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2021 | Book

Erschöpft durch die Pandemie

Was bleibt von der Globalisierung?

Authors: Prof. Dr. Michael Hüther, Matthias Diermeier, Dr. Henry Goecke

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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About this book

Die Erschöpfung der Globalisierung hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verstärkt. Der Covid-19-Schock erreichte die Welt auf dem bisherigen Höhepunkt des Systemkonflikts zwischen chinesischem Staatskapitalismus und dem zunehmend gespaltenen transatlantischen Westen. Die Europäische Union wirkt in ihrer Reaktion darauf überwiegend träge. Handlungsfähig zeigen sich in Europa hingegen die nationalstaatlichen Hierarchien.

Dieses Buch verbindet den zeitlichen Kontext mit der Wirkungsperspektive. Damit drängt sich die Frage auf: Was bleibt von der Globalisierung, nachdem sie erschöpft durch die Pandemie ging? Die Antwort liegt nicht in einer isolierten ökonomischen Analyse der Pandemie, sondern in der Einordnung von Strukturen und Bedingungen der Globalisierung. Damit werden neue Optionen erkundet, Probleme und Defizite benannt sowie Möglichkeiten künftiger Kooperationen skizziert. Die Globalisierung hat damit die Chance, sich in der Resilienz einer offenen, freiheitlichen Welt mit ihren Ordnungsschwächen und Orientierungsverlusten neu zu begründen.

