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2010 | Book

Die Europäische Union nach dem Vertrag von Lissabon

Editor: Olaf Leiße

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Table of Contents

Frontmatter

Wandel durch Annäherung: Zur Steuerung der Reformpolitik in der Europäischen Union

Wandel durch Annäherung: Zur Steuerung der Reformpolitik in der Europäischen Union
Zusammenfassung
Reform und Krise – kaum ein anderes Begriffspaar erscheint geeigneter, um den Fortgang der europäischen Integration im 21. Jahrhundert prägnant zu beschreiben. Die Europäische Union ist ein Kind der Krise, sie entstand in der Krise des Nationalstaates nach dem Zweiten Weltkrieg, ihre entscheidenden Weiterentwicklungen erfolgten in tief greifenden Krisen, die Reform der Europäischen Union in diesem zu Ende gehenden Jahrzehnt ist ein krisenhafter Prozess und die Herausforderungen der kommenden Dekade lassen erahnen, dass die Union auch zukünftig tiefe Krisenmomente erleben wird. Trotzdem, und dies ist das Unglaubliche an der europäischen Integration, geht der Reformprozess weiter. Der folgende kursorische Überblick über die europäische Integration zeigt, dass Stagnationen und Entwicklungsschübe nicht nur in regelmäßiger Folge einander abwechselten, sondern dass jeder Weiterentwicklung eine lange Phase des Stillstands voranging.
Olaf Leiße

Reformpolitik in der Europäischen Union

Frontmatter
Pariser Pragmatismus – Französische EU-Vertragsreformpolitik von Amsterdam bis Lissabon
Zusammenfassung
Im Kontext des Vertragsreformprozesses, den die Europäische Union während der letzten 15 Jahre durchlaufen hat, fiel Frankreich vom Amsterdamer Vertrag bis zum Vertrag von Lissabon eine Schlüsselrolle zu. Zunächst hat Paris als demandeur von institutionellen Reformen den Prozess der Umgestaltung des europäischen Primärrechts aktiv vorangetrieben und sich mit den bescheidenen Neuerungen des 1997 unterzeichneten Amsterdamer Vertrags nicht zufrieden geben wollen. Den Vertrag von Nizza verhandelte Paris in der zweiten Jahreshälfte 2000 in der zentralen Rolle der EU-Ratspräsidentschaft, deren Nutzung zur Beförderung nationaler Zielsetzungen – insbesondere bei der Ratsreform – Frankreich erhebliche Kritik seitens der EU-Partner eingebracht hat. Auch im Verfassungskonvent 2002-2003 konnten die Regierungsvertreter Frankreichs, gestützt auf eine enge deutsch-französische Abstimmung, eine herausgehobene Führungsrolle wahrnehmen und den Kern des Verfassungsvertrages – die institutionellen Reformen – deutlich erkennbar im Sinne französischer Präferenzen beeinflussen. Das nachfolgende Scheitern des Verfassungsvertrages ist ganz offenkundig maßgeblich durch Frankreich verursacht, dessen Bevölkerung den Vertrag über eine Verfassung für Europa (VVE) in einem Referendum am 29. Mai 2005 ablehnte.
Joachim Schild
Strategische und zivilisatorische Erweiterungen und die Folgen für die europäische Integration
Zusammenfassung
Die Ost- und Südosteuropaerweiterungen bilden die vorläufigen Endpunkte des größten Friedensprozesses in der europäischen Geschichte. Zugleich setzt der Lissabonner Vertrag den Schlusspunkt einer fortlaufenden Institutionalisierung, die mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften in den 1950ern ihren Anfang genommen hatte. Nach „dunklen Jahren“ hatte die relance der europäischen Integration ihren sichtbaren Ausdruck im Vertrag der Europäischen Union gefunden, mit dem Übergang zu einer einheitlichen Währung. Das Projekt der Politischen Union war in Maastricht jedoch noch unvollständig geblieben und sämtliche primärrechtlichen Nachfolgeprojekte, die Verträge von Amsterdam, Nizza und Lissabon, können vor allem als Versuche interpretiert werden, die left-overs der Maastrichter Verträge abzuarbeiten. Der Verfassungsvertrag hatte die europäische Integration krönen sollen, mit der Konventsmethode als gefeierte, partizipative Innovation, die die intransparenten, erschöpfungsimmanenten Regierungskonferenzen vergessen machen würde. Doch das ehrgeizige Projekt, das mehr demokratische Mitbestimmung hatte bringen sollen, scheiterte 2005 in Volksabstimmungen – eine Ironie der Geschichte. Die „Erweiterungsmüdigkeit“ der Bevölkerungen in den Alt-Mitgliedsländern, so der Tenor der Interpretationen der Wahlergebnisse, hatte auf die Vertiefungsbemühungen der Union durchgeschlagen.
Bernhard Stahl
Braucht die Europäische Union eine Verfassung?
Zusammenfassung
Das neue Europa ist ein faszinierendes Thema. Wir alle erleben, dass sich in Europa viel verändert, aber nicht nur hier, sondern auch in den USA. Beides ist wiederum miteinander verknüpft. Wer die Rede des amerikanischen Präsidenten Barack Obama anlässlich seiner Vereidigung gehört hat, wird bestätigen, dass es um Probleme geht, die uns auch hier in Europa beschäftigen. Zuvorderst geht es um die Bewältigung oder mindestens Abschwächung der Finanzkrise in den USA, aber eben auch in Europa. Des Weiteren gilt es, die Eingrenzung und möglichst auch Beendigung von Kriegen und Konflikten, wie etwa dem Nahostkonflikt, voranzutreiben. Es geht um den Klimawandel, um die Nutzung regenerativer Energien. Alles Themen, die in den USA auf der Agenda stehen, aber auch in Europa. Allen Themen gemeinsam ist die grenzüberschreitende Tragweite, mit der ein Kontinent oder gar ein Land alleine nicht fertig werden kann. Und weil die USA, wie angekündigt, nun keine unilaterale Politik mehr verfolgen, sondern vermehrt auf multilaterale Ansätze zurückgreifen wollen, brauchen wir ein starkes, handlungsfähiges Europa – ein neues Europa.
Jürgen Meyer
Perspektiven der europäischen Integration
Zusammenfassung
Die Zukunft des vereinigten Europas erklärt sich aus der Vergangenheit vermittelt durch die Gegenwart. Was sind also die Perspektiven der Europäischen Union?
Klaus Hänsch

