2008 | OriginalPaper | Chapter
Einleitung
Published in: Verfassungsänderungen in etablierten Demokratien
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Verfassungen sind Macht-Ordnungen. Sie befugen und bändigen, verleihen Rechte und setzen Grenzen — den Bürgern ebenso wie dem Staat. Ihre Kombination mit dem demokratischen Prinzip regelmäßiger Wahlen gilt als intelligenteste Methode, das menschliche Zusammenleben zum Vorteil aller langfristig zu organisieren und heterogene Interessen in einer Gemeinschaft zu integrieren. So einleuchtend die Relevanz von Verfassungen, so wenig wissen wir doch über ihr Schicksal nach der Verabschiedung. Die Politikwissenschaft fiel offensichtlich auf ihre eigenen Deutungen herein: Es war ja sie selbst, die seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts nach überstandenen Weltkriegen und der Anomie des Neuanfangs die Systeme des Westens als besonders fest gefügt bewertete und im Eindruck der Blockkonfrontation den hohen Respekt vor den Verfassungen als wesensbestimmend für die Demokratie. Als die Akteure längst flügge geworden waren und die Verfassungen bereits viel häufiger änderten, als angenommen, banden dann der weltumspannende formale „Triumph des Konstitutionalismus“ (Kay 2001: 16; Herrmann/Schaal/Vorländer 2003) und die Debatte um eine europäische Verfassung die Aufmerksamkeit und lenkten von klassisch-nationalen Verfassungsentwicklungen ab.