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27.05.2014 | Motorentechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Die letzte Chance für den Zweitaktmotor

verfasst von: Andreas Burkert

4 Min. Lesedauer

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Den Zweitaktmotor kennt man vor allem von knatternden Mopeds. Sie verpesten in manchen Städten die Luft so stark, dass der Gesetzgeber erste Verbote ausspricht. Gelingt es aber, die Emissionen von Zweitaktmotoren zu reduzieren, könnte der Motor als Range Extender in Elektroautos zum Einsatz kommen.

Von wegen klein und sauber. Mopeds mit Zweitaktmotoren verschmutzen die Luft in manchen Städten stärker als Autos. In vielen Städten Asiens, Afrikas und Südeuropas sind diese Fahrzeuge mittlerweile die größte Quelle für Feinstaub und andere Luftschadstoffe. Das zeigt die Studie eines international zusammengesetzten Forscherteams unter der Leitung von Forschenden des Paul Scherrer Instituts PSI. Die Analysten bemängeln die derzeit noch immer schlecht ablaufende Verbrennung sowie die bisher noch zu milden Emissionsvorschriften für die kleinen Zweiräder. Dabei könnte der Zweitaktmotor künftig für emissionsarme Fahrzeuge eine herausragende Rolle spielen.

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So bringt beispielsweise Helmut Tschöke den Zweitakter als geeigneten verbrennungsmotorischen Reichweitenverlängerer (Range Extender) für batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge ins Spiel. In seinem Artikel "Range Extender - Definition, Anforderungen, Lösungsmöglichkeiten" aus der MTZ 6-2012 schreibt er: "Der Zweitakt-Ottomotor besticht durch seine einfache und leichte Bauweise mit wenigen Bauteilen. Durch die doppelte Frequenz der Arbeitsspiele ergibt sich in der Praxis eine um etwa 50 Prozent höhere Leistungsabgabe bei gleichem Hubvolumen und eine geringere Ungleichförmigkeit bei gleicher Zylinderzahl".

Gravierende Nachteile bezüglich HC-Emissionen

Doch Tschöke weiß auch, dass vor allem die Emissionen des Motors Probleme bereiten. So weist der Zweitaktmotor mit einfacher Kurbelkastenspülung und äußerer Gemischbildung gravierende Nachteile bezüglich HC-Emissionen, Verbrauch und Schmierung auf. "Durch den stationären Ein- oder Zweipunktbetrieb lassen sich die spülungsbedingten Probleme der Emissionen und des Verbrauchs zwar deutlich verringern, aber nicht beseitigen", erklärt Tschöke. Unter anderem können die Stickoxidemissionen durch den Restgasgehalt, gesteuert über die Spülung, stark reduziert werden.

Für Mopeds Zweitaktmotoren wäre das eine gute Nachricht. Denn schon seit einigen Jahren stehen die von strengen Emissionsvorschriften verschonten Zweiräder im Verdacht, einen erheblichen Anteil an der Luftverschmutzung in vielen Städten zu haben. Erst jetzt aber hat ein international zusammengesetztes Forscherteam unter der Leitung des Paul Scherrer Instituts diesen Verdacht mit neuartigen Messmethoden untermauert.

Sekundäre organische Aerosole belasten die Luft

Die Wissenschaftler verwendeten eine am PSI entwickelte Smogkammer, um den Ausstoß von organischen Aerosolen und aromatischen Kohlenwasserstoffen aus den Mopeds im Labor und in Standard-Fahrzyklen zu messen. Organische Aerosole sind kleine Partikel, die in der Luft schweben. Sie machen einen großen Teil des Feinstaubs aus dem Verkehr aus. Aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz Aromaten) können hingegen, nachdem sie als gasförmige Stoffe emittiert werden, durch chemische Reaktionen in der Atmosphäre teilweise ebenfalls zu sogenannten sekundären organischen Aerosolen und somit zu Feinstaub umgewandelt werden. In der Tat machen solche sekundäre organische Aerosole den Großteil des Feinstaubs in der Atmosphäre aus. Einige Aromaten sind auch in ihrer ursprünglichen Form als Gas gesundheitsschädigend, so etwa Benzol, das dem Benzin beigemischt ist und krebserregend wirkt.

Die neue Studie zeigt zudem, dass bei der Umwandlung der Abgase der Zweitakt-Mopeds auch andere bedenkliche Produkte entstehen. Durch chemische Analysen fanden die Wissenschaftler nämlich heraus, dass bei der Umwandlung der Aromaten aus dem Abgas der Mopeds in Aerosole ebenfalls schädliche reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden, die in die Lunge gelangen können.

Ab 2017 gelten für kleine Mopeds niedrigere Emissionsgrenzen

Laut dem PSI bekräftigen Feldmessungen in China das Bild der großen Schadstoffschleudern auf zwei Rädern. Vor dem Hintergrund, dass jedes Jahr Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung sterben, ist es verständlich, dass der Gesetzgeber immer öfter Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung trifft. Mit Erfolg: In der Stadt Guangzhou sind die Konzentrationen von aromatischen Kohlenwasserstoffen in der Luft nach dem Verbot von Zweitakt-Mopeds im Jahr 2005 um mehr als 80 Prozent gefallen. Nur 60 Kilometer weiter, im vergleichsweise verkehrsberuhigten Dongguan, misst man heute höhere Aromaten-Konzentrationen als in Guangzhou.

Auch in südeuropäischen Städten, schreiben die Autoren der Studie, könnte die Konzentration bestimmter Luftschadstoffe deutlich gesenkt werden, wenn man Zweitakt-Mopeds allmählich aus dem Verkehr ziehen würde. Die auch in der Schweiz gültige EU-Emissionsvorschrift für Zweitakt-Mopeds (Euro 2) stammt aus dem Jahr 2002. Für Autos gelten mit inzwischen Euro 5 deutliche strengere Regularien. Ab 2017 will die EU deshalb auch für kleine Mopeds niedrigere Emissionsgrenzen einführen. Darüber hinaus sind umweltfreundlichere Alternativen wie elektrisch betriebene Mopeds, bei denen auch der Lärm wegfällt, bereits am Markt vorhanden. Auch mit Viertaktmotoren ausgestattete Mopeds wären, wenngleich nicht ganz unbedenklich, besser als die Zweitakter.

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Quelle:
Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik

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