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01.09.2014 | Media Relations | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wissenschaftler brauchen keinen Pressesprecher, oder?

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

3:30 Min. Lesedauer

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Das Interesse der Deutschen an Wissenschaft ist groß. Aber Wissenschaftlern fällt es schwer, ihre komplexen Themen verständlich zu vermitteln. Dabei brauchen sie Öffentlichkeit, um Forschungs- und Steuergelder einzuwerben.

Onur Güntürkün ist Biopsychologe und weiß, die kognitiven Geschlechtsunterschiede beim Menschen sind offenbar wesentlich kleiner als traditionell angenommen. Mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten über die Zusammenhänge zwischen "Gehirn und Geschlecht" gehört der national und international ausgezeichnete Professor der Bochumer Ruhr-Universität zu den Spitzenforschern im Land. Sein Thema ist komplex, lässt sich aber erklären.

Forschung muss nicht schwer sein

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Dass Laien Güntürküns Forschungen verstehen und jetzt wissen, warum Frauen und Männer gar nicht so viel anders Denken als alle dachten und was das ganze mit Autofahren und Einparken zu tun hat, ist einer zweiten, ebenfalls ausgezeichneten Leidenschaft des Wissenschaftlers zu verdanken. Anfang Juli erhielt Güntürkün den seit 14 Jahren jährlich ausgelobten Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) für "sprachmächtige" und allgemein verständliche Vermittlung seiner wissenschaftlichen Arbeit in Öffentlichkeit und Medien.

Die Deutschen wollen Wissen

Das Interesse der Deutschen an Wissenschaft ist groß. Das belegen die Zahlen der im vergangenen Jahr von der Europäischen Kommission erhobenen Umfrage "Verantwortliche Forschung und Innovation, Wissenschaft und Technologie" (Spezial-Eurobarometer 401). Demnach sind 54 Prozent der Deutschen an Wissenschaft und Technik interessiert, informiert fühlen sich 40 Prozent. Eine öffentliche Diskussion über Forschung und Technik fordern 66 Prozent der Deutschen. Außerdem gaben 51 Prozent der Befragten an, sich zu wissenschaftlichen Entwicklungen über die Zeitung zu informieren. Soziale Netzwerke und Blogs spielen mit zehn Prozent für den wissenschaftlich interessierten Nutzer noch eine untergeordnete Rolle.

Allgemeine Trends der Kommunikationsbranche offenbart der aktuelle European Communication Monitor. Bei Presseverantwortlichen liegen die Präferenzen für Social-Media mit 24 Prozent und die Face-to-Face-Kommunikation mit 23,5 Prozent bereits gleich auf. Kann Wissenschaft sich also in absehbarer Zeit selbst kommunizieren?

Warum die Wissenschaft Öffentlichkeit braucht und umgekehrt

Die Wissenschaft steht unter Legitimationsdruck. Forschungsmittel müssen bewilligt und als Steuergelder gerechtfertigt werden. Unter dem Eindruck von Atomwaffen, Klimakatastrophen, kontrovers diskutierten Forschungen wie der Präimplantationsdiagnostik oder der Angst vor Pandemien, fordert die Bevölkerung Auskunft auf Augenhöhe. Forschungsinstitute haben erkannt, dass die traditionellen Elfenbeintürme durch moderne Glasbauten zu ersetzen sind. Springer-Autor Karl-Ulrich Mayer fordert in seinem Buchkapitel "Einstein brauchte keinen Pressesprecher. Die heutige Wissenschaft dagegen ist auf professionelle Medienarbeit angewiesen" Wissenschaftskommunikatoren dazu auf, der Öffentlichkeit beim Einordnen und Überprüfen von Forschungsergebnissen zu helfen (Seite 24). Wer aber sind die "Brückenbauer" zwischen Forschung und Publikum und was sind ihre Aufgaben?

Wissenschaftskommunikation, eine gemeinsame Sache

  • Bloggende Wissenschaftler machen sich den digitalen Wandel bereits zu Nutze und treten mit der Öffentlichkeit über die sozialen Netzwerke in Kontakt. "Hier zählen Authentizität, Offenheit und Transparenz, hier wird nur der Wissenschaftler akzeptiert, der tatsächlich in einen Dialog mit dem Bürger eintreten will", schreibt Springer-Autorin Felicitas von Aretin in ihrem Buchkapitel "Die andere Seite des Schreibtisches. Zum Verhältnis von Wissenschaftskommunikatoren zu Wissenschaftsjournalisten" (Seite 234).
  • Materiell und personell professionalisierte Presseabteilungen fordert Felicitas von Aretin auf, sich als "Informationsbroker" zu verstehen. "Grundbedingung eines erfolgreichen Arbeitens ist, dass Mitarbeiter der Pressestelle auf die unterschiedlichen Wünsche von Journalisten adäquat, schnell und gelassen reagieren können" (Seite 233).
  • Wissenschaftsjournalisten haben die komplexe Aufgabe, sich vom vorgefertigten Pressematerial zu lösen und sich dem Aufwand von Recherche, Meinungsbildung und Forschungskritik zu stellen. Springer-Autor Christoph Drösser fordert in seinem Buchkapitel "Neue Aufgaben für alte Medien" mehr Storytelling vom Wissenschaftsjournalismus. Es gehe darum sich auf die Tugend des Erzählens zu besinnen und so aus Fakten Geschichten zu entwickeln. Der Journalist soll "Experte genug sein, um zumindest die Grundzüge dessen zu verstehen, was der Forscher tut, und trotzdem genug Abstand haben, um mit dem Mut zur Verkürzung diese Arbeit zu bewerten" (Seite 220)

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