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2012 | Book

Die NATO

Author: Bastian Giegerich

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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About this book

Die NATO, gegründet als Bündnis zur kollektiven Selbstverteidigung, hat sich in eine Organisation zur Bewältigung einer Vielzahl von Sicherheitsbedrohungen gewandelt. Vieles spricht dafür, dass die Anpassungsleistung der NATO einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, die andauernde Relevanz der NATO zu sichern. Andererseits läuft die NATO Gefahr, sich funktional zu überdehnen, was ihren Wesenskern als Verteidigungsbündnis in Frage stellt. Dieses Buch soll helfen, die Evolution der NATO verständlich zu machen. Es behandelt historische Entwicklungslinien, den institutionellen Aufbau der NATO und ihre politisch-strategische Grundkonzeption. Der Band analysiert außerdem die Themenfelder NATO Erweiterung, Militäreinsätze jenseits des Bündnisgebiets wie z.B. in Afghanistan, Partnerschaftsprogramme der NATO sowie Kooperationsbemühungen mit anderen internationalen Akteuren und skizziert künftige Herausforderungen, denen sich die NATO stellen muss.

Table of Contents

Frontmatter
1. Sicherheitsbündnis im Wandel
Zusammenfassung
„Obwohl die NATO beschäftigter ist als jemals zuvor, ist ihr Wert für Viele weniger offensichtlich als in der Vergangenheit“ (Group of Experts 2010: 5, Übersetzung des Verf.). Diese Erkenntnis, aufgeschrieben im Frühjahr 2010 von einer Expertengruppe um die ehemalige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright, die im Auftrag des NATO Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen die Neuauflage des strategischen Konzepts der Allianz vorbereiten half, drückt das Kernproblem der NATO in der siebten Dekade ihres Bestehens aus. Die NATO, 1949 gegründet als Bündnis zur kollektiven Selbstverteidigung, hat sich in eine Organisation zur Bewältigung einer Vielzahl von Sicherheitsbedrohungen und -risiken gewandelt. Sie hat damit auf den Wandel des internationalen sicherheitspolitischen Umfeldes reagiert.
Bastian Giegerich
2. Politische und militärische Strukturen
Zusammenfassung
Der Nordatlantikvertrag sah lediglich die Schaffung des Nordatlantikrats vor, nahm aber darüber hinaus keine institutionellen Weichenstellungen vor. Nichtsdestotrotz verfügt die NATO heute über ein komplexes System an politischen und militärischen Strukturen, die in diesem Kapitel beleuchtet werden. Während die NATO Mitgliedstaaten den integrierten Militärstrukturen nicht zwangsläufig angehören müssen, siehe das Beispiel Frankreich, das sich von 1966 bis 2009 aus diesen zurückgezogen hatte, wirken alle Mitglieder an den politischen Strukturen mit. Hierin kommt zum Ausdruck, dass es sich bei der NATO um eine politische Allianz mit militärischen Fähigkeiten handelt, das militärische Element also den politischen Vorgaben untergeordnet ist.
Bastian Giegerich
3. Die strategischen Konzepte der NATO
Zusammenfassung
Strategische Grundlagendokumente sollten mehrere Funktionen erfüllen. Erstens müssen sie die Aufgaben, die eine Organisation erfüllen will, und die zur Verfügung stehenden Instrumente benennen. Dies schließt im Falle einer Sicherheitsorganisation eine Analyse der Bedrohungen, denen begegnet werden soll, mit ein. Zweitens ist eine Strategie auch immer ein Mittel der Konsensbildung unter den beteiligten Akteuren und kodifiziert somit den jeweiligen Entwicklungsstand einer Organisation. Drittens, sind sie Kommunikationsmittel, die Prioritäten einer Organisation legitimieren sollen.
Bastian Giegerich
4. Die Erweiterung der Allianz
Zusammenfassung
Die Aufnahme neuer Mitglieder in die NATO war niemals ein Selbstzweck. Sowohl im Falle der vier Staaten – Bundesrepublik Deutschland (1955), Griechenland (1952), Spanien (1982) und Türkei (1952) – die noch während des Kalten Krieges beitraten, als auch für die 12 Staaten, die seit 1999 hinzustießen – Albanien (2009), Bulgarien (2004), Estland (2004), Kroatien (2009), Lettland (2004), Litauen (2004), Polen (1999), Rumänien (2004), Slowakei (2004), Slowenien (2004), Tschechien (1999) und Ungarn (1999) – galt, dass sich ihr Wunsch zum Beitritt mit den politischen Interessen der Allianz decken musste. Geostrategische Überlegungen standen somit im Vordergrund und änderten sich mit den sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen.
Bastian Giegerich
5. Einsätze der NATO
Zusammenfassung
