1 Einführung
Fette im Abwasser verursachen Probleme bei der Abwasserentsorgung, unter anderem die gerade medial beachteten Fettberge im Kanalsystem. Aus diesem Grund versucht man in den meisten Ländern, ein geordnetes Fettmanagement zu etablieren (Wallace et al.
2017). In Österreich ist in der ÖNORM EN 1825-1:
2005 festgelegt, welche Einrichtungen Fettabscheider brauchen. Jedoch ist es in der Praxis häufig so, dass Fettabscheider ganz fehlen oder zu selten gewartet werden und so ihre Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist (Dengg und Rostek
2004; Hepperger und Hartmann
2011). Eine Möglichkeit die Situation zu verbessern, wäre die verstärkte Nutzung der Fettabscheiderinhalte als Ressource, umso die Installation und Wartung von Fettabscheidern attraktiver zu machen. Fettabscheiderinhalte können verschiedentlich verwertet werden, z. B. als Biogas durch (Co‑)Vergärung, als Viehfutter oder als Ausgangssubstrat für Biodiesel (Montefrio et al.
2010). Die Erzeugung erneuerbarer Energie aus Fettabscheiderinhalten ist insofern eine interessante Option, da der Anbau von Energiepflanzen in Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung steht und gezeigt werden konnte, dass die daraus erzeugte Energie eine höhere Kohlendioxidschuld produziert als fossile Energieträger (Fargione et al.
2008).
Aufgrund seiner großen Anfallmengen bieten Fettabscheiderinhalte ein großes Biogaspotenzial (Zhang et al.
2014). Die Co-Vergärung von Fettabfällen auf Kläranlagen steigert bis zu einer gewissen Zugabemenge den Biogasertrag deutlich, sowohl hinsichtlich der Menge als auch des Methananteils im Biogas (Davidsson et al.
2008; Del Mundo und Sutheerawattananonda
2017) und ist daher weit verbreitet (DWA-M380
2009). Wang et al. (
2013) konnten in ihrer Studie bei der Co-Vergärung Fettabscheiderinhalte bis zu 20 % (v/v) bzw. 65,5 % (m/m) Trockensubstanz ohne Reaktorversagen zufüttern und dabei sowohl Biogasertrag als auch Methangehalt steigern.
Die Verwertung/Entsorgung von Fettabscheiderinhalten in Faultürmen kommunaler Kläranlagen ist in Österreich gängige Praxis. Fettabfälle haben hierbei ein sehr hohes Biogaspotenzial und die Gasqualität für die Verbrennung in Blockheizkraftwerken ist durch den hohen Anteil an Methan (ca. 68 %) sehr von Vorteil. Hierbei wird meist der gesamte Inhalt der Fettabscheider (fettreiche Schwimmschicht, wässrige Phase inklusive Spülwasser, Sediment) in einem beheizten Tank gelagert und kontinuierlich dem Faulturm zugegeben. Problematisch ist allerdings, dass der Wasseranteil in Fettabscheidern sehr hoch ist (oft bis zu 90 %). Diese wässrige Phase benötigt nicht nur Heizenergie während der Lagerung, sondern belegt auch Faulraum im Reaktor (Long et al.
2012).
Eine weitere erneuerbare Energiequelle ist Biodiesel. Problematisch mit Biodiesel aus Pflanzenölen sind neben der Nahrungsmittelkonkurrenz auch die hohen Rohstoffkosten, die diesen Biodiesel oft unwirtschaftlich machen (Canakci
2007; Math et al.
2010). In den letzten Jahren wurde jedoch eine Vielzahl verschiedener Verfahren zur Biodieselerzeugung entwickelt: homogen oder heterogen katalysierte Prozesse, einstufige und mehrstufige Verfahren, enzymatisch katalysierte Prozesse und überkritische Prozesse (Banković-Ilić et al.
2014; Guldhe et al.
2015; Gumba et al.
2016). Dadurch ist heute die Nutzung verschiedenster Ausgangssubstrate möglich, auch minderwertige Abfallstoffe wie Klärschlamm (Mondala et al.
2009), tierische Abfallprodukte (Banković-Ilić et al.
2014) und Fettabscheiderinhalte (Wallace et al.
2017) können zur Biodieselerzeugung genutzt werden.
Getrennt erfasste Altspeiseöle sind aufgrund der geringen Rohstoffkosten zur Biodieselerzeugung wirtschaftlich interessant (Kulkarni und Dalai
2006) und es existieren verschiedene entsprechende Systeme wie in Tirol das Altspeiseöl-Sammelsystem Öli (Ortner et al.
2016).
