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2015 | Book

Der soziale Rezipient

Medienrezeption als gemeinschaftliche Identitätsarbeit in Freundeskreisen Jugendlicher

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About this book

Anhand einer Synthese sozial-, geistes-und kulturwissenschaftlicher Literatur sowie mithilfe einer Kombination qualitativer und quantitativer Befragungen untersucht Mathias Weber, wie das Zusammenspiel von Freundeskreis und Mediennutzung Jugendlichen die Auseinandersetzung mit ihrer Identität und somit die Bewältigung der zentralen Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz erleichtert. Besonders das Medienrezeptionshandeln Jugendlicher ist in hohem Maße in die Interaktion ihrer Freundeskreise eingebunden. In der gemeinsamen Nutzung und im Gespräch über Medieninhalte reflektieren Jugendliche die Herausforderungen ihres Alltags und testen neue Verhaltensmuster aus.

Table of Contents

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
„Fernsehjugend“, „Generation Online“, „Digital Natives“ – mit großem Erfindungsreichtum werden im journalistischen wie auch im wissenschaftlichen Kontext stets neue Schlagwörter formuliert, die die große Affinität heutiger Jugendlicher zu „klassischen“ ebenso wie zu digitalen Medien beschreiben sollen (vgl. Prensky 2001, S. 1; Stöcker 2009; Langer 2007; Breyer 2010). Zwar ist es wissenschaftlich durchaus umstritten, ob die Nähe zu medialer Kommunikation tatsächlich als Generationenphänomen betrachtet werden sollte (Bennett et al. 2008, S. 780), eine hohe Präsenz medienbezogener Aktivitäten im Lebensalltag Jugendlicher ist jedoch kaum zu leugnen.
Mathias Weber
2. Grundlegende Begriffe und Konzepte
Zusammenfassung
Bevor der relevante Stand an Theorie und empirischer Forschung aufgearbeitet wird, ist eine Klärung der zentralen Begriffe vonnöten. Zunächst wird ein begriffliches Verständnis „narrativer audiovisueller Medieninhalte“ entworfen, bevor die Adoleszenz als fachsprachliches Pendant zur „Jugend“ definiert und in ihren Merkmalen als Periode des menschlichen Lebenslaufs erläutert wird. Ein weiteres Teilkapitel gilt der Aufarbeitung der „Peergroup“, also des Freundeskreises Jugendlicher in seinen für die Fragestellung relevanten Eigenschaften.
Mathias Weber
3. Gemeinschaftliche Einbindung als Mittler zwischen Inhalt und Rezeption
Zusammenfassung
Im vorangegangenen Grundlagenkapitel wurde herausgestellt, dass Menschen zwei Möglichkeiten haben, Medieninhalte in ihre Gruppeninterkation einzubinden: Sie können Medieninhalte gemeinsam nutzen oder sich in Anschlusskommunikation über diese austauschen. Dabei ist die Kernfragestellung der vorliegenden Arbeit, welche Konsequenzen beide Formen gemeinschaftlicher Einbindung für die Auswahl, Wahrnehmung und Verarbeitung narrativer audiovisueller Medieninhalte durch Jugendliche haben – besonders vor dem Hintergrund ihrer Auseinandersetzung mit Identität.
Mathias Weber
4. Freundeskreis und Medienrezeption in der Adoleszenz
Zusammenfassung
Aus der kommunikations- und medienwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Einflüssen sozialer Gruppen auf die Medienrezeption können zwei Kernerkenntnisse kondensiert werden: Zum einen lässt sich die Rezeption von Medieninhalten nur als ein dynamisches Zusammenspiel von individuellem Denken, Fühlen und Wollen mit den situativen und übersituativen sozialen Bedingungen begreifen, in die das Individuum eingebunden ist. Zum anderen, und als unmittelbare Konsequenz, sind Medienrezeptionsprozesse spezifisch für die individuelle Entwicklungssituation des Rezipienten, mit den sich hieraus ergebenden alltagsweltlichen Themen und Problemstellungen, sowie spezifisch für die sozialen Gruppen, die in einer Rezeptionssituation den dominanten sozialen Kontext darstellen.
Mathias Weber
5. Synthese: Gemeinschaftliche Rezeptionspraktiken im Freundeskreis
Zusammenfassung