Die Reform der institutionellen Ordnung

Frontmatter
Institutionelle Neuordnung und Demokratisierung
Zusammenfassung
Die Europäische Union solle „demokratischer, transparenter und effizienter“ werden, so schrieben die Staats- und Regierungschefs in die „Erklärung von Laeken“, die das Resultat der Konferenz des Europäischen Rates vom Dezember 2001 war. Damit wurden zugleich die Eckpunkte und Ziele für einen einzuberufenden Konvent formuliert, der den Auftrag erhalten sollte, einen Entwurf für eine europäische Verfassung zu entwerfen. Dieser Befund des Europäischen Rates, dass es der EU an demokratischer Legitimation sowie an Effizienz und Transparenz in ihren Arbeitsverfahren mangelte, war einigermaßen überraschend, hatte doch die EU am Beginn des neuen Jahrtausends ein Jahrzehnt der Reformen hinter sich, so dass zu vermuten gewesen wäre, derart gravierende Probleme seien längst gelöst.
Torsten Oppelland
Das Europäische Parlament und der Vertrag von Lissabon
Zusammenfassung
Der Europäische Integrationsprozess ist ein Erfolgsprojekt. In den letzten sechzig Jahren ist aus verfeindeten Nationalstaaten eine friedliche und prosperierende Union geworden. Die Grenzen wurden weitestgehend abgeschafft, es gibt eine gemeinsame Währung, gemeinsame Wirtschafts-, Umwelt- und Verbraucherpolitiken und erste Anzeichen einer gemeinsamen Außenpolitik. Aber am Anfang des 21. Jahrhunderts steht die EU vor neuen Herausforderungen: die internationalen Finanzmärkte sind hochgradig instabil, der Klimawandel beschleunigt sich weiter, Energie- und Nahrungsmittelpreise steigen immer wieder, die Kluft zwischen Arm und Reich in Europa vergrößert sich zunehmend und die Zahl internationaler Krisen nimmt weiter zu. Die einzelnen Staaten sind nicht alleine in der Lage, diese Aufgaben zu bewältigen. Sicherheit und Wohlstand der europäischen Bürger können nur durch eine tiefer gehende Integration der Europäischen Union garantiert werden.
Jo Leinen
Steuerung und Regulierung in der neuen EU
Zusammenfassung
Inhalte, Entstehung und Implementation von europäischen Politiken stellen ein zentrales Anliegen der Policy-Forschung dar. Wie löst die Europäische Union (EU) politische Probleme und Herausforderungen in bestimmten Politikfeldern? Wie haben sich die Steuerungs- und Regulierungsaktivitäten der EU im Laufe der zunehmenden Integration entwickelt? Und welchen Einfluss könnte der Vertrag von Lissabon Steuerungsformen und Muster europäischer Politikgestaltung haben? Dies sind die drei zentralen Fragestellungen, denen wir in diesem Beitrag nachgehen möchten.
Christoph Knill, Jale Tosun
Wer regiert die Europäische Union? Die Originalität der Europäischen Union
Zusammenfassung
Im Folgenden ist es dem Verfasser darum gegangen, nach Möglichkeit zu ergründen, welcher Art einer politischen Organisation die EU eigentlich angehört. Das ist bislang in überzeugender Weise noch niemandem gelungen. Ich habe zunächst dargelegt, weshalb unsere traditionellen, vom modernen Staat her geprägten Begriffe nicht taugen, die wahre Natur der EU zu bestimmen. Danach habe ich den Versuch unternommen, jene Merkmale aufzuzeigen, welche die EU von anderen modernen Großstaaten unterscheiden. Die EU zeichnet sich, wie ich im Einzelnen ausgeführt habe, dadurch aus, dass sie nicht souverän ist, weil sie nicht über das Signum des Staates, die Kompetenz-Kompetenz, verfügt, sondern dass sie subsidiär ist, d. h. nur jene Funktionen wahrzunehmen hat, welche von den Mitgliedstaaten aus eigener Kraft nicht ausgeübt werden können und ihr deshalb übertragen worden sind.
Helmut Wagner

