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2009 | Book

Bank-Strategien und Poolverträge in Krisen der Firmenschuldner

Eine empirische Analyse

Author: Yeliz Dinibütünoĝlu

Publisher: Gabler

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About this book

Die hier anzuzeigende Dissertation betrifft im Grundsatz ein Problem, das von höchster Aktualität ist. Banken müssen in ihrem Firmenkundengeschäft gru- sätzlich mit der Möglichkeit rechnen, dass der Kunde in Krisen und akute Ex- tenzgefährdung durch drohende Insolvenz gerät. Wie sollen sich Banken als Gläubiger in solchen Schuldnerkrisen verhalten? Etwa nach dem Grundsatz „Rette sich wer kann!“ das Kreditengagement beenden? Oder in der Hoffnung, es handele sich lediglich um eine zeitlich eng begrenzte Krise in einer anso- ten erfolgreichen Geschäftsbeziehung, den Schuldner weiter stützen und den Kredit ggf. ausweiten? Es ist diese zweite Möglichkeit, die im Bankenjargon anschaulich so beschrieben wird, dass man dem schlechten Geld noch gutes hinterher werfe. Im Kern geht es der Verfasserin allerdings um eine engere Problemstellung. Sie betrachtet in ihrer empirischen Untersuchung – eben hier liegt das zentrale Anliegen – vor allem das Bankverhalten angesichts mög- cher Poolvereinbarungen. Diese Einschränkung ist keineswegs ein Nachteil, da die Verfasserin sich so von der umfangreichen Literatur generell zum bankbetrieblichen Krisenmanagement abhebt und durchaus Neuland betritt. Die empirischen Befunde zu Gläubigerpools sind in der einschlägigen Literatur überaus spärlich. Hier existiert offensichtlich eine Lücke, und die Verfasserin schickt sich an, zur Schließung dieser Lücke beizutragen. Die Arbeit eröffnet zahlreiche Einsichten, die sich für Praktiker und Forscher in den Bereichen Banken und Finanzierung als nützlich erweisen werden. Prof. Dr.

