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17-12-2015 | Automobil + Motoren | Nachricht | Article

ZDF Frontal 21: Auffällige Abgaswerte auch bei Daimler und BMW

Author: Christiane Brünglinghaus

6:30 min reading time

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Das ZDF-Magazin "Frontal 21" hat erhöhte NOx-Emissionen nicht nur bei Volkswagen, sondern auch bei Daimler und BMW festgestellt. Daimler und BMW weisen die Vorwürfe zurück und dementieren die Verwendung von illegalen Abschalteinrichtungen.

In einer Stichprobe hat das ZDF einen Mercedes C200 CDI, einen BMW 320d und einen VW Passat 2.0 TDI Blue Motion untersuchen lassen. Bei gleicher Fahrweise auf der Straße sollen sie viel mehr Stickoxide ausstoßen als bei demselben Fahrzyklus im offiziellen Labortest. Das würden Messungen der Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule im Auftrag des ZDF zeigen, wie das ZDF-Magazin "Frontal 21" in seiner Sendung vom 15. Dezember 2015 berichtet.

"Die Messresultate zeigen, dass die Fahrzeuge sich auf dem Rollenprüfstand anders verhalten, als wenn sie auf der Straße betrieben sind", so das Fazit der Schweizer Abgasprüfstelle an der Berner Fachhochschule. Der stellvertretende Leiter der Prüfstelle, Pierre Comte, erklärte gegenüber dem ZDF, dass eigentlich bei gleicher Fahrweise wie im Labor auch auf der Straße ähnliche Ergebnisse zu erwarten seien. Die festgestellten hohen Abweichungen müssten von den Autoherstellern erklärt werden, so das ZDF in einer Pressemitteilung vom 15. Dezember 2015.

NOx-Emissionen: Mehrfaches des Laborwertes gemessen

Die Schweizer Abgasprüfstelle hat im Auftrag des ZDF drei Autos getestet: einen Mercedes C200 CDI Blue Efficiency (Erstzulassung 2011), einen BMW 320d (Erstzulassung 2009) und einen VW Passat 2.0 TDI Blue Motion (Erstzulassung 2011). Der VW Passat habe nach Auskunft des Herstellers eine illegale Abschaltsoftware verbaut, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf optimiert.

Alle drei Autos hätten auf der Straße ein Mehrfaches der NOx-Emissionen erzeugt, die im Labor entstanden waren, bei gleicher Fahrweise und vergleichbarer Fahrbedingungen.

Alle drei Autos erfüllten bei dem offiziellen Abgas-Labortest in der Schweizer Prüfstelle die Abgasnorm Euro 5, die bei Stickoxiden NOx einen Grenzwert von 180 mg/km vorschreibt. Im Labortest wurde auf der Prüfstandrolle der gesetzlich vorgeschriebene Neue Europäische Fahrzyklus NEFZ gefahren und dabei die Abgasemissionen gemessen. Der BMW 320d und der Mercedes C200 CDI sollen dabei jeweils 154 mg/km NOx ausgestoßen, der VW Passat 127 mg/km. Alle drei Autos erfüllten damit die gesetzliche Norm.

Später fuhr derselbe Prüfstandfahrer der Schweizer Abgasprüfstelle mehrfach denselben computerunterstützen Fahrzyklus NEFZ auf einem stillgelegten Flughafengelände und mit Begleitung durch ein Sicherungsfahrzeug auf einem verkehrsarmen Autobahnteilstück. Die Abgasemissionen wurden dabei - anders als im Labor - mit einem mobilen Messgerät, einem sogenannten PEMS ermittelt.

Nach Abzug der höchsten Messabweichungen zwischen Labormessgerät und PEMS habe der NOx-Wert für den BMW 320d beim NEFZ auf der Straße bei 428 mg/km gelegen, das 2,8-fache des Laborwerts. Der Mercedes C200 CDI soll bei dem NEFZ auf der Straße auf 420 mg/km NOx, das 2,7-fache des Laborwerts gekommen sein, wiederum nach Abzug der höchsten Messabweichung zwischen PEMS und Labormessgerät. Der VW Passat habe nach Abzug der höchsten Abweichung 471 mg/km NOx ausgestoßen, das 3,7-fache des Laborwerts.

Experten: "Erklärungsbedürftig"

"Bei gleicher Fahrweise, also bei gleichen Leistungsanforderung wie im Labor, müssten eigentlich ähnliche Abgaswerte herauskommen", erklärt Axel Friedrich, Beamter des Umweltbundesamtes im Ruhestand, gegenüber "Frontal 21" und sagt: "Diese hohen Abweichungen sind physikalisch-chemisch nicht zu erklären".

