Skip to main content
Top

2014 | Book

Handbuch Militärische Berufsethik

Band 2: Anwendungsfelder

Editors: Thomas Bohrmann, Karl-Heinz Lather, Friedrich Lohmann

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

insite
SEARCH

About this book

Im Fokus des zweiten Bandes steht die ethisch relevante Praxis: in sicherheitspolitischen Entscheidungen, im militärischen Alltag, insbesondere aber auch im Kampfeinsatz. Woraus beziehen Soldaten in der konkreten Situation ihre Handlungsmotivation? Über welche Kompetenzen müssen Soldaten im 21. Jahrhundert verfügen und wie steht es um die Verantwortung der Politik für die Einsatzarmee? Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes gewähren authentische und praxisorientierte Einblicke in die Mehrdimensionalität des Soldatenberufs und seiner ethischen Implikationen.

Table of Contents

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Die Clausewitzsche Formel, wonach Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist, hat auch im 21. Jahrhundert kaum an Aktualität verloren. Die moderne politische Rhetorik ist sehr einfallsreich, wenn es darum geht, Clausewitz’ Aussage in mehrheitsfähige Narrative zu übersetzen. So spricht sie vom Krieg als unvermeidbarer Folge des Scheiterns von Diplomatie, als notwendiges Mittel, um staatliche Interessen zu schützen oder durchzusetzen, als ultima ratio zur Verhinderung humanitärer Katastrophen. Ob nun vormodern oder modern, ob gerechtfertigt oder illegitim, es herrscht Krieg, wenn die Politik den Entschluss gefällt hat, von diesem Mittel Gebrauch zu machen.
Thomas Bohrmann, Karl-Heinz Lather, Friedrich Lohmann

I. Soldatsein und Streitkräftewandel: Selbstverständnis – Anforderungen – Kompetenzen

Frontmatter
Selbst- und Fremdbilder des (bundes-)deutschen Soldaten
Zusammenfassung
Die Fragen Wer bin ich? oder Was bin ich? treiben die Menschen um. Folgt man einer populären Karikatur, geht man mit diesen Fragen zu einem Psychologen, wenn man selbst keine Antwort darauf findet. Seiner Antwort im Cartoon – Moment, das haben wir gleich – folgen jedoch drei Pünktchen, die andeuten, dass eine Antwort zu finden vielleicht doch schwieriger ist, als zunächst gedacht. Wenn es also, wie im Folgenden, um Selbst- und Fremdbilder geht, können wir ähnliche Schwierigkeiten vermuten, denn auch bei diesen Begriffen geht es um die eingangs gestellten Fragen.
Gerhard Kümmel, Christian Leuprecht
Neubestimmung des Offizierberufs in der Bundeswehr
Zusammenfassung
Dass sich das Institut für Sozialforschung bereits seit Ende 1952 mehr oder weniger verschämt an der geistigen Begründung einer neuen deutschen ‚Wehrmacht‘ beteiligte, mag der linken Hagiographie als Häresie gelten. Dennoch war der Vorgänger der Frankfurter Schule „kein esoterischer Hort linken Gedankenguts“ (Albrecht u. a. 1999: S. 152). Interne Skrupel bezüglich einer Zusammenarbeit mit dem Amt Blank wurden seinerzeit mit der historischen Chance zur Einflussnahme auf künftige militärische Führungskader beiseite gewischt, zumal der volkspädagogische Impetus des Militärs als nationale Erziehungsanstalt durchaus begrüßt wurde (vgl. Albrecht u. a. 1999: S. 145-153). In einem Institutsprotokoll vom 6.
Reinhold Janke
Kernkompetenzen von Soldaten der Einsatzarmee Bundeswehr
Zusammenfassung
Was Armeen auftragsgemäß leisten, wird von Menschen hervorgebracht. Sie bedienen die Waffen und Gerätschaften, sie unterhalten den Grundbetrieb, sie erfüllen die Aufgaben eines Einsatzes, sie stellen sich dem Kampf. Umso wichtiger ist es, auf Soldatinnen und Soldaten zurückgreifen zu können, die mit ihren aufgabengerechten Talenten und Fähigkeiten, ihrem Leistungsvermögen und ihrer Motivation Streitkräften zum Erfolg verhelfen. Damit rücken Kompetenzen in den Blick, über die Soldaten verfügen bzw. für die sie qualifiziert werden müssten, um die ihnen abverlangten Aufgaben anforderungsgerecht erfüllen zu können (vgl. Sookermany 2012).
Elmar Wiesendahl
Interkulturelle Kompetenz inner- und außerhalb militärischer Strukturen
Zusammenfassung
In der internationalisierten und globalisierten Lebenswelt des 21. Jahrhunderts ist interkulturelle Kompetenz zu einer Schlüsselqualifikation geworden. Das Wissen um und der angemessene Umgang mit kulturellen Differenzen – so sei die gemeinte Qualifikation im Vorgriff auf die folgenden Ausführungen dieses Beitrags fürs erste definiert – sind heutzutage nicht nur die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg (vgl. Jammal/Schwegler 2007); sie sind in einem vielfach grenzenlos und damit unübersichtlich gewordenen Umfeld Grundvoraussetzungen für gelingende Orientierung, ja letztlich Lebenstüchtigkeit.
Friedrich Lohmann
Berufsethische Anforderungsprofile moderner Einsatzarmeen im Vergleich
Zusammenfassung
Die Anforderungsprofile moderner Einsatzarmeen müssen sinnvollerweise vom aktuellen Einsatzszenario abgeleitet werden; das gilt selbstverständlich auch für berufsethische Aspekte. Es müssen wenige Schlaglichter genügen.
Karl-Reinhart Trauner