Die Reform einzelner Politikfelder

Frontmatter
Die Grundrechtecharta als normatives Fundament der Europäischen Union
Zusammenfassung
Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union hat seit ihrer Ausarbeitung im Jahre 2000 bereits ein bewegtes Schicksal hinter sich. So gab es etwa – rarissime – gleich zwei „feierliche Proklamationen“, im Dezember 2000 auf dem Gipfel von Nizza und im Dezember 2007. Die Charta wurde zusammen mit dem Lissabonner Vertrag rechtsverbindlich.
Martin Borowsky
Auf dem Weg zu einem kooperativen Verhältnis Religion und die Vertiefung der Europäischen Union
Zusammenfassung
Die Europäische Union befindet sich seit dem Scheitern der vom Konvent ausgearbeiteten Verfassung und dem unlängst in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon in einer Phase der Neuorientierung. Die Mitglieder der erweiterten Union stehen vor der Herausforderung, aus dem, was als wirtschaftliches Projekt der Europäischen Gemeinschaften zur Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes begann, ein neues gesamteuropäisches politisches Gemeinwesen zu schaffen, das zumindest implizit die Frage der Finalität des Integrationsprojekts und damit seines politischen Selbstverständnisses zu beantworten hat. Nicht zufällig dürfte daher die Frage nach der Rolle von Religion in der EU und in der europäischen Politik eine verstärkte Aufmerksamkeit erfahren. Die Reihe religiöser Themen und Konflikte, die mittelbar oder unmittelbar mit der weiteren inneren Entwicklung der Europäischen Union verknüpft waren bzw. sind, ist stattlich. Der Streit um die Kandidatur des konservativ- katholischen Italieners Rocco Buttiglione für das Amt des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und das des Kommissars für Justiz, Freiheit und Sicherheit, die Frage des Umgangs mit religiösen Symbolen im öffentlichen Raum in der EU, der Konflikt um einen Gottesbezug in der Präambel der EU-Verfassung und die Auseinandersetzungen um die Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Rechtsgefüge der Europäischen Union seien hier als prominente Beispiele genannt.
Antonius Liedhegener, Daniel Gerstenhauer
Der Vertrag von Lissabon und die europäische Sozialpolitik
Zusammenfassung
Der Vertrag von Lissabon löst, soweit er politisch interessierten Bürgerinnen und Bürgern überhaupt bekannt ist, kaum Enthusiasmus aus. Das ist nicht überraschend, denn ihm gingen langwierige Verhandlungen voraus, deren Ziel nicht – wie im Falle des letztlich gescheiterten Vertrages über eine Verfassung für Europa (Verfassungsvertrag) – eine Neugestaltung der Europäischen Union war. Vielmehr musste sich der Vertrag von Lissabon auf eine Änderung der bisherigen vertraglichen Grundlagen der EU beschränken, wenn auch in weiten Teilen die Regelungen des Verfassungsvertrages aufgenommen werden: Der schon seit 1993 geltende und durch die Verträge von Amsterdam und Nizza veränderte Vertrag über die Europäische Union (EUV) wird wiederum lediglich geändert, und der Vertrag zur Errichtung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) soll mit zahlreichen Änderungen als Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) fortgelten. Während der EUV eher grundsätzliche Bestimmungen enthält, umfasst der mit ihm rechtlich gleichwertige AEUV (vgl. Art. 1 EUV) vorwiegend technische Bestimmungen. Beide Dokumente haben aber Auswirkungen auf die künftige Entwicklung der Europäischen Sozialpolitik. Dies gilt auch für die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta, GRC), auf die in Art. 6 EUV Bezug genommen wird. Damit kam der Reformprozess, der am 15. Dezember 2001 vom Europäischen Rat mit der Erklärung – vielmehr dem Fragenkatalog – von Laeken eingeleitet wurde, zu einem vorläufigen Abschluss.
