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03.09.2014 | Media Relations | Schwerpunkt | Online-Artikel

Versicherer starten PR-Offensive

verfasst von: Andrea Amerland

3 Min. Lesedauer

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Mit einem großen PR-Rudel will der Gesamtverband der Deutschen Versicherungs-Wirtschaft aktives Themenmanagement betreiben. Das wirft Fragen auf. Ein Kommentar von Andrea Amerland.

Eigentlich klingt die Meldung ganz harmlos. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) will seine Pressearbeit neu organisieren. So verkündet er es seinen rund 500 Mitgliedern. Die künftige Zahl der Mitarbeiter lässt dann schon ein wenig aufhorchen. 26 Personen sollen in der Abteilung Kommunikation arbeiten, aufgeteilt in einen Newsdesk und eine Abteilung Inhalte. Das sind weit mehr Mitarbeiter als in vielen Redaktionen arbeiten. Dass Jörn Paterak, ehemaliger Financial-Times-Redakteur, Chef des Newsrooms ist, wird allerdings schnell zu einer Randnotiz. Nicht nur, weil der Wechsel vom Journalismus in die Public Relations nicht ungewöhnlich ist, sondern weil das Projekt vielsagend „Freiräume“ heißt und die „Süddeutsche“ folgendes berichtet:

Aktives Themenmanagement statt Skandaljournalismus

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Die deutschen Versicherer wollen die Pressearbeit des Verbandes neu justieren, um Tageszeitungen selbst mit Texten beliefern zu können. Das Ziel: Dem „Empörungsjournalismus“ und der „medialen Skandalisierung“ der Branche die Zähne zeigen, zitiert die Zeitung aus einem internen Dokument des GDV. Und weiter: "Wir wollen raus aus der Defensive und Freiräume schaffen, für ein aktives Themenmanagement und 'gute' Geschichten aus unserer Branche“.

In der Tat gehört die Versicherungswirtschaft neben Banken und Energieunternehmen zu den Branchen, die den Deutschen am wenigstens vertrauen. Das zeigt der GPRA-Vertrauensindex immer wieder. Aber das schlechte Image hat nicht allein mit der medialen Berichterstattung zu tun, sondern auch mit mangelnder Transparenz. Oder haben Sie das Gefühl, Renten- und Lebensversicherungsprodukte richtig durchschaut und deren Nutzen verstanden zu haben? Für Versicherer ist die Kundenkommunikation der Knackpunkt. Studien belegen immer wieder, dass Versicherungsunterlagen zu lang, zu komplex und nur schwer verständlich sind. Das gilt auch für die Produktinformationen von Banken und die Pressemitteilungen aus der Unterhaltungsindustrie.

Media Relations und Vertrauen aufbauen

Ob die GDV-Strategie aufgeht, hängt nicht nur von den Journalisten und ihren immer geringer werdenden Ressourcen ab. Auch die Geschichten, die der GDV liefert, müssen überhaupt zur Berichterstattung taugen. Ein Modell, bei dem ein Verband allein Texte aussendet, aber keine Beziehungspflege zu Journalisten betreibt, hat nur dann Erfolg, wenn die bereit gestellten Informationen Journalisten unterstützen. "Neben textlichen Basisinformationen zum Unternehmen (facts & figures ) empfiehlt es sich besonders solches Material zu erstellen und vorzuhalten, dass Journalisten bei Recherchen rund um Produkte und Märkte des Unternehmens gut verwenden können", schreibt dazu Springer-Autor Thomas Becker im Buchkapitel "Medienmanagement im Marketing-Mix". Auch kostenlose Bilddatenbanken werden in Zeiten knapper Budgets sicher gut ankommen (Seite 95).

Aber Vertrauen muss sich die Versicherungsbranche erst einmal verdienen – bei Journalisten und Konsumenten. Das so genannte Sozialkapital (Vertrauen, guter Ruf) entstehe vor allem durch "dialogische Formen, offenes Kommunikationsverhalten, kurz Transparenz und die Fähigkeit zu selbstkritischer Betrachtung und zur Revision von (als faktisch erkanntem) Verhalten. Der Dialog folgt hier nicht seinem Selbstzweck, sondern ist der Türöffner für die Korrektur eigenen Verhaltens durch die Auseinandersetzung mit Gegenpositionen und der Fremdwahrnehmung, die man erzeugt hat“, ist sich Susanne Femers im Buchkapitel "Vertrauen oder von der Kunst, Pferden etwas einzuflüstern" sicher (Seite 47).

Mit netten Geschichten allein ist es also nicht getan. Denn schließlich ging es beim Ergo-Lustreisen-Skandal oder der Debeka-Korruption-Affaire um echte Skandale und nicht um aufgebauschte mediale Aufreger. Aber vielleicht helfen zur Abwechslung echte Reue, Problembewusstsein und Offenheit?

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