Table of Contents

Frontmatter
Kapitel 1. Ein Blick auf die Welt
Zusammenfassung
Am Beginn der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts gilt: Die Erschöpfung der Globalisierung ist zur Tatsache geworden, die neuen Handlungsmöglichkeiten und Hoffnungswerte müssen erst noch genutzt, die darin liegenden Chancen auf strukturellen Wandel gegen die globale Kooperation in Stellung gebracht werden. Auf allen Ebenen – der wirtschaftlichen Integration durch Arbeitsteilung und Spezialisierung, der politischen Rahmung durch handlungsfähige und akzeptierte Institutionen, der Perzeption und Akzeptanz weltweiter Vernetzung in den Gesellschaften, der gesellschaftlichen Bereitschaft zur transnationalen Kooperation – und aus vielen Gründen – die Überforderung demokratischer Verfahren durch die globalisierungsbedingte Fernbeeinflussung, die unterschätzte Nachwirkung der Weltwirtschaftskrise 2008/2009, der Anpassungsdruck auf einfache Arbeit in den Industrieländern, die scheinbar unkontrollierbar gewordene Migration, zuletzt sicher auch die so nicht erwartete und fundamental wirkende Covid-19-Pandemie – ist diese Erschöpfung zu diagnostizieren.
Michael Hüther, Matthias Diermeier, Henry Goecke
Kapitel 2. Konfrontation statt Kooperation in der Welt vor Covid-19: Vom Systemwettbewerb zum Systemkonflikt
Zusammenfassung
Der Systemwettbewerb ist zum Systemkonflikt mutiert. Wo man sich vorher trotz gegenseitigem Unverständnis noch auf die Vorteile der Kooperation besinnen konnte, herrscht nun allenfalls eine gebändigte Konfrontation – sie entfaltet in unübersichtlichen Zeiten durch die Fokussierung und Bündelung der Energien identitätsstiftende Wirkung. Unsere Hypothese zur Erklärung dieser Entwicklung zielt in besonderem Maße auf das historisch gewachsene Selbstverständnis der sich gegenüberstehenden Systemprofile sowie auf die gesellschaftspolitische Motivation ab, die sich aus der vielerorts geopolitisch virulenten Suche nach Identität ergibt.
Michael Hüther, Matthias Diermeier, Henry Goecke
Kapitel 3. Ökonomische Einordnungen zu Covid-19: Globalisierung im Lockdown
Zusammenfassung
Innerhalb weniger Wochen hat sich das Infektionsgeschehen von Asien über Europa in die USA zu einer globalen Pandemie entwickelt, vor der sich selbst äußerst rigoros agierende Inselstaaten wie Neuseeland und Australien nicht gänzlich zu schützen wussten. Grenzschließungen und massive Restriktionen der Bürger- und Freiheitsrechte haben Handel, Migration sowie das öffentliche und wirtschaftliche Leben vielerorts deutlich eingeschränkt oder zwischenzeitlich sogar zum Erliegen gebracht. Empfindlich getroffen wurde abermals die vom Systemkonflikt gebeutelte Herzkammer der zweiten Globalisierung: die internationalen Wertschöpfungsketten. Unsere Analyse der ökonomischen Wirkungen der Covid-19-Pandemie beschränkt sich auf den ersten Lockdown, indem die direkten Auswirkungen auf die Globalisierung gravierend waren.
Michael Hüther, Matthias Diermeier, Henry Goecke
Kapitel 4. Transformation im Systemkonflikt: Die Stunde der Hierarchien
Zusammenfassung
Die drängende Frage, welches Ordnungsmodell am unbeschadetsten durch die Krise kommt und wer in der dritten Globalisierung die Fäden in der Hand halten wird, ist unverändert offen. Um diese Frage adäquat adressieren zu können, bedarf es einer Abschätzung der transformativen und nachhaltigen Folgen der Pandemie und der Pandemiebekämpfung auf die unterschiedlichen Globalisierungsdimensionen, auf das neue Miteinander von Hierarchien und Netzwerken, auf die sich im Systemkonflikt gegenüberstehenden Gesellschaftsmodelle. Ob – wie von Dani Rodrik (2020) womöglich vorschnell vermutet – die Beziehung zwischen Markt und Staat tatsächlich zugunsten des Staates grundsätzlich und überall neu austariert wird, bedarf einer intensiveren Betrachtung. Denn die Erfahrung des Ausnahmezustands ist für die westlichen Demokratien nicht nur ungewohnt, sondern zugleich mit der prinzipiellen Frage verbunden, was liberale Demokratien verkraften und wohin diese Erfahrung führt.
Michael Hüther, Matthias Diermeier, Henry Goecke
Kapitel 5. Perspektiven der Globalisierung: Netzwerke mit verlässlichen Institutionen
Zusammenfassung
Die Bedingungen der Globalisierung haben sich verschoben, sind neu justiert worden. Wenn Gesellschaften neue Zukunftserzählungen benötigen, um wieder agil zu werden, um den unvermeidbaren Veränderungen des Alltäglichen eine plausible Rahmung zu geben, dann hat die Überzeugungskraft der Vergangenheit arg gelitten. Die Erfolge erscheinen kleiner, die Misserfolge entsprechend größer. Das Erlebnis, es könnte alles auch ganz anders gehen - mit mehr Staat, mit stillgelegter Wirtschaft und mit ruhendem öffentlichem Leben, lässt bei einigen den Gedanken reifen – dass die ohnehin mühsame Freiheit mit der dazu gehörenden Verantwortung doch weniger wichtig sein könnte. Die Ideen des Postwachstums oder gar der Wachstumsrückgabe (degrowth) erhalten Auftrieb, ohne dass sie sich dabei als solche enttarnen müssen. Die Pandemie offeriert ein neues Äußeres, obgleich das Impfstoffwunder ohne ein balanciertes Miteinander von staatlich finanzierter Grundlagenforschung und privater Risiko- sowie Investitionsbereitschaft nicht vorstellbar gewesen wäre; und der besondere Erfolg der US-Impfkampagne wäre ohne eine massive Nutzung marktwirtschaftlicher Anreize („Operation Warp Speed“) undenkbar gewesen.
Michael Hüther, Matthias Diermeier, Henry Goecke
Backmatter
Metadata
Title
Erschöpft durch die Pandemie
Authors
Prof. Dr. Michael Hüther
Matthias Diermeier
Dr. Henry Goecke
Copyright Year
2021
Electronic ISBN
978-3-658-34345-3
Print ISBN
978-3-658-34344-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-34345-3