Im Vergleich zu getrennt erfassten Altspeiseölen ist die Qualität der Altspeisefette und -öle (fat, oil and grease – FOG) aus Fettabscheidern deutlich schlechter. Durch Lipasen und Mikroorganismen in den Fettabscheidern kommt es zu einer Aufspaltung der Fette. Hierbei werden die Fettsäuren vom Triglycerid abgespalten und es kommt zu einer Zunahme an freien Fettsäuren (He und Yan
2016; Shon et al.
2002). Durch eine regelmäßige Leerung von Fettabscheidern in kurzen Intervallen ist es theoretisch möglich, ein Ausgangssubstrat mit einem relativ geringen Gehalt freier Fettsäuren zu erhalten (Montefrio et al.
2010).
Fette und Öle aus Fettabscheidern weisen im Vergleich zu separat gesammelten Altspeiseölen eine insgesamt schlechtere Qualität auf. Um die Eignung als Biodiesel zu erfüllen, ist die Cetanzahl ein wichtiger Richtwert. Dieser beschreibt die Zündwilligkeit des Kraftstoffs. Die minimale Cetanzahl für Biodiesel liegt laut ÖNORM EN 14214:
2017 01 01 bei 51. Im Schnitt ist die Cetanzahl bei Biodiesel (Cetanzahl: 58) höher als bei mineralischem Dieselkraftstoff (Cetanzahl: 53 bis 54). Die Cetanzahl kann über das Fettsäureprofil (C14 bis C24) abgeschätzt werden. Vor allem mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie zum Beispiel Linolensäure (C18:3) wirken sich negativ auf die Cetanzahl aus und verringern diese, wohingegen sich langkettige, gesättigte Fettsäuren positiv auf die Cetanzahl auswirken und diese erhöhen (Bamgboye und Hansen
2008).
Ein weiteres Problem bei der Biodieselproduktion aus Fettabscheider-FOG ist der erhöhte Schwefelgehalt (He et al.
2017; Hums et al.
2016). Vor allem Speisereste können hier zu einem starken Eintrag an Schwefel führen, da besonders in Lebensmitteln wie Eiern, Milchprodukten, Fleisch oder Lauchgewächsen viel Schwefel enthalten ist (Kemmerer und Boutwell
1932). Nach ÖNORM EN 14214 liegt der Grenzwert für Biodiesel bei 10 mg Schwefel pro kg. Hums et al. (
2016) hingegen setzen für ihre Ökobilanz bei Fettabscheidern einen mittleren Wert von 200 ppm Schwefel an.
Die Einhaltung des Grenzwerts kann im Herstellungsprozess durch mehrmalige Destillation erreicht werden. Sollte der Grenzwert nicht erreicht werden, muss ein zusätzliches Verfahren zur Entschwefelung nachgeschaltet werden (Reichel und Raudner
2016).
Für die industrielle Erzeugung von Biodiesel ist vor allem der Parameter Freie Fettsäuren (FFS) die zentrale Größe. Dieser Parameter bestimmt maßgeblich, welches Verfahren großtechnisch eingesetzt wird, um das Öl in Biodiesel umzuwandeln. Liegen die FFS <5 %, ist das alkalisch-katalytische Verfahren die wirtschaftlichste Variante. Für Qualitäten mit FFS >5 % werden sogenannte Multi-Feedstock-Verfahren (BDI-BioEnergy International AG) angeboten, die einen Gehalt an FFS von bis zu 100 % erlauben. Die Biodieselherstellung aus Fettabscheider-FOG braucht aufgrund des hohen Gehalts freier Fettsäuren und Wasser andere Verfahren als das Standardverfahren der basisch katalysierten Umesterung. Hums et al. (
2016) zeigten jedoch, dass die Ökobilanz von Biodiesel aus Fettabscheider-FOG vergleichbar gut wie die etablierter Treibstoffe sein kann. In der Ökobilanz waren bei Fettgehalten der Fettabscheiderinhalte über 10 % die meisten der untersuchten Umwelt-Maßzahlen geringer als die von schwefelarmem Treibstoff und vergleichbar mit Sojabohnen-Biodiesel.
In der vorliegenden Arbeit soll aufgezeigt werden, wie Fettabscheiderinhalte energetisch möglichst hochwertig genutzt werden können. Es wurden Proben aus Fettabscheidern unterschiedlichen Zustands gezogen und die in der Schwimmschicht enthaltenen Altspeisefette und -öle hinsichtlich ihrer Qualität (Gehalt freier Fettsäuren, Schwefel und Fettsäurezusammensetzung) analysiert. Das Biogaspotenzial von Fettabscheiderinhalten wurde für die einzelnen enthaltenen Fraktionen getrennt bestimmt. Die Untersuchungen zeigen das Potenzial von Fettabscheiderinhalten für die Biodieselherstellung, auch wenn ihre Verwertung aufgrund der im Vergleich zu getrennt erfassten Altspeiseölen geringeren Qualität aufwendigere Verfahren erfordert. Die bei der Aufarbeitung der Fettabscheiderinhalte anfallenden Reststoffe (Speisereste) weisen ein hohes Gasbildungspotenzial auf und sind weiterhin für die energetische Nutzung in der (Co‑)Vergärung interessant.