II. Strategie- und Rechtsentwicklung: Militärisches Handeln unter dem Primat der Politik

Frontmatter
Politik in Verantwortung für die Einsatzarmee
Zusammenfassung
Seit einiger Zeit hat sich eine regelrechte Konjunktur des Redens von „Verantwortung“ entwickelt. Das Wort ist einem inflationären Gebrauch unterworfen worden und das birgt die Gefahr, den Sinn und Kern des damit Bezeichneten zu überdecken. Worum geht es dabei? Noch vor wenigen Jahrzehnten hätte man von Pflicht gesprochen, wo heute von Verantwortung die Rede ist. In dieser veränderten Wortwahl kommt ein vielschichtiges Problem sozialen und daher auch politischen Handelns in der modernen Gesellschaft oder „Risikogesellschaft“ (Beck 1986) zum Ausdruck.
Klaus Naumann
Das Mandat der Streitkräfte für den bewaffneten Auslandseinsatz
Zusammenfassung
In einer repräsentativen Demokratie heißt Mandat so viel wie Vertretungsauftrag, den die Wähler einem Mitglied eines legislativen Gremiums auf Zeit erteilen. Man unterscheidet dabei zwischen einem freien und einem imperativen Mandat. In der Sphäre des Rechts bedeutet Mandat so viel wie Vertretungsauftrag eines Mandanten an einen Rechtsanwalt – hier geht es immer nur um ein imperatives Mandat. Zwischen beidem ist der Mandats-Begriff angesiedelt, mit dem wir es hier zu tun haben. Das Mandat für einen bestimmten Einsatz ist für die Bundeswehr vergleichbar mit dem grünen Licht für den Autofahrer an der Kreuzung.
Wilfried von Bredow
Die Bundeswehr als Instrument von Parlament und Außen- und Sicherheitspolitik
Zusammenfassung
Mit der Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht wurde die Bundeswehr am 1. Juli 2011 zu einer Armee aus Berufs- und Zeitsoldaten. Dieser historische Einschnitt sowie die für die nächsten Jahre vorgesehenen Schritte zur Verringerung des Umfangs der Streitkräfte und des Zivilpersonals erfordern eine Neuausrichtung der Bundeswehr. Sie war für den erst seit März 2011 im Amt befindlichen ehemaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière Anlass, neue „Verteidigungspolitische Richtlinien“ (VPR 2011) zu erlassen.
Berthold Meyer
Bundeswehr und Nato-Strategie
Zusammenfassung
Zum Grundverständnis deutscher Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik gehört unverrückbar die Einbettung in multinationale Strukturen. Das gilt sowohl politisch als auch militärisch. Vor dem Hintergrund der Geschichte, vor allem des 20. Jahrhunderts mit den beiden Weltkriegen und den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus im Dritten Reich lässt sich nachvollziehen, dass die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht allein handeln will, weder politisch und schon gar nicht militärisch. Deutsche Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist also in aller Regel auf Konsens und Kooperation angelegt. Sie hat immer auch einen starken bündnispolitischen Bezug.
Karl-Heinz Lather

