Forscher entwerfen einen neuen Ansatz zur Energiegewinnung aus Gezeitenströmungen: Sie kombinieren eine halbgetauchte Plattform mit Instream-Turbinen. Das Wasserkraftwerk soll in Kanada ab 2017 Strom liefern.
Bisherige technische Konzepte zur Gewinnung von Gezeitenenergie setzen auf freiumströmte axiale Turbinen und haben rund ein Megawatt Leistung. Diese Systeme sind durch eine Haltestruktur starr mit dem Meeresboden verankert. Das verursacht hohe Installations- und Wartungskosten.
Eine wirtschaftlichere Variante mit einem halbgetauchten Plattform-Trägersystem in Kombination mit einem neuen Turbinen-Konzept ist nun in Planung. Die Wissenschaftler wollen ein Gezeitenkraftwerk in der für den hohen Tidenhub bekannten kanadischen Bay of Fundy realisieren. Dort gibt es besonders hohe Tiden von mehr als 15 Metern. Ab 2017 soll die Demonstrationsanlage mit 40 sogenannten Instream-Turbinen von rund 2,5 Megawatt leisten.
Konstruktion der Instream-Turbinen
Mit einer Tonne Gewicht, ist die Turbine vergleichsweise leicht. Je nach Energiebedarf lässt sich die Turbinenanzahl anpassen, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Turbinenleistung und Materialverbrauch zu erreichen. 20 Turbinen ergeben circa ein Megawatt Nennleistung. Jede Turbine verfügt zudem über einen eigenen Anschluss ans Stromnetz und sichert den redundanten Betrieb der Anlage.
Das halbgetauchten Plattform-Trägersystem
Die Turbinen lassen mit Stegstrukturen und freischwimmenden, halbgetauchten oder getauchten Plattformen kombinieren. Bei der halbgetauchten Plattform wird die Plattform mit einem Schwerkraft-Fundament, einer gebohrten Pfahlgründung oder anderen Fundamentlösungen am Meeresboden befestigt. Mit einem Fixpunkt-Drehgelenk richtet sich die Plattform automatisch an der Wasserströmung aus. Zwei Rümpfe machen die Anlage schwimmfähig und dienen als Befestigung einer variablen Anzahl von Querträgern, an denen die Turbinen montiert sind.
Wartungsfreundliche Plattform
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Die Rümpfe durchstoßen die Wasseroberfläche und können jederzeit zur Wartung von Elektrik und Kontrollsystemen betreten werden. Durch das Leeren und Füllen der Ballast-Tanks im unteren Teil der Rümpfe wechselt die Plattform zwischen ihrer Betriebs- und Wartungsposition.
Das derzeit weltweit größte im Bau befindliche Projekt im Bereich der Gezeitenkraftwerke ist MeyGen in Schottland mit einer geplanten installierten Leistung von 398 Megawatt. Die Springer-Autoren Patrick A. Narbel, Jan Petter Hansen und Jan R. Lien gehen im Buchkapitel "Renewable Energy" unter Punkt "4.6.2 Tides" auf zwei Arten der Nutzung von Gezeitenenergie ein: das In-Flow- und Staudamm-Prinzip. Wobei der Trend zu In-Flow-Kraftwerken geht, bei denen die Energie direkt durch im Meer befindliche Turbinen gewonnen wird.