Table of Contents

Frontmatter
Kapitel 1. Grundlegung
Auszug
Das Kreditgeschäft mit Firmenkunden, das jahrelang zu den Ankerprodukten der Kreditinstitute zählte1, befindet sich in jüngerer Vergangenheit aufgrund von veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie Globalisierung, verschärfte bankenaufsichtsrechtliche Bestimmungen etc. in einem Strukturwandel. Zur Erfüllung von neuen bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen wie Basel II und MaK2 musste die Banken ihre Firmenkundenabteilungen neu organisieren. Die Neustrukturierungen in den Banken wurden vor allem durch die hohen Einzelwertberichtigungen auf Forderungen bei Firmenkundenengagements aufgrund der zahlreichen Unternehmensinsolvenzen in der Vergangenheit wesentlich erschwert3. Ursächlich für die hohen Unternehmensinsolvenzen waren sowohl Unternehmensinterne Faktoren wie zu geringe Eigenkapitalausstattung als auch Unternehmensexterne Faktoren wie bspw. die schlechte Konjunktursituation. Die Banken waren unmittelbar von dieser negativen Entwicklung betroffen, da sich ihr Risiko im Firmenkundenkreditgeschäft wesentlich erhöhte4. Durch die Insolvenzwelle, die auch zu einer zunehmenden Konkurrenz im Firmenkundenkreditgeschäft führte, wurden sie dazu gezwungen, ihre Risikovorsorge bei insolvenzgefährdeten Firmenkunden zu erhöhen, um kritische Unternehmensentwicklungen möglichst früh erkennen zu können. Im Ergebnis führte dieser Trend zu erheblichen Erlösschmälerungen bei den Banken und hatte für einige Banken bereits einen existenzbedrohlichen Charakter eingenommen.
Yeliz Dinibütünoĝlu
Kapitel 2. Die Kreditbeziehung der Banken zum Schuldner und ihre Rolle in der Unternehmenskrise
Auszug
Gegenstand des vorliegenden zweiten Kapitels ist die Kreditbeziehung der Bank zu ihrem Firmenschuldner und ihre besondere Rolle in der Unternehmenskrise. Die Unternehmenskrise kennzeichnet eine besondere Situation der Bank-Kreditnehmer-beziehung, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden. Die Bewältigung einer solchen Krisensituation erfordert diverse Maßnahmen von den Beteiligten, insbesondere von den Gläubigerbanken. Die nachfolgenden Abschnitte pointieren, dass das Krisenmanagement einer Bank vor allem von dem Stadium der Unternehmenskrise ihres Firmenschuldners und der Art und Weise der Kundenkreditbeziehung abhängig ist.
Yeliz Dinibütünoĝlu
Kapitel 3. Das Hypothesensystem zum strategischen Verhalten von Banken in der Schuldnerkrise auf Grundlage theoretischer Analysen
Auszug
Im juristischen Sinne ist ein Vertrag ein zwei- oder mehrseitiges Rechtsgeschäft, welches durch korrespondierende Willenserklärungen der Vertragsparteien zustande kommt237. Abweichend von der juristischen Begriffsauffassung soll in dieser Arbeit unter einem Vertrag eine von Individuen erzielte Vereinbarung verstanden werden, wobei die Koordination des Verhaltens der Individuen und die Allokation des aufgrund der Verhaltenskoordination erzielten Überschusses charakteristisch für derartige Vereinbarungen sind238. Unter Zugrundelegung einer derartigen Definition des Vertragsbegriffes sind Verträge folglich im Sinne des Forschungskonzeptes der Vertragstheorie zu verstehen, da insbesondere die Aufteilung des durch Verhaltenskoordination erzielten Überschusses maßgeblich für die Handlungsanreize der Vertragsparteien ist und sie zu vertragskonformen oder vertragswidrigem Verhalten veranlasst239. Aus ökonomischer Sicht sind wissenschaftliche Analysen zu dem Forschungsgebiet der Vertragstheorie aufgrund der Annahme des „incomplete contracting“240 relevant. Die Annahme des „incomplete contracting“ impliziert, dass Verträge aufgrund einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Vertragsparteilen nicht vollständig in dem Sinne sein können, dass Individuen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses alle für die während der Vertragslaufzeit relevanten Aspekte erfassen können. Damit geht die Vertragstheorie von unvollständigen Verträgen aus241.
Yeliz Dinibütünoĝlu
Kapitel 4. Empirische Untersuchungen zu den Bankstrategien in der Unternehmenskrise: Die Analyse von Kreditakten
Auszug
