Eine Analyse der Rahmenbedingungen industrieller Produktionsprozesse zeigt, dass diese einerseits aufgrund einer verschärften Wettbewerbssituation innerhalb der globalen Märkte durch einen starken Druck zur Kostenreduktion geprägt sind. Andererseits ist aber gerade bei energieintensiven Industrien im Bereich der betrieblichen Energieversorgung eine Steigerung der dort anfallenden Kosten für eingesetzte Endenergieträger zu beobachten. Diese sind im Wesentlichen auf einen Anstieg der Rohstoffpreise für Primärenergieträger auf den internationalen Märkten zurückzuführen. So liegt etwa bei den Preisen für Rohöl ein Anstieg von ca. 11 USD je Barrel (Stand Sept. 1998) auf Spitzenpreise von bis zu 70 USD je Barrel (Stand Sept. 2005) vor. Seit der Liberalisierung der Energiemärkte Ende der neunziger Jahre beziehen sich Bemühungen unternehmerischen Handelns vorrangig auf die Verhandlung von Bezugspreisen für die eingesetzten Endenergieträger, wobei diese Kostensenkungspotentiale weitgehend ausgeschöpft sind [vgl. International Energy Agency 1999, Bonneschky 2002, S. 1f]. Dementsprechend kann die Zielsetzung möglichst geringer Kosten für die eingesetzten Endenergieträger primär durch einen effizienten Einsatz der Endenergieträger realisiert werden.
Der Entwurf einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen erfordert zunächst die Spezifikation des Anforderungsprofils. Dieses umfasst die Spezifikation der Aufgaben und Zielsetzungen einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung. Darauf aufbauend kann das Zielsystem auf Basis der Abbildung der Produktion aus energieorientierter Sichtweise präzisiert werden.
Im Folgenden wird das einer energieorientierten Maschinenbelegung zugrunde liegende Planungsproblem in das α|β|γ-Klassifikationsschema für deterministische Maschinenbelegungsprobleme eingeordnet und dessen mathematische Formulierung auf Basis binärer Entscheidungsvariablen vorgestellt. Dazu werden zunächst grundlegende Definitionen und Begriffe im Zusammenhang mit Maschinenbelegungsproblemen eingeführt.
Prinzipiell kann die Lösung des beschriebenen energieorientierten Maschinenbelegungsproblems für identische parallele Maschinen auf Basis von optimierenden oder heuristischen Verfahren erfolgen. Zu den optimierenden Verfahren für kombinatorische Optimierungsprobleme zählen zum Beispiel vollständige Enumeration, Branch-and-Bound-Verfahren sowie Verfahren der dynamischen Optimierung [vgl. Neumann/Morlock 2002]. Allerdings ist bereits die Bestimmung einer zulässigen Lösung eines Maschinenbelegungsplans für identische parallele Maschinen im Allgemeinen ein streng NP-hartes Optimierungsproblem. Dementsprechend ist die Lösung mittels optimierender Verfahren für realistische Problemgrößen oftmals nicht mit vertretbarem (Rechen)-Aufwand zu realisieren. Daher soll nachfolgend ein heuristisches Lösungsverfahren (Heuristik) für die vorliegende Problemstellung vorgestellt werden. Heuristiken bieten im Allgemeinen keinerlei Garantie dafür, dass eine optimale Lösung gefunden wird, generieren aber meist (sehr) gute suboptimale Ergebnisse mit vertretbarem Rechenaufwand.
Zür Evaluation der entwickelten methodischen Ansätze für die Umsetzung einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen werden diese prototypisch auf ein Produktionssystem aus dem Bereich der Textilveredelung angewandt. Dazu erfolgt zunächst eine Analyse des vorliegenden Produktionssystems unter Berücksichtigung des betrieblichen Energieversorgungssystems. Hierbei steht die Erhebung der für eine energieorientierte Maschinenbelegungsplanung erforderlichen Daten im Vordergrund. Dies sind insbesondere die auftragsabhängigen Einsatzenergieträgerbedarfe der einzelnen Produktionsaufträge und die Bestimmung des zeitlichen Verlaufs des Einsatzenergieträgerbedarfs aller Produktionsaufträge. Aufbauend auf dieser Analyse soll eine Quantifizierung der Auswirkungen unterschiedlicher Maschinenbelegungspläne auf den mengenmäßigen Verbrauch an Endenergieträger sowie dessen Kosten bzw. Treibhausgasemissionen erfolgen. Da jedoch eine Quantifizierung der Verbrauchsmengen an Endenergieträger nicht direkt am realen Produktionssystem sinnvoll ist und kein (einfacher) funktionaler Zusammenhang zwischen dem mengenmäßigen Endenergieträgerbedarf und dem mengenmäßigen Einsatzenergieträgerbedarf vorliegt (vgl. Abschnitt 2.2.1.1), werden die relevanten Bereiche des betrieblichen Energieversorgungssystems auf Basis eines Simulationsansatzes abgebildet.
Gegenstand der Arbeit ist die Entwicklung eines Konzepts einer energieorientierten Maschinenbelegungsplanung für identische parallele Maschinen im Rahmen der Werkstattfertigung. Ziel hierbei ist es, insbesondere eine effizientere Nutzung der Endenergieträger und somit eine entsprechende Kosteneinsparung sowie Reduktion von Treibhausgasemissionen zu erreichen.