Skip to main content
Top

2008 | Book

Erneuerbare Energien-Politik

Eine Multi-Level Policy-Analyse mit Fokus auf den deutschen Strommarkt

Author: Bernd Hirschl

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SEARCH

Table of Contents

Frontmatter
1. Einleitung
Auszug
Erneuerbare Energien erfahren in Deutschland seit einigen Jahren einen bemerkenswerten Boom.1 Diese Entwicklung kann in hohem Maße auf die Einführung des so genannten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2000) zurückgeführt werden, das auf dem Strommarkt zu einem signifikanten und differenzierten Ausbau insbesondere von Windkraft-, Biomasse- und Photovoltaikanlagen, zur Stabilisierung und leichten Steigerung der Wasserkraftnutzung, und zur verstärkten Erforschung und beginnenden kommerziellen Nutzung der geothermischen Stromerzeugung geführt hat. Diese im internationalen Vergleich wie auch im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren bemerkenswerte Wachstumsentwicklung führte im Jahr 2006 zu einem Anteil von 12 % an der Bruttostromerzeugung, wodurch der Anteil zu Beginn des Gesetzes im Jahr 2000 in etwa verdoppelt wurde (BMU 2007b: 14). Der EE-Gesamtbranche werden für das Jahr 2006 insgesamt etwa 210.000 Arbeitsplätze zugerechnet, mehr als die Hälfte davon sind durch das EEG entstanden (BMU 2007b: 22). Damit ist die Beschäftigung seit 1999 um den Faktor 3,5 angewachsen (vgl. Staiß 2000). Der Umsatz der Gesamtbranche lag in 2006 bei ca. 23. Mrd. Euro (BMU 2007b: 21f). Und die Exportquote des mittlerweile etabliertesten EE-Industriezweigs, der Windenergie, lag im Jahr 2006 bereits bei etwa 70 % (ebda.).
2. Multi-Level Policy-Analyse - Theoretisch-konzeptionelle Bezüge
Auszug
Die Frage nach dem Zustandekommen und der Weiterentwicklung einer politischen Maßnahme führt zur Anwendung der Policy-Analyse als konzeptionelles Gerüst dieser Arbeit. Aus der Vielzahl der Ansätze, die unter der überschrift Policy-Analyse Anwendung finden, kommen zur Bearbeitung der hier im Vordergrund stehenden Themenstellung und Fragen solche in Betracht, bei denen die Analyse komplexer Akteursstrukturen unter Berücksichtigung institutioneller Rahmenbedingungen und weiterer Faktoren im Mehrebenensystem behandelt wird. Vor diesem Hintergrund werden hier zwei Ansätze herangezogen, die in der Folge zu einer Multi-Level Policy-Analyse kombiniert werden: Zum einen der Advocacy-Koalitionsansatz, der einen expliziten Fokus auf das Zusammenspiel von Akteuren und die Erklärung von Policy-Wandel über einen Zeitraum hat, der aber auch explizit Einflüsse aus dem Mehrebenensystem konzeptionell berücksichtigt. Um den in dieser Arbeit zentralen Aspekt der Mehrebenenthematik besonders zu berücksichtigen, wird als zweites auf die neuere Forschung zu Multi-Level Governance zurückgegriffen, wenngleich sich diese gegenwärtig noch sehr heterogen und wenig ausdifferenziert darstellt.11 In diesem Kapitel werden wesentliche Grundzüge der Policy-Analyse, des Advocacy-Koalitionsansatzes sowie von Multi-Level Governance dargestellt und mit Blick auf die eingangs skizzierten Fragen und Grundthesen beleuchtet. Dabei werden einige tiefer gehende Aspekte, die von den Ansätzen bzw. den diesbezüglichen Debatten zur Verfügung gestellt werden, herausgearbeitet und zu einer Reihe von Fragen und Thesen der Multi-Level Policy-Analyse verdichtet.
3. Erneuerbare Energien-Politik im Strombereich in Deutschland
Auszug
Die Erneuerbare Energien-Politik in Deutschland führte in den letzten Jahren zu einem stetigen Wachstum, das selbst die Erwartungen der engagiertesten Befürworter und verantwortlichen politischen Akteure deutlich übertroffen hat (Kern et al. 2003; Hinrichs-Rahlwes 2007).40 Die höchsten Wachstumsraten konnten dabei im Strombereich erzielt werden, und dies erfolgt maßgeblich seit der Einführung des Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) ab dem April 2000 (vgl. Abbildung 6). Diese Entwicklung war in Deutschland keineswegs zwangsläufig zu erwarten, angesichts einer ansonsten über Jahrzehnte gewachsenen und stabilen Energieversorgung auf der Basis von fossilen Brennstoffen und Atomkraft.