III. Führen und Entscheiden: Ethische Prinzipien in der Einsatzrealität

Frontmatter
Führen und Entscheiden als Verbandsführer im Kampfeinsatz
Zusammenfassung
Von Oktober 2010 bis März 2011 war ich als Kommandeur des Ausbildungs- und Schutzbataillons Mazar-i-Sharif in Afghanistan eingesetzt. Vorausgegangen war die Entscheidung der Bundesregierung, den Strategiewandel in Afghanistan mitzutragen und den eigenen sicherheitspolitischen Beitrag danach auszurichten. In den militärischen Strukturen war sichtbarer Ausdruck dieses Strategiewandels die Aufstellung zweier zusätzlicher Ausbildungs- und Schutzbataillone im Regionalkommando Nord.
Nikolaus Carstens
Entscheiden und Handeln unter extremen Bedingungen
Zusammenfassung
In den sechs Monaten des Afghanistaneinsatzes unserer Kompanie, in der ich als Arzt in einem Beweglichen Arzttrupp (BAT) eingesetzt war, waren Entscheidungen und das eigene Handeln durch eine Vielzahl ungewohnter und fordernder Bedingungen beeinflusst. Die extremen klimatischen Bedingungen – minus 20 Grad Celsius im Winter und über 40 Grad Celsius im Frühsommer – mussten in räumlicher Enge und einer Bekleidung, die sich am Dress-Code auszurichten hatte und weniger an der Außentemperatur, ertragen werden, wobei insbesondere die große Hitze physisch wie psychisch viel abverlangte.
Annika Budde
Führungskultur und soldatisches Ethos der Bundeswehr im Einsatz
Zusammenfassung
„Dem deutschen Soldaten fehlt es an einer Idee über das Warum seines Tötens und Sterbens. Die umfassende Neubegründung deutschen Soldatentums als identitätsstiftende Größe ist dringend notwendig. […] Den deutschen Soldaten ein tragendes Selbstbild und eine lebendige Idee ihres kriegerischen Tuns mitzugeben, ist Auftrag der Bundeswehr, des Staates und der gesamten Gesellschaft. Geschieht dies nicht, wird sich die Entfremdung militärischer und ziviler Realitäten fortsetzen. […] Das Verhältnis der Truppe zum Staat ist weltanschaulich indifferent.
Jürgen Weigt
Militärische Operationen und ihre Auswirkungen auf Führer und Geführte
Zusammenfassung
Militärische Operationen unterlagen schon immer Veränderungen. Der Zweifrontenkrieg gehört der Vergangenheit an. Er mutierte mittlerweile zum Mosaic War. Information Warfare und Cyberwar sind weitere Schwerpunkte der heutigen Zeit. Kulturelle, religiöse, weltanschauliche und sicherheitspolitische Sinngebungen steuern die bewaffneten Auseinandersetzungen. Für Führer und Geführte ergeben sich hieraus Betroffenheitsstaffelungen, die von diesen jüngsten Entwicklungen ausgehen.
Dietrich Ungerer (†)

