2005 | OriginalPaper | Chapter
Globalisierung, Europa und die Gewerkschaften — eine neue Dimension der Interessenvertretung
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Seid wie die Lachse — schwimmt gegen den Strom und kommt doch zum Ziel. Vielleicht taugt dieses Bild als aufbauende Projektion für die Gewerkschaften, sich den großen Herausforderungen unserer Zeit zu stellen, auch wenn der gesellschaftliche „mainstream“ sich gewaltig gegen sie wendet. Aus der Perspektive einer Interessenvertretung abhängig Beschäftigter entwickeln sich manche Rahmenbedingungen auf Zustände in einer Zeit zu, aus der die Gewerkschaften hervorgegangen sind. Anhaltende Massenarbeitslosigkeit, sich ausbreitende Armut, zunehmende Prekarisierung der Arbeit, ein sich stark vergrößernder Niedriglohnsektor, ein Rückgang der Schutzrechte der Beschäftigten und eine fast schon permanente Einschränkung der Leistungen der sozialen Sicherungssysteme realisieren sich in einer Zeit explodierender Unternehmensgewinne und kontinuierlicher Wohlstandsgewinne. Die europäische oder globale Konkurrenzfähigkeit müsse erhalten und gestärkt werden. Das erfordere nun einmal ein „Gürtel enger schnallen“ in einer globalisierten Welt. Diese, durch unsere in ihrem Angebot zwar sehr stark ausdifferenzierte, in ihren Besitzverhältnissen aber hochkonzentrierte Medienlandschaft, täglich hundertfach verbreitete „message“, zeigt Wirkung. Kaum wahrzunehmen sind die Stimmen, welche diesen vermeintlichen „Sachzwang“ verneinen. Wie hilflos sich mittlerweile staatliche Führungskräfte bei der Aufgabe zeigen, ein Wirtschaftssystem zum Wohle der Menschen zu gestalten, zeigt uns exemplarisch Bundeskanzler Schröder. Auf die Ankündigung der Deutschen Bank, trotz ausgezeichneter Renditen im Jahr 2004, massiven Stellenabbau in 2005 zu betreiben, um die Kapitalrendite auf 25 Prozent zu steigern, schreibt der Bundeskanzler an den Bank Chef Ackermann:
„Ich finde, das derart formalisierte Unternehmensziele immer problematisch sind [...]. Die Bank muss sich nicht nur in einem wirtschaftlichen, sondern auch in einem kulturellen und sozialen Umfeld bewegen, wenn sie erfolgreich sein wolle.“ (Frankfurter Rundschau 14.02.2005)
Wie tragfähig das Konzept „moralischer Appell“ als staatliches Gestaltungselement ist, hat die Geschichte hinreichend gezeigt, so dass hier die implizierte Botschaft an das deutsche Volk: Wir bemühen uns ja und verlangen von allen soziale Verantwortung, aber mehr ist eben nicht drin — wohl eher zum Schriftverkehr motivierte.