4. Wechselwirkungen mit der Energiepolitik — die EnWG-Novelle
Auszug
Das Energiewirtschaftsgesetz gilt als Grundgesetz der Energiewirtschaft. Über 60 Jahre sicherte die alte Regelung von 1935 die Elektrizitätsversorgung in Deutschland. Auf der Basis so genannter Demarkationsverträge war Deutschland in Versorgungsgebiete mit Versorgungspflicht eingeteilt, in denen der jeweilige Energieversorger ein Monopol hatte. Trotz einer staatlichen Genehmigung der Stromtarife (Preisaufsicht), konnten sich die Energieversorger, insbesondere die überregional aktiven, größeren Kraftwerks- und Netzbetreiber, in dieser Zeit zu stetig wachsenden Verbundunternehmen entwickeln. Insbesondere die größten acht Energieunternehmen waren bereits viele Jahre vor der Energiemarktliberalisierung finanziell in der Lage, sich in die davor liberalisierten Versorgungsmärkte (Abfall, Abwasser, Telekommunikation) durch Aufkäufe und Beteiligungen zu international bedeutenden Multi-Utility-Konzernen zu entwickeln.221
5. Wechselwirkungen mit der EU-Politik — die EE-Richtlinie
Auszug
Mit der Richtlinie 2001/77/EG „zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt“ (Richtlinie 2001) wurde ab dem Jahr 2001 ein EU-weiter Rahmen geschaffen, der dem gezielten Ausbau erneuerbarer Energien dienen soll. Die in der Richtlinie skizzierte Ausgangslage benennt ein „derzeit nur unzureichend genutztes Potenzial“, weswegen es die Gemeinschaft für erforderlich hält, „erneuerbare Energiequellen prioritär zu fördern, da deren Nutzung zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Ferner können sich daraus auch Beschäftigungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene ergeben, sich auf den sozialen Zusammenhalt positiv auswirken, zur Versorgungssicherheit beitragen und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Zielvorgaben von Kyoto rascher erreicht werden.“ (Erwägungsgrund 1 in Richtlinie 2001)
6. Wechselwirkungen mit der internationalen Ebene
Auszug
Mit der „renewables“-Regierungskonferenz 2004 in Bonn startete auf internationaler Ebene erstmals ein politischer Prozess, der sich explizit der Förderung erneuerbarer Energien widmete.457 Die renewables 2004 war zwei Jahre zuvor von der deutschen Regierung auf dem zweiten UN-Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg angestoßen worden, als Reaktion auf die dort gescheiterten Verhandlungen über erneuerbaren Energien.458 Auf dem WSSD waren die erneuerbaren Energien erstmals auf einem bedeutenden UN-Gipfel als eigenständiges politisches Thema behandelt worden. In den Jahren zuvor tauchten sie zwar häufig im Kontext von internationaler Energie-, Klima-, Umwelt-, Entwicklungs- oder Nachhaltigkeitspolitik auf, es gab jedoch bis zu diesem Zeitpunkt keinen spezifischen politischen Prozess über internationale Mechanismen zum Ausbau erneuerbarer Energien.459
7. Gesamtfazit und Ausblick
Auszug
Als im April 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt wurde, ahnten nicht einmal die stärksten Befürworter, welchen Ausbaueffekt es haben würde. Bereits unter dem Vorläufergesetz, dem Stromeinspeisungsgesetz (StrEG), gab es seit 1991 erste kontinuierliche Wachstumsentwicklungen insbesondere bei der Windkraft, aber auch bei der Biomasse. Mit dem Beginn des EEG setzte dann ein Boom ein, der zu einem international viel beachteten Wachstum in mehreren EE-Bereichen, sowie zur Schaffung von Lead-Märkten und international erfolgreichen Industriezweigen führte.
8. Anhang
9. Literatur, Dokumente, Rechtsvorschriften und Quellen
Metadata
Title
Erneuerbare Energien-Politik
Author
Bernd Hirschl
Copyright Year
2008
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-90890-8
Print ISBN
978-3-8350-7024-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-90890-8