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20-03-2015 | Automobil + Motoren | Nachricht | Article

Verkehrsminister Hermann: "Nicht einen Hype nach dem anderen produzieren"

Author: Markus Bereszewski

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Vernetzung, automatisiertes Fahren und Elektromobilität stehen im Mittelpunkt des diesjährigen Technik-Kongresses des VDA. Dieser bietet traditionell auch die Chance, Forderungen an die Regierung zu stellen. Doch in diesem Jahr dreht die Politik den Spieß um und kritisiert die Autoindustrie.

"Deutschland ist der Leitanbieter für Elektromobilität und die deutsche Automobilindustrie steht an der Spitze im internationalen Innovationszyklus", stellt Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) fest. 17 elektrifizierte Modelle haben deutsche Anbieter bereits im Markt, bis Ende des Jahres sollen es dann 29 sein. Somit sei eins von zwei Zielen erreicht, die vor 5 Jahren von der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) formuliert wurden. Leitmarkt zu werden, so das zweite Ziel, sei Deutschland noch nicht gelungen. Dazu bedarf es weiterer Anstrengungen und auch der Unterstützung durch die Regierungen. Wissmann mahnt "eine kluge Politik" an. Konkret meint er damit rechtliche Rahmenbedingungen, die "stimmen müssten" sowie Vorgaben für die notwendige digitale Infrastruktur und die Nutzung und den Austausch von Daten sowie „realistische Grenzwerte“. Als Absatz fördernde Maßnahme fordert er im Einklang mit dem Vorschlag der NPE die 50-Prozent-Abschreibung auf gewerbliche Elektrofahrzeuge im ersten Jahr. Diese könnte "einen Schub bei den Firmenflotten auslösen", so der Verbandspräsident. Die Mindereinnahmen des Staates bezifferte er dabei im ersten Jahr auf rund 30 Millionen, im zweiten und dritten Jahr auf etwa 200 Millionen Euro.

Winfried Hermann, Minister für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg, hält die Idee der Sonderabschreibung für eine "gute Hilfe zur Nachfragegenerierung" und daher für unterstützungswürdig. Er stellt sich damit neben Bayern und Hessen, das derzeit eine diesbezügliche Bundesratsinitiative vorbereitet. Doch Herrmann formuliert auf dem Kongress auch deutliche Kritik. Das Ziel müsse "eine dauerhafte Mobilität sein, die die Umwelt möglichst wenig belastet" und davon sei man noch zu weit entfernt, beispielsweise in Bezug auf die Partikelemissionen. Beim zentralen Thema autonomes Fahren mahnt er die Industrie, "nicht zu viel auf einmal zu wollen" und Kundenbedürfnisse stärker zu berücksichtigen, vor allem in Bezug auf Sicherheit und Verkehrsfluss. Weiterhin müsse man aufpassen, die Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. Vor fünf Jahren habe man "einen Hype um die Elektromobilität entfacht, nun kommt die Industrie mit autonomem Fahren um die Ecke". Man dürfe nicht "einen Hype nach dem anderen produzieren", so Hermann. Und auch den Verbandspräsidenten bezieht er persönlich ausdrücklich in seine Kritik ein: "Als ich vor zehn Jahren finanzielle Unterstützung für die Elektromobilität gefordert habe, hat Herr Wissmann das mit dem Hinweis abgelehnt, diese trage sich von selbst."

"Dem Verbrenner steht die beste Zeit noch bevor"

Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, beobachtet derzeit einen "radikalen Wandel in der Automobilindustrie, mit den drei Megatrends Vernetzung, automatisiertes Fahren und verstärkter Elektrifizierung. Mobilität ist künftig mit allen andern Lebensbereichen vernetzt", erläutert Denner. "Deshalb müssen wir Elektromobilität auch über das Auto hinaus denken". Seiner Meinung nach fährt die Elektromobilität in naher Zukunft aus der Nische heraus. Denner rechnet 2025 mit 18,5 Millionen elektrifizierten Fahrzeugen weltweit, was einem Anteil von 15 Prozent aller Neufahrzeuge entspricht - 36 Prozent in Europa. Die Vernetzung sieht er dabei als Schlüssel zur CO2-Einsparung und "Boost" für die E-Mobilität. Als weitere Treiber nennt Denner vor allem den mit Elektroautos verbundenen Fahrspaß sowie die signifikante Senkung der Kosten, nicht zuletzt durch die Batterietechnologien. "Wir rechnen bis 2020 mit einer Verdoppelung der Energiedichte und einer Halbierung des Preises bei den Zellen. Dem Verbrenner steht mit der Elektrifizierung die beste Zeit noch bevor", zeigt sich Denner überzeugt.

"Ohne den Diesel wir es nicht gehen"

Auch Professor Dr. Thomas Weber, Mitglied des Vorstands Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Entwicklung bei Daimler, lässt keinen Zweifel an der Zukunft der Elektrifizierung des Antriebsstrangs: "Emissionsfrei, vernetzt und autonom", sei das Fahrzeug von morgen. "Wir werden bis 2017 zehn Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge auf den Markt bringen und wir bleiben nach wie vor am Thema Brennstoffzelle dran." Doch zur Erreichung der gesetzten Emissionsziele wird es "auch ganz besonders auf konventionelle Technik ankommen", erläutert Weber. Bereits seine Vorredner Wissmann und Denner betonten die zentrale Rolle des "sauberen Diesels, ohne den die Grenzwerte nicht einzuhalten seien". Die auf dem Kongress versammelten Vertreter der Automobilindustrie fordert er ausdrücklich zur intensiveren Zusammenarbeit auf, sowohl bei der Vernetzung der Fahrzeuge als auch bei der Entwicklung einer modularen Powertrain-Strategie.

Der 17. Technische Kongress, den der VDA organisiert, findet am 19. und 20. März 2015 in Filderstadt bei Stuttgart statt. Den Kongress besuchen rund 500 Teilnehmer und über 40 Vortragende aus der Automobilindustrie.

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