitsbedingungen in der Rohstoffextraktion, Batterie-Materialien und -komponenten, enthaltene Gefahrenstoffe, Ressourceneffizienz, Leistung und Haltbarkeit, Bestimmung des Batteriezustands und weitere Informationen, u. a. zu Rezyklierbarkeit und Reparatur sowie zur Umsetzung dieser Schritte", heißt es vom Fraunhofer IPK weiter. Im Batteriepass enthaltene Demontageanleitungen sollen bei der Zweitverwertung der Batteriebestandteile unterstützen.

Erleichterung für Verbraucher und Kfz-Werkstätten

Konkret sollen die Daten Verbrauchern beim E-Auto-Kauf helfen und zum Beispiel Kfz-Werkstätten, Second-Life-Betreibern oder Recyclern aktuelle Informationen für ihren Umgang mit Akkus und spezifischen Akteuren maßgeschneiderte Informationen liefern. Dies soll nach dem Need-to-know-Prinzip funktionieren, also jeder kann nur die Daten einsehen, die er für seine Arbeitsschritte unmittelbar braucht. 

Letztlich soll der Batteriepass nachhaltige Geschäftsmodelle fördern. "Durch die Bereitstellung von verifizierten und verifizierbaren Informationen kann er Transparenz schaffen, 'Second Life'-Anwendungen unterstützen oder die Verarbeitung bei Recyclingbetreibern optimieren. Er unterstützt damit den Aufbau von nachhaltigen Geschäftsmodellen entlang der Batterie-Wertschöpfungskette unter Einhaltung relevanter Nachhaltigkeits- und Ethikkriterien. Man möchte auf diesem Weg beispielsweise Kinderarbeit oder Umweltverschmutzung in Rohstoff produzierenden Ländern verringern und den Überblick über den Export von Altbatterien behalten", sagt Professor Thomas Knothe, Wissenschaftler am Fraunhofer IPK. Damit die Hersteller von Batterien und Importeure den Batteriepass 2027 vorlegen können, müssen alle erforderlichen Grundlagen, technischen Spezifikationen und Testsysteme bis Ende 2025 fertiggestellt sein.

Daten sind dezentral organisiert

Umgesetzt wird der Batteriepass in Form eines Softwaresystems, in dem sämtliche Daten in verteilten Data Spaces gespeichert und dezentral verantwortet sind. "Bestimmte Funktionalitäten, wie die zentrale Registrierung der Pässe sowie ein sogenanntes 'Data Portal', durch das die aggregierte Einsicht in eine Mehrzahl von Batteriepässen möglich werden soll, verantwortet die Europäische Kommission", erklärt das Fraunhofer IPK. Einzelne Datenelemente sollen ausschließlich für Datensysteme nationaler Autoritäten bereitgestellt werden, beispielsweise für Marktkonformitätsprüfung. Die restliche Verwaltung der Daten obliege dem Hersteller. Ändern sich Batteriedaten, müsse dies im Pass aktualisiert werden. "Jeder Hersteller muss einen Drittanbieter benennen, sodass im Falle einer Insolvenz ein Back-up der Daten gewährleistet ist. Die erforderlichen Schnittstellen, Zugriffsrechte und Funktionen müssen im Softwaresystem implementiert sein", so das Fraunhofer IPK weiter. 

Um dies zu gewährleisten, werden im Batteriepass-Konsortium zahlreiche Fragen geklärt: 

  • Welche Batteriedaten werden künftig benötigt? 
  • Wie und von wem sind sie wann und wo zu speichern? 
  • Wer kann wie auf die Daten zugreifen? 
  • Wie wird die Sicherheit des Datenzugriffes gewährleistet? 
  • Wie können Lösungen bestehende, aber auch neue Systeme integrieren?

Das Batteriepass-Konsortium schlägt dafür bestehende und neu zu erarbeitende technische Standards vor und veranschaulicht deren integrative Anwendung anhand eines Software-Demonstrators. "Eine Herausforderung beim Realisieren der Spezifikationen ist die Interoperabilität", sagt Knothe. Beispielsweise müsse das Softwaresystem möglichst viele verschiedene Data Carrier unterstützen, die vergleichbar einem Barcode oder einem QR-Code Informationen zum Produkt liefern. Gleiches gelte für die sogenannten Unique Identifier, sprich Identifikationssysteme, die wie eine Ausweisnummer ein Produkt eindeutig zuordnen. Darüber hinaus müsse das System unterschiedliche Regeln der Länder abbilden können und kompatibel zu zahlreichen Datenmanagementtechnologien und Plattformen sein. Auch die Datenanforderungen verschiedener Branchen seien zu berücksichtigen, da der Batteriepass die Grundlage für weitere Pässe schafft. "Ein solches System ist zu komplex, um von einem einzelnen Unternehmen oder selbst einem Konsortium getrieben zu werden. Deshalb haben wir bei Battery Pass schon frühzeitig eine größere Community von Partnern und Unterstützern in die Projektaktivitäten einbezogen. Das gibt dem System zugleich den nötigen Rückenwind, um im praktischen Einsatz breite Akzeptanz zu finden", sagt Knothe.

Batteriepässe könnten Kosten reduzieren

Eine erste Analyse und Bewertung des Batteriepasses hat die Studie "The Value of the EU Battery Passport" vorgenommen, die vom Battery-Pass-Konsortium mit Kofinanzierung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) entwickelt wurde. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:

  • Batteriepässe könnten in Zukunft Kosten für technische Tests bei Batteriewiederaufbereitern um ~2 bis 10 %, und die Vorverarbeitungs- und Aufbereitungskosten bei Recyclern um 10 bis 20 % verringern. Zudem könnten die Verwertungsquoten um 1 bis 2 % verbessert und jährlich durch die verlängerte Lebensdauer von Batterien in der EU ~ 370 bis 1.300 kt CO2 eingespart werden.
  • Politische Entscheidungsträger würden eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung der Vorteile von Batteriepässen spielen, indem sie effiziente regulatorische Bedingungen schaffen, so die Studie. Diese könnten wiederum die Kosten für betroffene Unternehmen minimieren und kleine und mittlere Unternehmen unterstützen. Durch die Einführung von Batteriepässen könnten bei der Abmeldung von Fahrzeugen und bei Exportverfahren potenziell etwa 5 bis 20 % der Nachfrage für Batterieaktivmaterial der für 2045 prognostizierten Batterien für Elektrofahrzeuge in Europa erschlossen werden.
  • Verbraucher könnten der Studie zufolge von den Batteriepässen profitieren, indem sie in die Lage versetzt werden, beim Kauf oder Verkauf von Batterien besser informierte Entscheidungen zu treffen – vorausgesetzt, es werden wirksame Kommunikationsstrategien umgesetzt.

Unterstützung für andere Industriezweige

Der Batteriepass ist der erste digitale Produktpass, der auf europäischer Ebene eingeführt wird. Nach Angaben von Fraunhofer-Experte Knothe soll der Batteriepass den Weg für weitere Produktpässe ebnen, die in den nächsten drei bis zehn Jahren Realität werden sollen. "Er fungiert als Pilot – weitere Pässe etwa zu Textilien, Elektronik und Baumaterialien sind in Planung, um den Datenaustausch in der Liefer- und Wertschöpfungskette und die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards zu garantieren", so der Forscher. Beim Batteriepass handele sich um "eine wichtige Pilotanwendung für digitale Produktpässe allgemein, die in Zukunft auch auf andere Branchen ausgeweitet und an Bedeutung gewinnen wird".

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