"Frontal 21" hat die Autobauer um Erklärung gebeten. BMW, VW und Mercedes hätten den Testaufbau kritisiert und würden die Messergebnisse im Labor und auf der Straße für nicht vergleichbar halten. BMW bemängelte die "eklatanten Defizite im Versuchsaufbau und bei der Auswertung der Messerergebnisse", wie aus einem BMW-Schreiben an die Redaktion von Frontal 21 hervorgeht und Springer für Professionals vorliegt. Demnach habe die Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule unter anderem die Abweichung des PEMS-Messgeräts in Höhe von 24 Prozent nicht berücksichtigt und die in der Untersuchung gemessenen Emissionswerte daher nur als unbereinigte Roh-Messewerte in ihrer Darstellung im Prüfbericht zum BMW 320d (Seite 7, Fig. 4b) angegeben. Im Prüfbericht wird der NEFZ-Straßenwert mit 563 mg/km angeführt. Der NEFZ-Straßenwert liege aber tatsächlich - wie oben vom ZDF in der Pressemitteilung angegeben - bei 428mg/km NOx, (entspricht 563 mg/km abzüglich 24 Prozent Messabweichung).

Ferner existieren Abweichungen von Emissionswerten zwischen Labor- und Straßenbetrieb aus physikalischen Gründen. Laut Daimler könne es durch unterschiedliche Temperaturverhältnisse, Fahrzeuglasten und Nebenverbraucher zu entsprechenden Abweichungen kommen. BMW begründet höhere NOx-Emissionen mit "anderen Umweltbedingungen, wie zum Beispiel Temperaturen, Seitenwind, aber auch andere Lasten durch Steigungen oder unterschiedliche Beschleunigungen". Auch VW weist darauf hin, dass auf der Straße andere Bedingungen herrschten als im Labor, etwa "Luftdruckveränderungen, Wetterverhältnisse oder unterschiedliche Fahrbahnbeschaffenheit". Auf die Frage, inwiefern die Abschaltsoftware für die hohe Abweichung verantwortlich sei, habe VW keine eindeutige Antwort gegeben.

"Unterschiede bei den NOx-Werten würde ich erwarten", sagt Professor Kai Borgeest vom Zentrum für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren der Universität Aschaffenburg, "aber eben nicht in der Größenordnung". Borgeest wörtlich: "Technisch ist denkbar, dass auch die anderen Hersteller, die getestet wurden, Abschaltvorrichtungen in unterschiedlicher Art und Weise verwendet haben - sprich Funktionen der Software, die den Zyklus erkennen. Das wäre dann illegal."

Daimler und BMW weisen Vorwürfe zurück

"Bei der BMW Group wird nicht manipuliert", stellt BMW gegenüber "Frontal 21" klar. "In unseren Automobilen sind keine illegalen Einrichtungen verbaut. Das Emissionsverhalten differenziert nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand oder auf der Straße befindet. Anders lautenden Spekulationen widersprechen wir in aller Deutlichkeit. Unsere Abgas-Systeme sind sowohl auf dem Prüfstand wie auch auf der Straße aktiv", erklärt ein BMW-Sprecher.

Daimler stellt in seiner Antwort an "Frontal 21" fest, dass ein "Defeat Device, sprich eine Funktion, die die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlung unzulässig einschränkt, bei Mercedes nicht zum Einsatz" komme. Auch verfügten Mercedes-Benz-Fahrzeuge über keine Funktion, die automatisch erkennt, dass sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens vom 16. Dezember 2015.

Das Bundesverkehrsministerium wollte auf Nachfrage von "Frontal 21" zu den Ergebnissen der Abgasmessungen keine Stellung nehmen, wie das ZDF erklärt.

Auch DUH stellt erhöhte NOx-Emissionen beim Mercedes C 200 CDI fest

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat die Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule in der Schweiz beauftragt, die Stickoxid (NOx)-Emissionen des Mercedes C 200 CDI (Euro 5, EZ 2011, 66.560 km Laufleistung) zu untersuchen. Dabei seien auf dem Rollenprüfstand erhöhte Stickoxid-Emissionen festgestellt worden. Die festgestellten Abweichungen zeigen ähnliche Abweichungen wie die Straßenmessungen der frontal21-Redaktion, so die DUH.

So habe das Fahrzeug die NOx-Grenzwerte mit 149 mg NOx/km eingehalten, wenn das Fahrzeug am Vortag entsprechend konditioniert wurde. Zwei weitere NEFZ-Zyklen mit warmem Motor hätten hingegen mehr als doppelt so hohe Werte mit 337 und 352 mg NOx/km ergeben. Um dieses "ungewöhnliche Verhalten" näher zu analysieren, seien schließlich zwei NEFZ-Zyklen (kalt/warm) unmittelbar hintereinander durchgeführt worden. Die Messungen zeigten während der Dauer des ersten NEFZ (kalt) ein regelkonformes Emissionsverhalten. Bei der unmittelbaren Wiederholung des NEFZ stiegen die kumulierten NOx-Emissionen erneut um mehr als das Doppelte an, berichtet die DUH. Mängel des getesteten Fahrzeugs seien nicht bekannt.

Hier finden Sie die Prüfberichte zum BMW 320d, zum Mercedes C200 CDI und zum VW Passat 2.0 TDI, die von frontal 21 (ZDF) in Auftrag gegeben wurden. Hier finden Sie zudem den von der DUH beauftragten Prüfbericht zu NOx-Messungen an einem Mercedes-Benz C 200 CDI.

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