Ein frühes Ende vor dem späten Beginn

Siehe dazu auch den Aufsatz von Göran Therborn (2020) in der aktuellen Ausgabe der New Left Review.

In den Cultural Studies wird in diesem Zusammenhang – seit Stuart Hall – von ‚conjuncture‘ gesprochen. Die gerne gebrauchte Übersetzung ‚Konjunktur‘ finde ich aus zweierlei Gründen unpassend. Zum Ersten ist im deutschen Sprachgebrauch ‚Konjunktur‘ als ein eindeutig wirtschaftlicher Begriff eingeführt und im allgemeinen Bewusstsein festgeschrieben. Das zweite Argument greift eine Übersetzungsbegründung von Frieder Otto Wolf auf. In einer erläuternden Anmerkung zu der von ihm herausgegebenen Schrift Für Marx von Louis Althusser (1974) schreibt er: „Die leider verbreitete deutsche Übersetzung als ‚Konjunktur‘ verweist auf ein Moment in einem Verlauf, während das französische conjoncture auf einen jeweils gegebenen situativen Zusammenhang, eine Lage, verweist. Deswegen ist die Übersetzung mit ‚Konstellation‘ weniger irreführend“ (F. O. Wolf in: Althusser 1974, S. 345). Dessen eingedenk, dass Althussers Begriff von Antonio Gramsci herkommt und dass auch Halls ‚conjuncture‘ sich auf Gramsci bezieht und mutmaßlich via Althusser in sein Denken Eingang gefunden hat, gebrauche ich hier – und im Folgenden – ‚Konstellation‘.

Wir können Frasers für die Vereinigten Staaten entwickeltes Denkmodell durchaus weiterdenken und für Europa, oder auch für Österreich, zu modifizieren suchen; es wäre dies ein Desideratum künftiger Forschung. Hier und jetzt lässt sich jedenfalls festhalten, dass die Politik und Kultur der Grünen bzw. der NEOS naheliegende Gegenstände wären.

Vgl. dazu den amüsant-erhellenden Kriminalroman von Laurent Binet (2018).

Es ist erstaunlich (um den Umstand behutsam zu beschreiben) mit welcher Hartnäckigkeit viele Vertreter der ‚zweiten Generation‘ der deutschen Cultural Studies, also jene, die in den 1990er Jahren anfingen, sich mit dem Projekt zu beschäftigen, die Arbeiten von Klaus und Co. nicht zur Kenntnis genommen haben.

Kurt Stocker und meine Wenigkeit hatten (gemeinsam mit Slivio Lehmann und Werner Korn, der gegen Ende der Geschichte zum IKUS stoßen sollte) bereits 1981–82 eine Studie über die Vorgeschichte der österreichischen Grünen verfasst. Die Arbeit an ‘Alternativen in Österreich. Vorstudie zur Entwicklung und Perspektive alternativer Strömungen in Österreich’ (Horak et al. 1982) hat uns damals recht eigentlich ‘auf den Geschmack’ gebracht.

Ein eingehender Bericht zur Geschichte des IKUS findet sich (neben einem historischen Aufriss der deutschen Cultural Studies) in Horak 2002.

Als eine Art Schwanengesang luden wir im September 1994 Lawrence Grossberg zu einem Abschlussvortrag ein. Grossbergs Präsentation kam dann, gemeinsam mit Texten von Rolf Lindner, H. Gustav Klaus und Nora Räthzel (die im Verlauf des Jahres 1993 Vorträge am IKUS gehalten hatten), als Heft 17/18 der IKUS-Lectures heraus.

Es ist wohl eine besondere Ironie der Geschichte, dass das IFK unter der Leitung von Gotthart Wunberg und heftig betrieben von Lutz Musner sich um die Jahrtausendwende in Richtung Cultural Studies öffnete. Vgl. Musner (1999); Musner und Wunberg (2002). Davon ist nun allerdings auch nichts geblieben.