Christiane Dienel, Sabine Overkämping
Fortschritte und neue Herausforderungen in der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik
Zusammenfassung
Über kaum ein anderes Thema der europäischen Integration klaffen die Einschätzungen und Erwartungen sowohl in der Wissenschaft, der Politik als auch in journalistischen Beiträgen soweit auseinander wie im Falle der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Die Uneinigkeit der EU in der Reaktion auf die von den USA geführte Militärintervention im Irak 2003 war für viele Beobachter schon Anlass genug, das Ende einer europäischen Außenpolitik oder sogar des gesamten Integrationsprojektes zu prognostizieren. Die schnelle und entschlossene Reaktion auf die Georgien-Krise 2008 hingegen demonstrierte für viele eindrucksvoll die Stimme Europas in der Welt. Knud Erik Joergensen gibt für die häufig diametral entgegen gesetzten Einschätzungen zahlreiche Beispiele und erklärt sie – mit leicht ironischem Unterton – mit drei unterschiedlichen Perspektiven mit quasi doktrinärem Charakter: Die „Existence denied“ beschreibt eine Position, die aus vornehmlich neorealistischer Perspektive der EU keine substantielle Außenpolitik zugesteht, da die EU kein wichtiger und handlungsfähiger Nationalstaat sei und daher auch über keine schlagkräftige Armee verfüge. Ein zweiter Argumentationsstrang erkennt zwar die Existenz der EUAußenpolitik an, betrachtet sie jedoch als Fehlschlag: „Does exist but failure“, so betitelt Joergensen diese Einschätzung.
Siegmar Schmidt
Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Vertrag von Lissabon – Rhetorik oder Integrationsschub?
Zusammenfassung
Seit dem Vertrag von Amsterdam 1997 ist die Rede von der Europäischen Union als einem „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“. Dieselbe verheißungsvoll klingende Wendung findet sich nunmehr auch im neuen Lissabonner Vertrag. Unter diesem Oberbegriff des „Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ werden dabei, wie auch schon bisher, verschiedene Politikbereiche zusammengefasst. Sie umspannen Unionskompetenzen und Modalitäten der mitgliedstaatlichen Zusammenarbeit in den Bereichen von Zivilgerichtsbarkeit und Strafjustiz, Polizei und Grenzsicherung, aber auch auf den Gebieten des Asylrechts und der Einwanderung. Die Gemeinsamkeit jener Aufgabenfelder ergab sich bislang insbesondere aus ihrem Binnenmarktbezug und dem damit zusammenhängenden freien Personenverkehr. Mit dem neu formulierten Art. 3 EUV hebt das Lissabonner Vertragswerk nunmehr den „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ aus dem Binnenmarktkonzept heraus und erklärt diesen zu einem eigenständigen Integrationsziel, das, wie betont zu werden verdient, noch vor der Erwähnung des Binnenmarktes durch Abs. 3 in Art. 3 Abs. 2 EUV aufgeführt wird.
Stefan Haack
Auf dem Weg zu einer neuen Finanzverfassung – Vom Verfassungskonvent zum Vertrag von Lissabon
Zusammenfassung
Der Vertrag von Lissabon wird zu weit reichenden Änderungen in der Finanzverfassung und der Haushaltspolitik der Europäischen Union führen.
Peter Becker