Medieninhalte und Freunde spielen in der Adoleszenz sehr unterschiedliche Rollen für die Bearbeitung identitätsbezogener Entwicklungsaufgaben, die sich jedoch in auffälliger Weise ergänzen. Medieninhalte bieten zunächst einen Fundus an Identitätsentwürfen, der wesentlich vielfältiger ist als das, was das unmittelbare soziale Umfeld in Form von Familie und Freundeskreis Jugendlichen an Modellen für ihre Identitätsentwicklung zur Verfügung stellen kann (vgl. Schorb 2009, S. 84, Kapitel 4.4).
Mathias Weber
1. Methodische Anlage
Zusammenfassung
Anhand der Forschungsfragen in Kapitel I-5.8 wurde ersichtlich, dass für die Beschreibung und Erklärung gemeinschaftlicher Einbindung von Medieninhalten in die Interaktion jugendlicher Peergroups nicht nur verschiedene Gruppensituationen berücksichtigt werden müssen (gemeinsame Mediennutzungssituationen aber auch reine Gesprächssituationen) sondern auch Situationen, in denen Jugendliche Zeit alleine verbringen. Letzteres ist nötig, um zu ergründen, ob Gruppeneinflüsse auch in die solitäre Medienrezeption hineinwirken bzw.
Mathias Weber
2. Ergebnisse
Zusammenfassung
Die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung werden entlang der Forschungsfragen aufgearbeitet, wie sie in Kapitel I-5.8 entwickelt wurden (vgl. Abbildung 7): Dementsprechend gliedert sich der Ergebnisteil in zwei Abschnitte. Da der empirische Kenntnisstand zur Anschlusskommunikation unter Jugendlichen wesentlich ausgeprägter ist als zu gemeinsamer Mediennutzung (vgl. Kapitel I-5), wird im ersten Teil (Kapitel 2.1) zunächst die gemeinsame Nutzung in jugendlichen Freundeskreisen ausführlicher ausgearbeitet (vgl. auch Weber 2013b, 2013a). Im zweiten Teil (Kapitel 2.2) werden dann darauf aufbauend und knapper Ergebnisse zur Anschlusskommunikation dargestellt, die gezielt Lücken im bisherigen Forschungsstand ansprechen.
Mathias Weber
3. Methodische Einschränkungen
Zusammenfassung
Bevor aus den Ergebnissen der qualitativen Studie Hypothesen für eine quantitative Prüfung abgeleitet werden, ist zu betonen, dass die in den vorangegangenen Kapiteln vorgetragenen Befunde unter einigen methodischen Vorbehalten stehen. Zum einen ließen sich nicht alle Interviewpartner und Diskussionsteilnehmer ohne weiteres dazu motivieren, Situationen der Mediennutzung oder Anschlusskommunikation in freier Erzählung zu rekonstruieren. Die Interviewer und Diskussionsleiter gingen daher häufiger zu detaillierten, halbstrukturierten Frageformen über, als dies ursprünglich vorgesehen war.
Mathias Weber
4. Modelle der gemeinsamen Nutzung und Anschlusskommunikation
Zusammenfassung
Die Ergebnisse der qualitativen Studie lassen sich in den bisherigen Stand theoretischer Annahmen und empirischer Erkenntnisse zur gemeinschaftlichen Einbindung von Medieninhalten in die Interaktion Jugendlicher Freundeskreise gut integrieren. So bestätigt sich nicht nur, dass Anschlusskommunikation und gemeinsame Mediennutzung übliche Bestandteile der alltäglichen Interaktion und des Freizeitrepertoires Jugendlicher sind (vgl. Kapitel I-5.1). Es zeigt sich auch, dass Jugendliche ihre Gespräche und ihre gemeinsame Nutzung auf solche Medienangebote fokussieren, die in ihren Augen die sozialen Rollen repräsentieren, deren Ausdifferenzierung elementarer Bestandteil der Identitätsarbeit Jugendlicher ist (v.a. Erwachsenenrolle und Geschlechtsrolle).
Mathias Weber
1. Methodische Anlage
Zusammenfassung
Ähnlich wie schon in den Gruppendiskussionen wurde die Grundgesamtheit für die quantitative Befragung auf Schüler in der mittleren Adoleszenz (und somit auf 15- bis 17-jährige Jugendliche) festgelegt, die in Deutschland leben und deutsch sprechen. Grund für die Einschränkung der Alterspanne war zum einen, dass bei Jugendlichen, die mindestens 14 Jahre alt sind, eine Teilnahme an einer Onlinebefragung ohne vorherige Einwilligung der Eltern rechtlich und forschungsethisch entsprechend der in Deutschland maßgeblichen Richtlinien unbedenklich ist (vgl. Arbeitsgemeinschaft Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute 2006).
Mathias Weber
2. Ergebnisse
Zusammenfassung
