2019 | OriginalPaper | Chapter
Bewährungsproben. Über einige Beweislasten bei der Verteidigung der liberalen Demokratie (1995)
Author : Claus Offe
Published in: Liberale Demokratie und soziale Macht
Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden
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Eine melancholische Diagnose, die im vergangenen halben Jahrzehnt geradezu als Gemeinplatz in der publizistischen und politikwissenschaftlichen Literatur herumgeistert, mündet in die Feststellung, dass die liberale Demokratie des Westens heute an ihrem welthistorischen Sieg laboriert. Gesiegt hat die Regierungsform des demokratischen Verfassungsstaates mit stark sanktionierten Grund- und Menschenrechten, mit Gewaltenteilung und Parteienkonkurrenz, mit egalitären Teilnahmerechten und repräsentativen gesetzgebenden Körperschaften schon deswegen, weil die einzige Alternative zu diesem Regimetyp, die jemals als dauerhaftes politisches Regime für moderne Gesellschaften im Rahmen einer internationalen Friedensordnung vorgeschlagen und praktiziert worden ist – nämlich das Regime des Staatssozialismus – ohne äußeres Zutun in den Jahren 1989 – 91 von der Bildfläche verschwunden ist. Ob indes dieser Sieg der Stabilität und Entwicklungsfähigkeit des demokratischen Regimetyps zugutekommen wird – das ist eine Frage, die oftmals (und trotz der manifesten Vorbildwirkung, welche die westliche Demokratie auch auf eine Reihe von vormals nicht-kommunistischen autoritären Regimes Südasiens und Lateinamerikas ausgestrahlt hat) mit Antworten bedacht wird, die sich durch das Gegenteil von Euphorie und Selbstgewissheit auszeichnen.