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2008 | Book

Grundsicherungsarbeit

Armuts- und Arbeitsmarktpolitik nach Hartz IV

Author: H.-Dieter Kantel

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Table of Contents

Frontmatter
1. Die Absichten der Armuts- und Arbeitsmarktpolitik
Auszug
Die berühmt-berüchtigten ‚Hartz-IV-Gesetze ‘bewegten, ja, man kann sogar sagen, spalteten wie kein anderes sozialpolitisches Thema in den letzten Jahren die Nation. Auf der einen Seite standen die Befürworter, die eine modernisierte Arbeitsmarktpolitik als zwingend zu bewältigende Zukunftsaufgabe anmahnten. Und auf der anderen Seite warnten mindestens die ‚Montags-Demonstrationen‘ vor diesen Reformen und ihr Protest gegen die ‚Armut per Gesetz‘ trug nicht unerheblich zum Regierungswechsel Ende 2005 bei. Doch beim Regierungswechsel war ‚Hartz IV‘ faktisch bereits eingeführt und die neue Regierung dachte gar nicht daran, diese Gesetze zurückzunehmen — hatten doch die neuen Regierungspartner von CDU/CSU und SPD längst im Bundesrat gemeinsam die entscheidenden Weichen für die Reform gestellt. Sollten also die ganzen Konflikte um und Kritiken an diesen Reformen nichts gebracht haben und gibt es jetzt eine modern aufgestellte Arbeitsmarktpolitik?
2. Die lange Geschichte von Hartz IV — kurz erzählt
Auszug
Wie war es nun bei der Entstehung der Sozialpolitik; gab es denn im Ausgangspunkt sozialpolitischer Bestrebungen jene in den Definitionen von Sozialpolitik unterstellte Absicht, soziale Notlagen und Ungleichheiten abzubauen oder waren ganz andere Beweggründe im Spiel? Sollen die Anfänge der Sozialpolitik untersucht werden, so ist zunächst die Frage zu klären, welche konkrete Zeitepoche oder welches historische Ereignis betrachtet werden soll. Denn so unterschiedlich wie die Definitionen, so verschieden sind auch die konkreten Ereignisse, die als Beginn der Sozialpolitik angesprochen werden. So schlägt beispielsweise Martin Bellermann vor, analog zu einem weiten Sozialpolitik-Verständnis, die Anfänge der Sozialpolitik ins 5. vorchristliche Jahrhundert zurückzuverlegen, da — so seine Überlegungen — es schon im alten Athen „Krankenhilfsvereine und sonstige Unterstützungskassen für Handwerker auf privater und Unterstützungszahlungen auf staatlicher (steuerfinanzierter) Basis für kranke Matrosen und Hafenarbeiter“ (Bellermann 2001: 44) gegeben habe.
3. Das Haus der sozialen Sicherung — Sicherheit für wen?
Auszug
Sollte sich die Gelegenheit ergeben, einem Menschen aus einem anderen Kulturkreis erklären zu müssen, wie die soziale Sicherung in der Bundesrepublik aufgebaut und organisiert ist, so geriete man angesichts der unübersichtlichen Vielfalt der einzelnen Leistungen des sozialen Sicherungssystems sicherlich leicht ins Straucheln. Was für uns geläufig ist, ist doch nur schwer in eine verständlich erklärbare Struktur zu gießen. In einer solchen Situation ist schnell die wahrscheinlich gebräuchlichste Metapher vom ‚Netz der sozialen Sicherung‘ bei der Hand. Doch lässt sich damit wirklich die soziale Sicherung in der Bundesrepublik nachvollziehbar und angemessen erklären?
4. Arbeitslose: Vom Versicherten zum Fürsorgeempfänger
Auszug
Bisher konnte nachgezeichnet werden, vor welchem historischen Hintergrund sich die aktuelle Armuts- und Arbeitsmarktpolitik entwickelt hat und in welchem Umfeld sie ins heutige soziale Sicherungssystem eingebettet ist. Nun soll ein Blick hinter die Kulissen der sozialpolitischen Entwicklung zeigen, welche Dramaturgie die beteiligten Akteure im Feld der Grundsicherungsarbeit dazu anleitet, ihre jeweiligen Rollen einzunehmen. Dabei geht es ganz konkret darum, die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Grundsicherungsarbeit herauszuarbeiten.