IV. Einsatz und militärischer Alltag: Dimensionen soldatischer Existenz

Frontmatter
Soldatisches Agieren in multinationalen Verbänden
Zusammenfassung
Blickt man in der Geschichte ca. 200 Jahre zurück und sucht nach Beispielen für militärische Multinationalität, so wird man weitgehend enttäuscht werden. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war das Militär eine überwiegend nationale Angelegenheit. Spätestens seit der Französischen Revolution verschwanden nämlich die aus international angeworbenen Soldaten bestehenden Armeen und es entstanden in Europa Massenheere, die sich auf die Wehrpflicht aller Bürger stützten und die sich nahezu ausschließlich aus Angehörigen der jeweiligen Nation zusammensetzten.
Paul Klein
Umgang mit Extremerfahrungen
Zusammenfassung
Psychische Reaktionen, die im heutigen Sinne als Gefechtsstress bezeichnet werden und zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) – engl. Post Traumatic Stress Disorder (PTSD) – führen können, treten seit Jahrtausenden auf, werden allerdings erst seit etwa 100 Jahren genauer betrachtet. Im Ersten Weltkrieg traten bis dahin nicht bekannte Symptome bei Soldaten aller Nationen auf, die an der Westfront die Schrecken des Krieges im pausenlosen Trommelfeuer in Schützengräben erleiden mussten. Erst nach dem Vietnamkrieg erfolgte eine grundlegende wissenschaftliche Erforschung, die im Jahr 1980 dazu führte, dass PTBS in die internationalen Klassifizierungssysteme der anerkannten Krankheiten aufgenommen wurde.
Catri Tegtmeier, Michael A. Tegtmeier
Medizin und Militäreinsatz
Zusammenfassung
Die Betrachtung von Medizin und Militäreinsatz als Teilaspekt einer militärischen Berufsethik steht vor der Herausforderung, angesichts einer Vielfalt möglicher Thematiken, eine Auswahl treffen zu müssen. Die folgenden Kapitel versuchen dieser Problematik gerecht zu werden, indem in vier Abschnitten exemplarisch unterschiedliche Themengebiete mit verschiedenen Schwerpunktsetzungen näher betrachtet werden.
Jens Kowalski, Stefan Siegel, Peter Zimmermann
Militärdienst und die Stabilität sozialer Beziehungen
Zusammenfassung
Soziale Beziehungen gründen auf Vertrauen. Unter Vertrauen verstehen wir die Annahme, dass Entwicklungen einen positiven oder erwarteten Verlauf nehmen, und die Erwartung, dass Handlungen von Bezugspersonen sich im Rahmen von gemeinsamen Werten oder moralischen Vorstellungen bewegen. Dabei muss eine Handlungsalternative gegeben sein, ohne welche lediglich noch Hoffnung bleibt. Vertrauen entsteht durch Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit, durchgehaltene und authentische Zuwendung.
Heike Groos
Geschlechterdifferenz und Partnerschaft in der Bundeswehr
Zusammenfassung
Die Jahre 2000 und 2001 sind von großer Bedeutung für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt, in der Bundeswehr und darüber hinaus in Deutschland. Eine junge Frau, Tanja Kreil, hatte nicht hingenommen, dass ihre Bewerbung auf eine Stelle im Bereich Instandsetzung von der Bundeswehr mit dem Verweis auf das Grundgesetz abgelehnt wurde, welches damals Frauen den Dienst an der Waffe untersagte. Ihre Klage über mehrere Instanzen führte schließlich dazu, dass der Europäische Gerichtshof am 11.
Christiane Bender
Ethische Konzeptionen des Soldatenberufs im internationalen Vergleich
Zusammenfassung
Unter ethischen Konzeptionen fasst der folgende Beitrag alle Quellen zusammen, aus denen norm- und wertegebundene Leitbilder für den Beruf des Soldaten geschöpft werden. Die Genese von ethischen Konzeptionen vollzieht sich nicht im luftleeren Raum. Entwickelte und „kanonisierte“ Werte- und Normordnungen für den Soldatenberuf sind das Ergebnis menschlicher geistiger Anstrengung zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort und in einem konkreten (sicherheits-)politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, geostrategischen und sozio-kulturellen Kontext.
Said AlDailami, Thomas Bohrmann, Raphael Neth
Backmatter
Metadata
Title
Handbuch Militärische Berufsethik
Editors
Thomas Bohrmann
Karl-Heinz Lather
Friedrich Lohmann
Copyright Year
2014
Electronic ISBN
978-3-658-06342-9
Print ISBN
978-3-658-06341-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-06342-9