2012 | OriginalPaper | Chapter
4. Teil, Überlegungen zu einer Prinzipienlehre des pluralistischen Verfassungsrechts jenseits des Staates
Author : Dr. Thomas Kleinlein
Published in: Konstitutionalisierung im Völkerrecht
Publisher: Springer Berlin Heidelberg
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Die Herausforderung für die allgemeine Dogmatik des Völkerrechts, die sich nach den bisherigen Betrachtungen stellt, ist eine vierfache. Zunächst richtet sich an die völkerrechtliche Quellenlehre das Desiderat, die vielfältigen argumentativen Prozesse zu integrieren, die in internationalen Foren stattfinden. Zweitens muss die Quellenlehre berücksichtigen, dass die Bedeutung der Reziprozität als Triebkraft der Normentstehung und -verwirklichung im Völkerrecht dort begrenzt ist, wo sich Interessen nicht unmittelbar einzelnen Staaten zuordnen lassen. Deshalb taugt das Reziprozitätsprinzip nur bedingt als soziologisches Erklärungsmuster für die Wirkungsweise völkerrechtlicher Normen mit materiell verfassungsrechtlicher Qualität. Darin liegt zunächst ein Schwachpunkt in der Konstitutionalisierungsthese: Sie verfehlt, wenn sie nicht mit Zurückhaltung entwickelt wird, die defizitäre institutionelle Struktur der Völkerrechtsordnung, in der Gemeinschaftsinteressen nur unzureichend verkörpert und ungeschriebene Normen über die innerstaatliche Regierungsführung selten effektiv sind.