5. Grundsicherungsarbeit in der Wissenschaft
Auszug
Bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit armuts- und arbeitsmarktpolitischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der reformierten Grundsicherung rückt schnell auch die öffentliche Verwaltung und die von ihr geleistete Arbeit in den Horizont der Aufmerksamkeit. Wenn auch vereinzelt privatrechtliche Verträge zur Wahrnehmung der Grundsicherungsaufgaben geschlossen wurden, in der weit überwiegenden Anzahl wurden Arbeitsgemeinschaften auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Verträgen (gemäß SGB II § 44b) gebildet und damit der Charakter der Grundsicherungsarbeit als Arbeit der öffentlichen Verwaltung unterstrichen. So ist Grundsicherungsarbeit Verwaltungsarbeit — und vor diesem Hintergrund soll hier eine kurze Vorstellung bisheriger wissenschaftlicher Ergebnisse, die sich mit der Arbeitsweise öffentlicher Verwaltung auseinandergesetzt haben, unterbreitet werden. Durch die öffentliche Verwaltung wird, vereinfacht gesagt, das hergestellt, was dann von der Seite des fertigen Produkts sozialpolitischer Betrachtung zugänglich ist. So lässt sich sagen, dass die verschiedenen sozialpolitischen Untersuchungen zu Hartz IV sich sozusagen mit den Endprodukten und Ergebnissen der Grundsicherungsarbeit auseinandersetzen — und auch deren aufhellenden Beiträge sollen deshalb im Folgenden präsentiert werden.
6. Die neue Sachbearbeitung: Grundsicherungsarbeit
Auszug
Mit der wissenschaftlichen Untersuchung der Sozialhilfe-Sachbearbeitung und der Arbeitsberatung und -vermittlung konnte gezeigt werden, dass die neue Sachbearbeitung in den Jobcentern als Einheit von Leistungsgewährung, Beratung und Vermittlung gesehen werden muss. Die Grundsicherungsarbeit umfasst alle Teilbereiche der neuen Arbeit in den Jobcentern - bei den Arbeiten mit Kundenkontakt von der Eingangsberatung an der Infotheke bis zum Fallmanagement und bei den sogenannten back-office Arbeiten, die ohne Kundenkontakt auskommen, von der Rechnungsprüfung bis zur Widerspruchsbearbeitung. Hierarchisch gesehen muss die Grundsicherungsarbeit letztlich noch weiter von der Leitung des Jobcenters bis zum Telefon-Service gefasst werden; ja, eigentlich gehören zur Grundsicherungsarbeit sogar Teile der Arbeiten des Vorstands der Bundesagentur und der Kommunen als Träger der Jobcenter, denn sie alle sind Teile eines Prozesses, der die Grundsicherungsarbeit ausmacht und der hier als Armutsregulierung rekonstruiert wurde.
7. Armuts- und Arbeitsmarktpolitik nach Hartz IV
Auszug
Nach mehr als drei Jahren praktischer Arbeit in den Jobcentern scheinen die eingerichteten Strukturen und die teilweise schon eingefleischten Routinen eine derartige Festigkeit erlangt zu haben, dass eine gänzlich andere Umgehensweise mit Arbeitslosigkeit und den Arbeitsuchenden kaum mehr realistisch erscheint. Auch wenn die Jobcenter viele Arbeitsuchende in Maßnahmen und manchmal auch in Arbeit vermitteln können — auf die ausschlaggebenden Bedingungen des Arbeitsmarkts haben sie keinen wirklichen Einfluss. Wenn dann, wie im Laufe des Jahres 2007, die Arbeitslosigkeit insgesamt ein wenig zurückgeht, ist das zwar ein Anlass zur Freude — sie wird aber stark dadurch getrübt, dass die Langzeitarbeitslosigkeit und damit die alltäglichen Probleme in den Jobcentern, nicht geringer werden.
8. Literaturverzeichnis
Metadata
Title
Grundsicherungsarbeit
Author
H.-Dieter Kantel
Copyright Year
2008
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91059-8
Print ISBN
978-3-531-15639-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91059-8