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10-09-2015 | Automobil + Motoren | Nachricht | Article

Warmluftmantel und gedruckte Elektro-Schaltkreise

Author: Katrin Pudenz

4:30 min reading time

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Mit dem Warmluftmantel das Fahrzeug effizient klimatisieren, mit hauchdünnen, gedruckten Schaltkreisen Kabelbäume ersetzen, mit 30 Prozent leichteren Sitzen aus Kohle- und Flachsfaser-Gemisch das Gewicht senken: Jaguar Land Rover zeigt auf dem diesjährigen "CENEX Low Carbon Vehicle“-Event (9. und 10. September 2015) lokal emissionsarme und -freie Techniken, an denen geforscht wird.

Im Rahmen des Events präsentieren die Entwicklungsingenieure von Jaguar Land Rover Innovationen für batterieelektrische Fahrzeuge, Mild- und Plug-In-Hybride und erläutern zudem das Vorgehen bei der Entwicklung effizienterer Heiz- und Ventilationssysteme sowie neuer Lösungen, die das Fahrzeuggewicht senken, um Emissionen zu reduzieren und den Kraftstoffverbrauch zu verbessern.

So sind Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagensysteme (Heating, Ventilation and Air Conditioning, HVAC) energieintensiv und benötigen entsprechend viel Kraftstoff oder elektrische Energie aus dem Akku eines batterieelektrischen Fahrzeugs (Battery Electric Vehicle, BEV). Deshalb arbeiten die Spezialisten bei Jaguar Land Rover in einem Forschungsprojekt daran, die benötige Energie zur Erwärmung und Kühlung eines Fahrzeugs entscheidend zu reduzieren.

Dr. Wolfgang Epple, Direktor Forschung und Technologie, Jaguar Land Rover, sagt: "Heutige HVAC-Systeme können 8 bis 10 kW des Akkus eines elektrischen Fahrzeugs beanspruchen - genug, um die Reichweite um bis zu 40 Prozent zu verringern. Bei einem Verbrennungsmotor kann die Klimatisierung die Reichweite um bis zu 20 Prozent senken. Wir haben das Thermomanagement des Fahrzeuginnenraums überdacht. Unsere Ziele sind gesteigerte Kraftstoffeffizienz, reduzierte Emissionen und eine vergrößerte Reichweite zukünftiger BEV. Wir entwickeln neue Methoden zum Beheizen und Kühlen des Innenraums, um entscheidende Einsparungen beim Energieverbrauch zu realisieren."

Energieeffizienter Warmluftmantel

Anstatt die Temperatur der einströmenden Luft kontinuierlich zu regulieren, untersuchen die Jaguar-Land-Rover-Ingenieure, wie eine "Luftblase" im Fahrzeuginneren einmalig erwärmt oder gekühlt werden kann. Danach halten HVAC-Techniken die Temperatur und Qualität dieser Luftblase konstant. Dazu gehört beispielsweise infrarotreflektierendes Glas, das ideal auf die jeweilige, regionale Sonneneinstrahlung abgestimmt ist. Indem das Glas Sonnenstrahlen reflektiert, sinkt die für die Kühlung des Fahrzeuginnenraums benötigte Energie, erklären die Forscher. Damit die Atemluftqualität der Blase erhalten bleibe, werde die Innenraumluft durch einen speziellen Filter im Kofferraum geleitet. Dieser entferne CO2, Feuchtigkeit und Schmutzpartikel und erzeuge im Fahrzeug eine bessere Luftqualität als außerhalb.

Zukünftig ist es vielleicht nicht einmal notwendig, die gesamte Luft im Fahrzeuginneren aufzuheizen oder zu kühlen, vermuten die Experten des Herstellers. Stattdessen könnte Luft aus perforierten Sitzoberflächen die Passagiere direkt wärmen oder kühlen. Flache Infrarot-Heizpaneele, unsichtbar in Sonnenblenden, Türen, Handschuhfachklappe und an den Seiten des Mitteltunnels verbaut, umgeben und wärmen jeden Passagier individuell, erklären sie weiter. Dieser "Warmluftmantel" umhülle den Fahrgast und schaffe ihm ein eigenes Mikroklima, ohne den kompletten Fahrzeuginnenraum zu erwärmen. Da sich die Paneele schnell und effektiv aufheizen und ein beinahe unmittelbares Wärmegefühl erzeugen, könnte der Energieverbrauch signifikant sinken, vermuten die Forscher. Erste Tests der kombinierten Technologien ergaben Angaben zufolge einen halbierten Energiebedarf des HVAC-Systems von 8 bis 12 kW auf 4 bis 6 kW.