Bevor die theoretischen Modelle ihrer empirischen Prüfung unterzogen werden, erfolgt als Grundlegung ein deskriptiver Blick auf die Ergebnisse der quantitativen Befragung. So werden zunächst Häufigkeit und Wichtigkeit solitärer und gemeinsamer Mediennutzung sowie der Anschlusskommunikation im Freundeskreis vorgestellt. Es wird dann ermittelt, ob sich das Rezeptionshandeln der Befragten nach Geschlecht, Schulform und (soweit es angesichts des engen Altersspektrums möglich ist) nach Alter unterscheiden lässt. Auch die Bedeutung der Geräteausstattung und verschiedener Genres wird hier beleuchtet.
Mathias Weber
3. Methodische Einschränkungen
Zusammenfassung
Auch die Ergebnisse der quantitativen Erhebung stehen unter dem Vorbehalt einiger methodischer Einschränkungen. Zunächst lässt die Stichprobe eine Verallgemeinerung auf die Grundgesamtheit der 15- bis 17-jähigen Jugendlichen nur bedingt zu. Alter, Geschlecht und Schulform entsprechen in ihrer Verteilung zwar repräsentativen Daten, jedoch nur aufgrund der quotengeleiteten Rekrutierung der Befragten entsprechend genau dieser Merkmale.
Mathias Weber
4. Zwischenresümee und -diskussion
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund dieser kritischen Würdigung der methodischen Vorgehensweise lassen sich die Ergebnisse wie folgt resümieren: Narrative audiovisuelle Medieninhalte gemeinsam mit Freunden zu nutzen und zu besprechen ist für die Mehrheit der Jugendlichen integraler Bestandteil ihrer alltäglichen Interaktion und Freizeitgestaltung. Das zeigt sich nicht nur an der Häufigkeit, mit der die Befragten bspw.
Mathias Weber
1. Zielsetzung
Zusammenfassung
Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Beobachtung, dass Freundeskreisinteraktion und Mediennutzung zentrale Elemente der Freizeitgestaltung Jugendlicher darstellen, die nicht unabhängig voneinander, sondern vielmehr eng verflochten die soziale und mediale Alltagswirklichkeit heutiger Teenager durchdringen. Besonders die Zuwendung zu narrativen audiovisuellen Medieninhalten, wie Filmen, Serien oder Onlinevideos findet als gemeinsame Mediennutzung auch im Kreis der Freunde statt. Ebenso hält die kognitive, emotionale und evaluative Auseinandersetzung mit Medieninhalten als Anschlusskommunikation Einzug in die Gespräche mit Gleichaltrigen.
Mathias Weber
2. Zusammenfassung
Zusammenfassung
Dass die Einbindung von Medieninhalten in zwischenmenschliche Interaktion bedeutsam für Auswahl und Wirkung von Medieninhalten ist, gehört zum grundlegenden Erkenntnisgebäude der Medien- und Kommunikationswissenschaft. Forschungshistorisch nimmt dieser Befund seinen Ausgangspunkt in der Medienwirkungsforschung und lässt sich auch auf Jugendliche und ihre Freundeskreise übertragen. Werden Medieninhalte im Gespräch mit Freunden aufgegriffen, kann dies auch unter Jugendlichen dazu beitragen, dass sie die Wichtigkeit von Medienthemen höher einschätzen.
Mathias Weber
3. Methodische Einschränkungen
Zusammenfassung
Die Ergebnisse und ihre weitergehende Interpretation müssen vor dem Hintergrund einiger methodischer Einschränkungen erfolgen. In der qualitativen Teilstudie ist zunächst darauf zu achten, dass die Interviewten und Diskussionsteilnehmer in Geschlecht und Schulform ungleich verteilt sind. So überwiegen in den Gruppendiskussionen die männlichen Teilnehmer, in den Diskussionsrunden sowie den Einzelinterviews ist über Gymnasiasten, Real-, Gesamt- und Berufs-schüler eine große Bandbreite an Schulformen vertreten, Hauptschüler fehlen jedoch gänzlich.
Mathias Weber
4. Diskussion und Ausblick
Zusammenfassung
Die grundlegendste Erkenntnis der Arbeit ist, dass die gemeinsame Nutzung narrativer audiovisueller Medieninhalte und die Anschlusskommunikation zentrale Bestandteile der Alltags- und Freizeitgestaltung Jugendlicher sind – und das unabhängig von Geschlecht und Schulform. Somit haben die Variablen, die fundamental den Sozialisationshintergrund und die Alltagswirklichkeit auch heutiger Jugendlicher strukturieren, kaum Bedeutung für die Vertrautheit Jugendlicher mit gemeinschaftlichen Rezeptionspraktiken.
Mathias Weber
Backmatter
Metadata
Title
Der soziale Rezipient
Author
Mathias Weber
Copyright Year
2015
Electronic ISBN
978-3-658-08748-7
Print ISBN
978-3-658-08747-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-08748-7