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2013 | Book

Hucho - Aerodynamik des Automobils

Strömungsmechanik, Wärmetechnik, Fahrdynamik, Komfort

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About this book

Leistung, Fahrverhalten und Komfort eines Automobils werden nachhaltig von seinen aerodynamischen Eigenschaften bestimmt. Ein niedriger Luftwiderstand ist die Voraussetzung dafür, dass die hochgesteckten Verbrauchziele erreicht werden. Die Aerodynamik des Automobils ist 1981 erstmalig erschienen und seitdem zu einem Standardwerk geworden. Der Stoff ist von Praktikern erarbeitet worden, die aus einer Vielzahl von Versuchen strömungsmechanische Zusammenhänge ableiten und Strategien beschreiben. Bei unveränderter Gesamtkonzeption wurden für die 6. Auflage neue Ergebnisse zum induzierten Widerstand und zur Haltung der Fahrtrichtung bei Seitenwind aktualisiert. Völlig neu wurden die Kapitel über Kühlung und Durchströmung (HVAC) sowie über Motorradaerodynamik, numerische Methoden wie CFD und CAA erarbeitet.

Table of Contents

Frontmatter
1. Einführung
Zusammenfassung
Wesentliche Eigenschaften eines Automobils werden von der Aerodynamik beeinflusst. Im Vordergrund stehen die Fahrleistungen: Der Verbrauch und damit zugleich die Emissionen. Und natürlich die Spitzengeschwindigkeit, wenngleich deren Stellenwert etwas in den Hintergrund getreten ist, zumindest in der Werbung; der Käufer interessiert sich nach wie vor dafür. Die Fahrleistungen sind jedoch nicht alles. Worauf es ebenso ankommt, das vermittelt Abb. 1.1 mit einer Übersicht.
Geradeauslauf, Seitenwindstabilität, Komforteigenschaften wie Windgeräusche, Heizung, Belüftung und Klimatisierung des Fahrgastraumes, Sicht, Schmutzfreihaltung der Karosserie, Kühlung von Motor, Getriebe und Bremsen, Kräfte auf Einzelteile wie Deckel und Türen, alle diese für die Eigenschaften eines Autos maßgeblichen Kategorien hängen von seiner Umströmung und seiner Durchströmung ab.
Sieht man einmal von den Rennwagen ab, dann wird die Form eines Autos aber primär nicht davon bestimmt, dass mit ihr gewünschte aerodynamische Eigenschaften verwirklicht werden sollen – wie es zum Beispiel bei einem Flugzeug der Fall ist. Das wird darauf ausgelegt, einen vorgegebenen Auftrieb bei möglichst niedrigem Luftwiderstand zu erzeugen. Im Gegenteil, die Form eines Autos wird unter funktionalen, ökonomischen und vor allem nach ästhetischen Gesichtspunkten entwickelt. Die angeführten aerodynamischen Zielgrößen sind mit möglichst unauffälligen Maßnahmen zu erreichen.
Wolf-Heinrich Hucho
2. Physikalische Grundlagen der Aerodynamik
Zusammenfassung
Physikalische Grundlage der Strömungsmechanik ist die Anwendung der Newtonschen Axiome der Mechanik (Budó 1987) auf ein gedanklich aus dem Fluid herausgeschnittenes Volumenelement, das zu jedem Zeitpunkt ein und dieselbe Fluidmasse enthält und dessen Abmessungen beliebig klein gewählt werden können, ohne dass dabei die molekulare Struktur der Materie in Erscheinung tritt (Kontinuumshypothese). Die Forderung nach der zeitlichen Unveränderlichkeit der Masse Δm des Fluidelements liefert dann die einfache Beziehung
$$\frac{{{\text{d}}\left( {\Updelta m} \right)}}{{{\text{d}}t}} = 0\;,$$
(2.1)
während das 2. Newtonsche Axiom besagt, dass das Produkt aus Masse und Beschleunigung \(\text{d}{\boldsymbol{v}}/\text{d}t\) gleich der Summe der am Fluidelement angreifenden Kräfte F ist:
$$\boldsymbol{F} = \Updelta m\frac{{\text{d}{\boldsymbol{v}}}}{{\text{d}t}}\;.$$
(2.2)
Die beiden Beziehungen Gln. 2.1 und 2.2, die in der Strömungsmechanik auch als Erhaltungssätze für Masse und Impuls bezeichnet werden, genügen in der klassischen Aerodynamik bereits zur vollständigen Beschreibung des Strömungszustandes. Spielen darüber hinaus auch thermodynamische Effekte eine Rolle, so tritt zur Massen- und Impulserhaltung noch die Energieerhaltung in Form des 1. Hauptsatzes der Thermodynamik, die hier jedoch nicht betrachtet wird.
Andreas Dillmann
3. Verbrauch und Fahrleistungen
Zusammenfassung
Der Luftwiderstand ist der Fahrwiderstand mit der stärksten Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit: bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten fast vernachlässigbar, übertrifft er ab etwa 60 km/h den Rollwiderstand und wird bei Autobahngeschwindigkeit zum alles dominierenden Faktor. Damit hat er nicht nur einen hohen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch, sondern auch auf die Fahrleistungen eines Fahrzeugs, insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten, vgl. dazu Abschn. 3.2 und 3.3. Gestiegene Motorleistungen ermöglichen inzwischen ausreichend hohe Fahrleistungen, so dass die weitere Senkung des Luftwiderstandes fast ausschließlich der Reduktion des Treibstoffverbrauchs dient. So ist der stückzahlgewichtete Durchschnittsverbrauch (= Flottenverbrauch) deutscher Pkw immer weiter zurückgegangen, obwohl die durchschnittlichen Motorleistungen und Massen der Fahrzeuge stetig gestiegen sind, vgl. Abb. 3.1.