Die Europäische Union im nationalen und internationalen Kontext

Frontmatter
Die deutschen Länder und der europäische Reformprozess
Zusammenfassung
Seit Beginn der europäischen Einigungsbestrebungen vor mehr als fünfzig Jahren haben sich die deutschen Länder engagiert und konstruktiv am europäischen Aufbauwerk beteiligt. Der EWG-Vertrag von 1958 hatte der regionalen Ebene nur wenig Bedeutung gewidmet. In wissenschaftlichen Beiträgen war deshalb eine „Regionenblindheit“ der europäischen Gründungsverträge konstatiert worden. Der einzige regionale Bezug findet sich in der Präambel des damals noch so bezeichneten EWG-Vertrags. Dort war vereinbart worden, die Gemeinschaft werde von den beteiligten Staaten gegründet „…in dem Bestreben, ihre Volkswirtschaften zu einigen und deren harmonische Entwicklung zu fördern, indem sie den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringern“. Hierzu wurden in der Folge verschiedene Instrumente geschaffen, deren bedeutsamstes der Europäische Fond für regionale Entwicklung (EFRE) ist.
Otto Schmuck
Zur Europäisierung des deutschen Föderalismus – zwischen Synchronisierung und Strukturbruch?
Zusammenfassung
Nimmt man einen Abgleich zwischen dem internationalen Diskurs über Europäisierungstheorien einerseits und den Schwerpunkten der politischen und wissenschaftlichen Diskussion in Deutschland andererseits vor, so stellt man fest, dass sich die Auseinandersetzung hierzulande auf wenige, sehr spezielle Aspekte beschränkt. Von einer Europäisierung des deutschen Föderalismus wird in diesem Kontext kaum gesprochen – am ehesten noch von einer Europäisierung des Regierungssystems der Bundesrepublik. Gebräuchlicher sind hingegen Begriffe wie „Europafähigkeit“ bzw. „Europatauglichkeit“ von Bund und Ländern. Grundlage entsprechender Analysen bilden vor allem institutionalistische und politikfeldbezogene Untersuchungsansätze. Die föderale Dimension verschränkter Politikgestaltung von Bund und Ländern im Wechselspiel mit europäischen Verfahren und Institutionen wird auf diese Weise nur implizit gewürdigt. Von Ausnahmen abgesehen, fokussiert die deutsche Europa-Debatte im Kern vor allem innerdeutsche Kompetenzkonflikte zwischen Bund und Ländern. Denn immer wieder dominiert die Frage, welche Ebene in welchen Politikfeldern oder Sachfragen gegenüber der EU verhandlungs- und abstimmungsberechtigt ist. Auch die breite Diskussion über das Subsidiaritätsprinzip ist letztlich Ausdruck kompetenzrechtlicher Schutz- und Abwehrreflexe. Dass die unterschiedlichen Akteure des europäischen Mehrebenensystems mit Verweis auf dieses Prinzip zum Teil gänzlich konträre Interessen verfolgen, ist dabei nachrangig.
Henrik Scheller
Die Europäische Union als Militärmacht
Zusammenfassung
Zehn Jahre nach den Europäischen Ratstreffen von Köln und Helsinki, die der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Gestalt und Richtung gegeben haben, liegt es nahe, eine Bilanz derjenigen Entwicklung zu ziehen, die der Europäischen Union die Fähigkeit zu autonomem militärischen Handeln in der internationalen Politik verliehen hat. Die Union hat die notwendigen Planungs-, Entscheidungs- und Operationsstrukturen für Militäroperationen geschaffen und die EU ist mit der ESVP mittlerweile in über 20 Missionen weltweit engagiert gewesen oder noch engagiert. Dennoch bleiben eine Reihe von Problemen erkennbar: Die verfügbaren militärischen Kapazitäten sind begrenzt und leiden unter der Duplizierung zahlreicher Beschaffungsprogramme in den Mitgliedstaaten; der politische Entscheidungsprozess bezüglich einzelner Missionen leidet unter den intergouvernementalen Handlungsprinzipien und trotz einer Europäischen Sicherheitsstrategie leidet das sicherheitspolitische Handeln der EU unter einem Mangel an Kohärenz und ist weitgehend reaktiv.