4 Diskussion
Die Beprobung zeigte, dass bei den meisten Fettabscheidern viel Potenzial zur Optimierung der Wartungs- und Entleerungsintervalle besteht. Durch mangelnde Entleerungen ist die Funktionsfähigkeit oft eingeschränkt (z. B. zu dicke Fettschicht, zu viele Speisereste). Dies wirkt sich nicht nur auf die Qualität der Fettabscheider-FOG aus, sondern bedeutet auch einen erheblichen Austrag an verwertbaren Ressourcen aus den Fettabscheidern. So wurde in den in der Schwimmschicht der Fettabscheider enthaltenen Altspeisefetten und -ölen ein hoher Anteil freier Fettsäuren (FFS) gefunden. Der Gehalt an FFS lag zwischen 52 und 88 % (Median 80 %). Eine alkalisch-katalysierte Umesterung zu Biodiesel kommt für diese Öle daher nicht in Frage. Für dieses Substrat muss daher ein mehrstufiges Verfahren angewendet werden, um eine wirtschaftlich sinnvolle Biodieselherstellung zu erreichen. Je mehr Verfahrensschritte benötigt werden, umso kostenintensiver wird die Herstellung des Biodiesels. Dieser Nachteil wird jedoch durch den günstigen Substratpreis wieder relativiert. Die FOG der untersuchten Fettabscheider enthielten im Median 130 mg/kg Schwefel (31 bis 519 mg) und liegen so in einem ähnlichen Bereich wie in der Literatur angegeben. Das bedeutet, dass der Biodiesel aus Fettabscheider-FOG entschwefelt werden muss, um den vorgeschriebenen Grenzwert von 10 mg/kg in Biodiesel zu erreichen. FOG aus Fettabscheidern mit einem hohen Anteil an Speiseresten wiesen tendenziell höhere Schwefelgehalte auf. Eine Abtrennung der Speisereste vor dem Eintrag in den Fettabscheider ist daher sinnvoll und kann zum Beispiel durch eine Schulung des Gastronomiepersonals oder angepasste Vorreinigung des Geschirrs erreicht werden. Durch diese einfachen Maßnahmen könnte so die Fettqualität für die Biodieselproduktion deutlich gesteigert und zusätzlich die Schwefelwasserstoff-Problematik im Kanalnetz (Geruchsbildung, Korrosion) reduziert werden.
Damit Öle und Fette für die Biodieselherstellung verwendet werden können, müssen sie eine minimale Cetanzahl von 51 aufweisen (ÖNORM EN 14214). Berechnet wird diese aus der Zusammensetzung einiger Fettsäuren wie in Gl.
1 dargestellt. Hierfür ist das Fettsäureprofil der Öle zu bestimmen. Anhand dieser Berechnungen zeigt sich, dass der Median der Cetanzahl bei 57 liegt und somit alle untersuchten Fettabscheiderproben für die Biodieselherstellung geeignet wären.
Da der Fettverderb bei konstantem Nährstoffeintrag und adaptierten Mikroorganismen sehr schnell vor sich geht, ist die Fettqualität aus Fettabscheidern für die Biodieselherstellung sehr schlecht bezogen auf den Anteil an FFS. Ein optimiertes Entsorgungsintervall bietet hier nur wenig Spielraum für eine Verbesserung der Fettqualität hinsichtlich FFS, jedoch könnten sich dadurch die Mengen an abgeschiedenem Fett erhöhen und der Fetteintrag in den Kanal maßgeblich verringert werden. Eine verbesserte Abtrennung von Speiseresten ist hier eine sinnvolle Maßnahme, um zum einen die Fettqualität zu verbessern und zum anderen den Fettabscheider effizienter zu nutzen, da nur Fette und keine Speisereste aus dem Abwasser abgeschieden werden müssen.
Um die Fettabscheiderinhalte möglichst hochwertig zu verwerten und die maximale Energierückgewinnung zu erhalten, ist eine Trennung der Stofffraktionen sinnvoll. Hierbei wird der gesamte Fettabscheiderinhalt in Fest‑, Flüssig- und Ölphase über Zentrifugation bei 80 °C getrennt. Für großtechnische Anwendungen sind bereits Geräte diverser Hersteller verfügbar. Die Ölphase würde in die Biodieselherstellung gehen, die Speisereste dienen als Substrat für die Co-Vergärung und die abgetrennte wässrige Phase könnte in der aeroben Reinigungsstufe einer Kläranlage behandelt werden.