Auch zu Zeiten des Kalten Krieges merkte die NATO wiederholt an, dass sie an sicherheitspolitischen Entwicklungen jenseits des Bündnisgebietes direktes Interesse hat. Der Harmel Bericht von 1967 wies darauf hin, dass die Sicherheit des NATO Territoriums und seiner Mitgliedstaaten in diesem weiteren Kontext zu verankern ist: Das Vertragsgebiet könne nicht „in Isolation vom Rest der Welt [betrachtet werden.] Krisen und Konflikte, die außerhalb dieses Gebiets aufkommen, können seine Sicherheit entweder direkt oder durch Beeinträchtigung des globalen Gleichgewichts schädigen“ (NATO 1967: Par. 15, Übersetzung des Verf.). Aber erst mit Ende des Kalten Krieges stellte sich die Frage nach Krisenmanagementeinsätzen durch die sich die NATO ein neues Aufgabenfeld erschloss, der Maxime des US Senators Richard Lugar, out of area or out of business, folgend (Lugar 1993).
Bastian Giegerich
6. Partnerschaftsprogramme der NATO
Zusammenfassung
Seit Anfang der 1990er Jahre richtet die NATO durch eine Reihe von Partnerschaftsprogrammen ein vielfältiges Kooperationsangebot an interessierte Staaten. Partnerschaftsprogramme dienen in ihren verschiedenen Ausprägungen der Erfüllung mehrerer Zwecke im Hinblick auf Staaten, die nicht selbst Bündnismitglieder sind. Die Kernpunkte sind eine generelle Zusammenarbeit zu sicherheitspolitischen Themen, die Befähigung zu militärischer Zusammenarbeit, die Einbindung von Beiträgen aus Drittstaaten zu NATO geführten Einsätzen sowie die Vorbereitung auf Erweiterungsrunden der Allianz. Partnerschaften sind zwar nicht mit einer Vorstufe zur Mitgliedschaft zu verwechseln, haben aber in einigen Fällen durch Anpassungsleistungen auf beiden Seiten den Beitritt neuer Mitglieder aber wesentlich strukturiert. Die Mitwirkung von Staaten außerhalb der NATO an Einsätzen ist mit der Übernahme komplexer Krisenmanagementoperation durch das Bündnis, wie z.B. in Afghanistan, mittlerweile alltägliche Realität.
Bastian Giegerich
7. Kooperation mit multilateralen Sicherheitsakteuren
Zusammenfassung
Wie auch für die in Kapitel 6 besprochenen Partnerschaftsprogramme sind das sich wandelnde sicherheitspolitische Umfeld und die Einsätze der NATO die wesentliche Antriebskraft hinter den Bemühungen der Allianz, ihre Beziehungen mit anderen multilateralen Akteuren zu vertiefen. Hier stehen vor allem die VN, EU und OSZE im Vordergrund. Um mit den gegenwärtigen Sicherheitsproblemen umgehen zu können, ist die NATO auf politische Legitimität und auch Kapazitäten anderer Organisationen angewiesen. Anders lässt sich Erfolg im Einsatz, sei es in Afghanistan, Kosovo oder vor dem Horn von Afrika, nicht mehr erreichen. Die NATO hat, mit der Entscheidung auf dem Gipfeltreffen 2006 in Riga, einen umfassenden Ansatz (comprehensive approach) bei der Sicherheitsvorsorge zu verfolgen, diese Einsicht zu einem programmatischen Kernpunkt erhoben.
Bastian Giegerich
8. Relevanz und Wandel des Bündnisses: Erklärungsansätze
Zusammenfassung
Seit Ende des Kalten Krieges befindet sich die NATO in einem andauernden Anpassungsprozess. Die strategischen Grundlagen ihrer Arbeit wurden mehrfach überarbeitet, um neue Aufgaben neben der kollektiven Verteidigung angehen zu können. Ihre militärischen Führungsstrukturen sind von einem geografisch geprägten Sicherheitsbegriff auf ein funktionales Sicherheitsverständnis umgebaut worden. Die NATO hat mehrere Erweiterungsrunden durchgeführt und eine Vielzahl von neuen Mitgliedern erfolgreich integriert. Sie hat durch eine Vielzahl von Krisenmanagementeinsätzen den Willen ihrer Mitglieder zum Ausdruck gebracht, die Organisation zu nutzen, um auf globaler Ebene zu Stabilität und Sicherheit beizutragen. Die Allianz hat ein komplexes Netz an Kooperationsmechanismen aufgebaut, das die Zusammenarbeit mit Nicht-Mitgliedern und anderen Organisationen erlaubt. Kurzum: der Wandel der NATO erstreckt sich auf nahezu alle Bereiche.
Bastian Giegerich
9. Schlussbemerkungen
Zusammenfassung
Das NATO Gipfeltreffen in Lissabon war eine erfolgreiche Zusammenkunft: das neue strategische Konzept konnte ohne nennenswerte Probleme beschlossen werden, der russische Präsident Medvedev war zu Gast und unterstrich somit den Neubeginn der Kooperation zwischen der NATO und Russland. Mehrere Gipfelteilnehmer lobten explizit die konstruktive Rolle, die der Generalsekretär der NATO bei der gemeinsamen Positionsfindung zu Fragen von strategischer Bedeutung gespielt habe. Rasmussen selbst, offensichtlich ebenfalls höchst zufrieden mit den Ergebnissen von Lissabon, sagte auf der abschließenden Pressekonferenz: “I believe this is one of the most substantial NATO summits you’ve ever seen. I also think it is one of the most important summits in the history of the alliance” (NATO 2010c). Es ist noch zu früh, um die Bedeutung der in Lissabon vorgenommenen Neuausrichtung der Allianz endgültig zu bewerten.
Bastian Giegerich
Backmatter
Metadata
Title
Die NATO
Author
Bastian Giegerich
Copyright Year
2012
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-94182-0
Print ISBN
978-3-531-18409-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-94182-0