In den vorangegangenen Kapiteln wurden die Elemente und Merkmale einer Bank-Kreditnehmer-Beziehung anhand bereits existierender Kreditmodelle theoretisch dargestellt. Die hieraus sowie aus intuitiven Überlegungen generierten Hypothesen waren die Grundlage für die empirischen Analysen der Verfasserin. Den Datensatz der eigentlichen empirischen Untersuchung, der Analyse von Kreditakten, bildeten insgesamt 69 Firmenkundenkreditengagements von Gläubigerbanken mit Bürgschaften des Landes Niedersachsen. Das Land Niedersachsen, vertreten durch das Finanzministerium, übernimmt nach § 39 der Niedersächsischen Haushaltsordnung auf Grundlage des geltenden Haushaltsrechts, welches in den Bürgschaftsrichtlinien1 seinen Niederschlag gefunden hat, vor allem Bürgschaften, um im Interesse des Landes volkswirtschaftlich förderungswürdige und betriebswirtschaftlich vertretbare Maßnahmen zu ermöglichen2. Als Mandatar des Landes Niedersachsen wurde die Pricewaterhouse Coopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC), Hannover, mit der Bearbeitung, Verwaltung und Abwicklung der o.g. Landesbürgschaften beauftragt3 und verfügt daher über einen „einzigartigen“ Datensatz, auf diesen die Verfasserin uneingeschränkt zugreifen konnte. Die Besonderheit des Datensatzes besteht vor allem in seiner Zusammensetzung. Insgesamt sind über 50 verschiedene Banken aus allen Bankensektoren vertreten.
Yeliz Dinibütünoĝlu
Kapitel 5. Ergebnisse der schriftlichen Befragung der Niedersächsischen Kreditinstitute zur Effektivität des Landesbürgschaftsprogramms in Niedersachsen und Implikationen
Auszug
Bigus/Langer/Schiereck (2004) konstatieren, dass es keine empirischen Untersuchungen zu der Bedeutung von Sicherheiten aus dem Vermögen Dritter gibt und weisen darauf hin, dass die Stellung externer Kreditsicherheiten durch Dritte aus ökonomischer Sicht sinnvoll sein kann469. Die empirischen Befunde der Verfasserin haben gezeigt, dass diese werthaltigen Sicherheiten den Kreditspielraum des Begünstigten erweitern und dazu beitragen können, zusätzliche Finanzierungsmittel zu akquirieren. Dabei hat die Haftungsbeschränkung einer Unternehmung Einfluss auf den Umfang dieser zusätzlichen Finanzierungsmittel. In Deutschland stellen Kreditinstitute, Kreditversicherer, Länder sowie Bund derartige Sicherheiten vor allem in Form von Bürgschaften für unterschiedliche Finanzierungsformen. Für Bund und Länder existieren spezielle Bundes- und Landesbürgschaftsprogramme.
Yeliz Dinibütünoĝlu
Kapitel 6. Handlungsempfehlungen für Banken in der Krise ihrer Schuldner
Auszug
Die strategische Entscheidung, welche der Handlungsoptionen eine Bank in der Krise ihrer Schuldner praktizieren sollte, kann im Endeffekt nur unter Berücksichtigung des bankinternen Zielsystems, der Institutsgröße, dem Kreditvolumen, der Risikotragfähigkeit und Kostenstruktur getroffen werden.475 Ungeachtet dessen lassen sich auf Basis der Erkenntnisse aus den empirischen Analysen der Verfasserin die nachfolgenden Handlungsempfehlungen für Banken formulieren, deren Schuldner sich in einer Unternehmenskrise befinden:
Yeliz Dinibütünoĝlu
Kapitel 7. Zusammenfassung
Auszug
Das Firmenkundenkreditgeschäft der Banken befindet sich in jüngrer Vergangenheit aufgrund von veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Globalisierung, verschärfte bankenaufsichtsrechtliche Bestimmungen etc.) in einem Strukturwandel. Zur Erfüllung der neuen bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen wie Basel II etc. mussten die Banken ihre Firmenkundenabteilungen neu organisieren. Die Neustrukturierungen in den Banken wurden vor allem durch die hohen Einzelwertberichtigungen auf Forderungen bei Firmenkundenengagements aufgrund der zahlreichen Unternehmensinsolvenzen in der Vergangenheit wesentlich erschwert. Ursächlich für die hohen Unternehmensinsolvenzen waren sowohl Unternehmensinterne Faktoren wie zu geringe Eigenkapitalausstattung als auch Unternehmensexterne Faktoren wie bspw. die schlechte Konjunktursituation. Die Banken waren unmittelbar von dieser negativen Entwicklung betroffen, da sich ihr Risiko im Firmenkundenkreditgeschäft wesentlich erhöhte. 486 Durch die Insolvenzwelle, die auch zu einer zunehmenden Konkurrenz im Firmenkundenkreditgeschäft führte, wurden sie dazu gezwungen, ihre Risikovorsorge bei insolvenzgefährdeten Firmenkunden zu erhöhen, um kritische Unternehmensentwicklungen möglichst früh erkennen zu können. Im Ergebnis führte dieser Trend zu erheblichen Erlösschmälerungen bei den Banken und hatte für einige Banken bereits einen existenzbedrohlichen Charakter eingenommen.
Yeliz Dinibütünoĝlu
Backmatter
Metadata
Title
Bank-Strategien und Poolverträge in Krisen der Firmenschuldner
Author
Yeliz Dinibütünoĝlu
Copyright Year
2009
Publisher
Gabler
Electronic ISBN
978-3-8349-9992-4
Print ISBN
978-3-8349-1338-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9992-4