Das zu Ende gehende Jahr war von energiepolitischen Diskussionen geprägt wie vielleicht keines zuvor. Zielführend waren sie selten. Eine stringente Energie- und damit Klimapolitik war kaum zu erkennen. Für 2024 ist wenig Besserung in Sicht.
Aus energiepolitischer Sicht war das Jahr 2023 von drei großen Debatten geprägt. Eine erste drehte sich um den Atomausstieg, eine weitere um das Gebäudeenergiegesetz (GEG), und eine dritte, passend zum Jahresausklang, um die Folgen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021.
Dort wollte die Bundesregierung übrig gebliebene Gelder, konkret 60 Milliarden Euro, aus den Corona-Hilfen in die Finanzierung der Energiewende stecken. Doch das höchste deutsche Gericht machte dem einen Strich durch die Rechnung. Die Folge: Fast alle Energiewende-Projekte erhalten ab sofort keine Förderung mehr. Und das betrifft auch viele Vorhaben des GEG.
Viele Projekte gestoppt
Das betrifft die bei der KfW angesiedelten Programme
- Förderung genossenschaftlichen Wohnens - 134,
- Investitionszuschuss Altersgerecht Umbauen Barrierereduzierung - 455,
sowie die vom BAFA ausgereichten
- EBW / Energieberatung für Wohngebäude,
- Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW, die insbesondere für die kommunale Wärmeplanung von Belang ist),
- Energieberatung für Nichtwohngebäude, Anlagen und Systeme (EBN) und Wohngebäude (EBW),
- Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW),
- Aufbauprogramm Wärmepumpe (BAW - Qualifizierungsprogramm für Heizungsinstallateure), Förderprogramm Serielle Sanierung,
- Bürgerenergiegesellschaften bei Windenergie an Land.
Die BAFA-Programme
- BEG EM / Förderung Einzelmaßnahmen in der Sanierung sowie
- das KfW-Programm BEG WG 261 / Förderung Effizienzhaus-Sanierung
sind davon hingegen nicht betroffen. Allerdings kann sich hier der Umfang der Förderung noch reduzieren.
GEG erreicht das Gegenteil
Viele dieser Maßnahmen waren durch die Neufassung des GEG eigentlich fördertechnisch abgesichert. Die Umsetzung stoß jedoch auf deutlichen Widerstand. Ursprünglich war ein striktes all-electric-Szenario vorgesehen. Die Wärmepumpe sollte das Maß aller Dinge werden. Doch was im Neubau gut klappt, muss im Altbau noch lange nicht funktionieren. Denn Strom kostet auch heute noch etwa dreimal so viel wie beispielsweise Erdgas. Selbst mit gut ausgelegten Luft-Wasser-Wärmepumpen hätten die Betreiber keine finanzielle Ersparnis, aber deutlich höhere Investitionskosten.
Dagegen kam es zu einem Sturmlauf und einer selten gesehenen Allianz von Bild-Zeitung, Gewerkschaften, Sozialverbänden, Unternehmen und großen Teilen der Politik – bis in die Koalition hinein.
Letztlich hat das federführende Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nachgegeben. Öl- und Gasheizungen sind weiterhin erlaubt, wenn auch mit Einschränkungen. Genau das führte 2023 zu einem Boom bei den Heiztechnologien für diese Energieträgern.
In den ersten drei Quartalen 2023 stiegen die Verkaufszahlen von Gaskesseln (+38 Prozent und immer noch Marktführer im Wärmemarkt) und Ölkesseln (+105 Prozent, Zahlen: BDH) kräftig an.
Kaum verwunderlich: 41 Millionen Haushalte in Deutschland werden nach wie vor mit fossilen Energieträgern beheizt. Und das wird wohl auch mittelfristig so bleiben. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die Wärmepumpe ebenfalls ein ordentliches Wachstum mit 86 Prozent einfuhr – aber eben vorrangig im Neubau.
KWP sorgt für Verzögerung
Und: Das neue Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung von Wärmenetzen (KWP), beim SPD-geführten Bauministerium angesiedelt, ist dem EEG quasi vorgeschaltet. Nur dort, wo in Zukunft keine Wärmenetze weiterbetrieben oder neu verlegt werden sollen, besteht für Hauseigentümer überhaupt Handlungsbedarf, auf eine neue Heizungstechnik umzusteigen. Das kann aber noch dauern. Denn große Kommunen müssen bis 2026 eine entsprechende Planung vorlegen, kleine bis 2028.
Doch auch hier gilt: Die Fristen sind kaum einzuhalten, zum einen wegen des Fachkräftemangels, zum anderen wegen der völlig unklaren Finanzierung. Denn der Haushalt für 2024 ist noch nicht fertig und im Ergebnis gibt es auch keine Förderung für solche Maßnahmen, die bisher im bereits erwähnten BEW angesiedelt waren.
Letzte Atommeiler gingen vom Netz
Ein weiterer Knackpunkt war schon vor Jahresfrist der Atomausstieg. Zwar durften drei Reaktoren trotz des beschlossenen Atomausstiegs noch bis März 2023 weiterlaufen. Doch dann war endgültig Schluss.
Auch in der Regierung gab es Stimmen, vor allem aus der FDP, die Atomkraftwerke wegen der Versorgungssicherheit und des relativ billigen Atomstroms weiterlaufen zu lassen. Mit der Realität hat das allerdings wenig zu tun. Denn nur ein Betreiber (Preußen Elektra mit Isar 2) wäre überhaupt bereit gewesen, sein Kernkraftwerk weiter zu betreiben. Die anderen Betreiber wollten aussteigen.
Interessant ist vor diesem Hintergrund, dass auf der COP28 zuletzt 22 Staaten beschlossen hatten, ihre Kernkraftkapazitäten bis 2050 aus Gründen des Klimaschutzes zu verdreifachen. Deutschland geht hier – wieder einmal – einen Sonderweg. Andererseits weiß sich die derzeitige Regierung allen Umfragen zum Trotz hier mit der Mehrheit der Bevölkerung einig. Neue Kernkraftwerke sind in Deutschland nicht realistisch.