Im Bereich der Anwendungssysteme zur Informationsversorgung von Entscheidungsträgern haben sich Data-Warehouse-Systeme in den letzten Jahren etabliert. Sie sammeln Daten aus verschiedenen Quellen und bereiten sie so auf, dass Entscheidungsträger problemadäquat und zeitnah über das Unternehmensgeschehen und die Unternehmensumwelt informiert werden.
Für die verschiedenen operativen Aufgaben existieren in einer Organisation i. d. R. Anwendungssysteme, die die Abwicklung dieser Aufgaben unterstützen. Unter diese als operative Systeme bezeichnete Anwendungssysteme fallen im betrieblichen Umfeld branchenneutrale Systeme bspw. für den Vertrieb und das Finanz- bzw. Rechnungswesen sowie branchenspezifische Systeme für die Industrie, den Handel etc.28 Diesen operativen Systemen gleichsam übergeordnet sind Anwendungssysteme, die der Planung und Steuerung eines Unternehmens dienen und Entscheidungsträger mit bedarfsgerechten Informationen versorgen sollen.29 Sie sind ein wichtiger Baustein für die vertikale Integration von Daten und Anwendungssystemen im Sinne der Anwendungssystempyramide (Abbildung 1).
Ziel der Systementwicklung ist es, von einer (betriebswirtschaftlichen) Problemstellung zu einem Anwendungssystem als einem Beitrag zu dessen Lösung zu gelangen.1 Der Entwicklungsprozess kann daher auch verstanden werden als sukzessive Transformation oder sukzessive Verfeinerung („successive refinement“), „that transforms the original application concept into its operational implementation“2. Dabei wird der Gesamtprozess i. d. R. in einzelne Phasen, Prozesse und Aktivitäten zerlegt und mittels Phasen-, Prozess- oder Vorgehensmodellen beschrieben.3
Die im Rahmen von Methoden erstellten Entwicklungsergebnisse werden häufig als Modelle bzw. Schemata bezeichnet und formuliert. Daneben findet sich jedoch auch eine andere Verwendung des Begriffs „Modell“, bei der das sprachliche Mittel gemeint ist, nicht das Entwicklungsergebnis; oft wird infolgedessen die Beschreibung eines realen Sachverhalts als Schema bezeichnet. In dieser Arbeit sollen jedoch konkret erzielte Entwicklungsergebnisse als Modelle oder Schemata bezeichnet werden; ist dagegen das Modell gemeint, welches die sprachlichen Mittel wiedergibt, so wird dies explizit als Metamodell gekennzeichnet (genauer zum Begriff Metamodell s. u. S. 75).211
Nachdem in 3.2 das Methoden-Engineering mit seinen Bestandteilen und in 4 Modelle als Ergebnisse der Anwendungssystementwicklung beschrieben wurden, geht es in diesem Abschnitt um konkrete Aktivitäten der Systementwicklung i. V. m. Techniken. Phasen- und Vorgehensmodelle sowie Techniken dienen dazu, die Aufgaben, die sich im Rahmen der Systementwicklung stellen, konkret zu unterstützen. Diese Unterstützung muss umfassender sein als die im Zusammenhang mit der Modellierung beschriebenen Techniken, da diese, wie in 4.1.2.3 herausgearbeitet wurde, v. a. den „way of modelling“ fokussieren und wenig Hilfestellung für den „way of working“ geben.
Modellierung und Entwicklung von Data-Warehouse-Systemen
Im Folgenden sollen zunächst die Besonderheiten der multidimensionalen Modellierung anhand eines Beispiels erläutert werden. Hierbei werden die zentralen Begriffe und Konstrukte allgemeingültig beschrieben, d. h. ohne Bezug zu einer in der Literatur vorhandenen Sprache und Notation. Die Darstellung verschiedener Notationen findet sich in Abschnitt 7.
In diesem Abschnitt sollen Ansätze und Methoden der Data-Warehouse-Entwicklung aufgezeigt werden. Es ist dabei nicht beabsichtigt, einen umfassenden Vergleich der vorgestellten Ansätze vorzunehmen.520 Stattdessen soll versucht werden, das Spektrum möglicher Herangehensweisen bei der Entwicklung aufzuzeigen. Bauer/Günzel unterscheiden bzgl. der konzeptionellen Modellierung zwischen „evolutionären“ und „revolutionären Ansätzen“.1 Erstere erweitern bestehende Notationen um spezielle Konstrukte, die es möglich machen, die multidimensionale Semantik mithilfe von zwar leicht modifizierten, jedoch bekannten Sprachen auszudrücken. Zu diesen zählen Erweiterungen des ERMs (Abschnitte 7.1 und 7.2) sowie Erweiterungen des Relationenmodells (Abschnitt 7.4) und objektorientierter Notationen.522 Revolutionäre Ansätze bauen nicht auf einer bestehenden und daher bekannten Notation auf, sondern schaffen eine eigene für die multidimensionale Modellierung. Zu diesen Ansätzen zählen neben dem in Abschnitt 7.3 vorgestellten DFM (Dimensional-Fact-Model) von Golfarelli et al. das ADAPT (Application Design for Analytical Processing Technologies) von Bulos2 sowie das Kubenstrukturmodell von Schelp.3
Die in diesem Teil IV vorgestellte Methode zur Data-Warehouse-Entwicklung zielt darauf ab, die wesentlichen in den vorangegangenen Abschnitten aufgezeigten Probleme und Herausforderungen zu lösen. Die Methode kann als Instanziierung des in Abschnitt 3.2.3 entwickelten Methoden-Metamodells betrachtet werden, d. h. sie beschreibt für den Anwendungsfall Data Warehousing Prinzipien, Aktivitäten, Techniken und Notationen sowie zu entwickelnde Ergebnisse.
Im Folgenden wird die Methode VODWE vorgestellt. Sie basiert auf den dargestellten Prinzipien und zielt darauf, die diskutierten Anforderungen zu erfüllen. Gemäß dem Methodenverständnis der Arbeit besteht eine Methode aus Ergebnissen sowie sie erzeugende Aktivitäten/Phasen, Techniken, Notationen und Rollen.
Zusätzlich zu den Bewertungen in vorangegangenen Abschnitten, die sich auf Teilaktivitäten bezogen, sollen an dieser Stelle die wesentlichen Ergebnisse sowie mögliche Schwachpunkte und potenzielle Weiterentwicklungen zusammenfassend dargestellt werden.