Julia Galaski, Markus Kaim
Zwischen den USA, Russland und anderen regionalen Vormächten: Zur Rolle der EU in der Welt
Zusammenfassung
Für die EU ist es bei ihrem Streben nach einem effektiven Multilateralismus entscheidend, ihr Krisenmanagement nicht nur mit den zentralen Sicherheitsinstitutionen wie den Vereinten Nationen und der NATO zu koordinieren, sondern auch und vor allem mit den mächtigsten staatlichen Akteuren, allen voran den USA und den beiden regionalen Vormächten Russland und China. Die Gründe hierfür liegen in den Herausforderungen durch die globalen Entwicklungen seit Ende des Kalten Krieges. Die EU unterliegt dabei einem doppelten Dilemma: Nicht nur haben sich die Parameter im transatlantischen Verhältnis verändert, es droht auch zunehmend eine Machtauseinandersetzung vor allem mit Russland um die Gestaltung und Stabilisierung einer veränderten Peripherie nach der Erweiterung der Union; an der Entwicklung des Verhältnis der Gemeinschaft zu Moskau entscheidet sich maßgeblich auch die Frage nach der künftigen Rolle der Union als regionale Großmacht. China stellt demgegenüber für die Union weniger eine sicherheitspolitische denn eine ökonomische Herausforderung dar und ist daher auch nur am Rande Gegenstand dieses Beitrags.
Stefan Fröhlich
Europäische Nachbarschaftspolitik – Genesis, Bestandsaufnahme und Perspektiven
Zusammenfassung
Die Beziehungen der Europäischen Union (EU) zu seinen Nachbarn haben zwei Dimensionen:
  • Bilaterale Beziehungen der EU zu den sechzehn Nachbarländern und
  • Multilaterale Beziehungen der EU zu regionalen Plattformen der Zusammenarbeit im Süden und im Osten der erweiterten EU.
Ernst Piehl
Die Entstehungsgeschichte und Strukturen der Mittelmeerunion: Gradmesser für europäische Debatten zur Nachbarschafts-, Mittelmeer- und Nahostpolitik
Zusammenfassung
Nüchtern betrachtet lässt sich das Ziel der 2008 begründeten Mittelmeerunion – offiziell und sperrig „Barcelona Prozess: Union für das Mittelmeer“ genannt – in einem kurzen Absatz zusammenfassen: Mit der vom französischen Staatspräsidenten Nicholas Sarkozy angestoßenen Union soll die bestehende Zusammenarbeit zwischen der EU und den Ländern des südlichen Mittelmeerraums gestärkt werden. Auf dem Gipfel am 13. Juli 2008 unter französischer EU-Präsidentschaft haben die EU-Mitgliedstaaten vereinbart, mit der Mittelmeerunion den Barcelona-Prozess entlang konkreter gemeinsamer Projekte neu zu beleben. Die Mittelmeerunion umfasst die EU-27, die Europäische Kommission sowie Albanien, Algerien, Ägypten, Bosnien-Herzegowina, Israel, Jordanien, Kroatien, den Libanon, Libyen, Mauretanien, Marokko, Monaco, Montenegro, die palästinensische Autonomiebehörde, Syrien, Tunesien und die Türkei, also insgesamt 45 Mitglieder. Die Arabische Liga bekommt einen Beobachterstatus. Der Mittelmeerunion stehen jeweils ein EU-Mitglied und ein Nicht-EU-Staat gemeinsam vor. Den ersten gemeinsamen Vorsitz in der Mittelmeerunion führen Sarkozy und Ägyptens Präsident Hosni Mubarak. Es sollen alle zwei Jahre Treffen der Staats- und Regierungschefs und jährliche Treffen der Außenminister stattfinden und neue institutionalisierte Strukturen geben. Die Finanzierungsinstrumente des Barcelona-Prozesses sollen in der Mittelmeerunion durch verschiedene neue Geldgeber erweitert werden.
Almut Möller
Chronik der Konstitutionalisierung Europas – Fortschritte und Rückschläge
Bjürn Uhrig
Backmatter
Metadata
Title
Die Europäische Union nach dem Vertrag von Lissabon
Editor
Olaf Leiße
Copyright Year
2010
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-92232-4
Print ISBN
978-3-531-16072-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-92232-4