2005 | OriginalPaper | Chapter
Die Konflikttheorie als Gesellschaftstheorie
Author : Jörn Lamla
Published in: Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Activate our intelligent search to find suitable subject content or patents.
Select sections of text to find matching patents with Artificial Intelligence. powered by
Select sections of text to find additional relevant content using AI-assisted search. powered by
Folgt man Ralf Dahrendorf, muß der soziale Konflikt im Zentrum der Gesellschaftstheorie stehen. Weil deren „zugleich nobelste und schwierigste Aufgabe“ darin bestehe, die strukturelle Wandlungsdynamik ganzer Gesellschaften zu erklären (Dahrendorf 1972: 73; 1971b: 114), stelle der soziale Konflikt ihr theoretisches Schlüsselkonzept dar. Es leite die soziologische Analyse an, die wesentlichen endogenen Faktoren und Kräfte zu identifizieren, die eine Gesellschaft in ihren Grundstrukturen unter Veränderungsdruck setzen und historisch in Bewegung halten. Im Unterschied zu vielen anderen Gesellschaftstheoretikern läßt sich daher für Ralf Dahrendorf sagen, daß bei ihm Gesellschaftstheorie und Konflikttheorie nahezu zusammenfallen. Der kategorialen Differenz beider Gegenstandsbereiche ist er sich freilich bewußt, so daß Gesellschaft nicht auf Konflikt reduziert wird. Ein Beleg hierfür ist die grundlagentheoretische Abhandlung zur Kategorie der sozialen Rolle in Dahrendorfs (1977) berühmtem Essay über den „Homo Sociologicus“, der das spezifische Menschenbild der Soziologie in Abgrenzung zum „homo oeconomicus“ oder zum „psychological man“ bezeichnet. Darin wird Gesellschaft in sehr allgemeiner Form als jene „ärgerliche Tatsache“ thematisiert, die den menschlichen Akteur in allen Lebensbereichen mit objektivierten Komplexen von Verhaltenserwartungen (Rollen) konfrontiert.