Kohlefasern in zukünftigen Fahrzeugen

"Es ist essenziell, Gewicht einzusparen, um den Kraftstoffverbrauch zu senken und Emissionen zu reduzieren. Die Ingenieure von Jaguar Land Rover sind weltweit führend bei der Entwicklung von Leichtbau-Karosserien, die das Fahrzeuggewicht verringern und so Handling, Kraftstoffverbrauch sowie Emissionsausstoß optimieren. Dabei gehen sie weit über die Strukturen der Leichtbaukarosserie hinaus und betrachten jede einzelne Komponente des Fahrzeugs - vom Ersetzen traditioneller Kabelbäume durch gedruckte Elektronik bis zur Entwicklung von Prototypensitzen, die viel leichter als die heutigen sind", ergänzt Dr. Epple. "Jaguar-Land-Rover-Forscher untersuchen außerdem den Einsatz von Kohlefasern in zukünftigen Fahrzeugen, indem diese mit Materialien wie Flachs verbunden werden. Darüber hinaus stehen neue Fertigungstechnologien im Fokus des Interesses, um Kohlefaser-Komponenten in größerer Menge zu produzieren, als es heute möglich ist."

Das Forschungsteam von Jaguar Land Rover untersucht, ob kupferbasierte Kabelbäume und elektronische Komponenten durch hauchdünne gedruckte Elektro-Schaltkreise ersetzt werden können, wie sie aktuell bei gewölbten Fernsehbildschirmen zum Einsatz kommen. Die Technik könnte bei Features wie Instrumenten, Schaltern, Sensoren, Beleuchtung, Heizung und Displays als gewichts- und platzsparende Alternative zu traditionellen Kabelbäumen dienen.

Neuer Sitzkomfort

Die neue, leichtgewichtige Kunststoff-Sitzstruktur von Jaguar Land Rover nutzt das Umformverfahren "Thermoplastische Stanztechnik“. Sie wiegt 30 Prozent weniger als eine vergleichbare, stahlbasierte Konstruktion. Die "PLACES-Sitztechnik" nutzt strukturelle Komponenten als Teil des Komfortsystems und ermöglicht die Teilekonsolidierung, um Gewicht zu sparen, wie die Entwickler ausführen. Bei gleichbleibendem Komfort werden Sitzpolster und Stoffbezüge optimiert, was zu einer niedrigeren Schaumtiefe und schlankeren Sitzprofile führt und mehr Freiraum im Fahrzeuginneren schafft.

Schichten aus Kohlefaser und Flachs

Das Carbio-Projekt von des Herstellers Jaguar Land Rover konzentriert sich darauf, Kohlefasern bei gleichzeitig verbesserten NVH-Eigenschaften (Noise, Vibration, Harshness) umweltfreundlicher sowie kosteneffektiver zu gestalten. Carbio kombiniere Schichten aus Kohlefasern und Flachs mit umweltfreundlichem Harz aus Cashewnuss-Öl. Flachs ist ein natürliches und nachhaltiges, pflanzliches Material, das über hervorragende, geräuschdämmende Eigenschaften verfügt. Der Materialmix kombiniere die Stärke und Gewichtsvorteile der Kohlefaser mit der Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz von Flachs. Während die Herstellungskosten von Carbio denen traditioneller Kohlefaser entsprechen, seien die Materialkosten der Kohlefaser-Flachs-Mischung um ein Drittel günstiger. Komponenten aus Carbio sind Angaben zufolge 28 Prozent leichter als Aluminium und 55 Prozent leichter als Stahl. Flachs verbessere die NVH-Eigenschaften, sodass eine Carbio-Komponente weniger geräuschdämmendes Außenmaterial als Kohlefaser, Aluminium oder Stahl benötige. Dadurch ergebe sich ein noch höheres Einsparpotenzial beim Gewicht.

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