Teddy Woll
4. Luftkräfte und deren Beeinflussung an Personenkraftwagen
Zusammenfassung
Kapitel 3 hat gezeigt: Die Fahrleistungen eines Personenwagens werden maßgeblich von dessen Luftwiderstand bestimmt. Das macht es unverzichtbar, dass bei einer Neuentwicklung der im Lastenheft festgeschriebene c W-Wert auch tatsächlich erreicht wird. Hieß es früher beim c W-Wert häufig nur „so niedrig wie möglich – und vom Design gerade noch hinnehmbar“, so geht es längst um die Erfüllung einer definitiven Vorgabe. Der Auftrieb des Fahrzeugs entlastet die Achsen und beeinflusst damit die Kraftübertragung zwischen Reifen und Fahrbahn. Hier gilt selbiges: Das Erreichen der Zielvorgaben für die Auftriebe, bezogen auf die Achsen, ist unerlässlich. Um an das Phänomen Luftwiderstand heranzuführen, sollen zunächst anhand Abb. 4.1 einige Körper gleicher Völligkeit verglichen werden, also Körper mit gleichem Verhältnis von Höhe h bzw. Durchmesser d des Körpers zu seiner Länge l. Für Pkw gilt h / l ≈ 0,3. Mit 0,5 > c W > 0,15 kann der Pkw zwischen dem Rotationskörper, für den c W ≈ 0,05 gilt, und dem längs angeströmten scharfkantigen Quader mit c W ≈ 0,9 eingeordnet werden.
Thomas Schütz, Lothar Krüger, Manfred Lentzen
5. Aerodynamik und Fahrstabilität
Zusammenfassung
Die Auswirkung aerodynamischer Kräfte und Momente auf das Fahrzeug ist seit geraumer Zeit Gegenstand von Untersuchungen. Schließlich führt die Umströmung nicht nur zu dem schon diskutierten Widerstand (s. Abschn. 4.1) sondern zu weiteren Kräften und Momenten, die Einfluss auf die Fahrdynamik des Fahrzeugs haben. Die Entstehung von Auftrieb und Nickmoment war Gegenstand von Abschn. 4.5. Deren Auswirkungen auf die Radlasten und damit auf das Fahrverhalten bei Geradeaus- und Kurvenfahrt, bei Lastwechselreaktionen und Bremsmanövern wird in Abschn. 5.2.2 beschrieben. Durch eine unsymmetrische Anströmung wie sie bei Seitenwind oder bei Überholmanövern auftritt, entstehen zusätzlich eine Seitenkraft, ein Gier- und ein Rollmoment. Auch werden Auftrieb und Nickmoment beeinflusst. Die Entstehung dieser Kräfte wurde in Abschn. 4.5 ebenso behandelt, wie Maßnahmen zu deren Beeinflussung. Die Behandlung von aerodynamischen Kräften und Momenten unter stationären Anströmbedingungen mag für den Fall der geraden, symmetrischen Anströmung noch begründbar sein. Bei Schräganströmung durch Seitenwind oder dem dynamischen Vorgang des Überholens erfährt das Fahrzeug aber eine Strömungssituation, deren zeitliche Varianz eine stationäre Betrachtung nicht mehr rechtfertigt.
David Schröck, Andreas Wagner
6. Funktion, Sicherheit und Komfort
Zusammenfassung
In den vorangegangenen Kapiteln wurden die globalen Wirkungen der Umströmung des Fahrzeugs betrachtet. Im Wesentlichen ging es dabei um Kräfte und Momente und um deren Auswirkungen auf Fahrleistungen und Richtungsstabilität. Das vorliegende Kapitel zeigt nun den weitreichenden Einfluss der Aerodynamik auf die verschiedensten Sachgebiete: Funktionalität und Zuverlässigkeit des Fahrzeugs und seiner Systeme sind unter allen Umständen zu gewährleisten; Sicherheit und Komfort der Passagiere sind zu erhöhen. Die auftretenden Windkräfte auf Einzelteile der Karosserie wie Motorhaube, Schiebedach und Türen sind direkt mit der lokalen Strömung verknüpft. Es reicht jedoch nicht aus, nur die stationäre Strömung zu betrachten. Strömungsablösungen sind in hohem Maße instationär; sie können auch zu dynamischen Verformungen führen, dem so genannten „Bauteilflattern“.
Patrick Höfer, Alexander Mößner
7. Kühlung und Durchströmung
Zusammenfassung
Die Aufgabe der Fahrzeugkühlung besteht darin, der Summe aller Wärmequellen im Fahrzeug, wie z. B. Motor und Getriebe, sowie Kältekreislauf der Klimaanlage und ggf. Elektronik, jederzeit eine gleichgroße Summe an Wärmesenken gegenüber zu stellen, um den dauerhaften Betrieb des Fahrzeuges ohne Komfort-, Fahrdynamik- und Lebensdauereinbußen sicherzustellen. Dafür muss eine ausreichende Menge Kühlluft an die Wärmetauscher und die jeweiligen Komponenten geführt werden. Dieser Teil der Fahrzeugaerodynamik wird im Folgenden als Durchströmung bezeichnet (Abb. 7.1). Dabei hängt die grundlegende Auslegung des Gesamtsystems stark von den thermischen Anforderungen, den verwendeten Einzelkomponenten und der Einbausituation ab. Auf diese Aspekte und die erforderliche Optimierung im aerodynamischen Gesamtfahrzeugkontext wird in den folgenden Kapiteln eingegangen. Die aktuell erforderliche Kühlleistung wird in erster Linie durch den Fahrzustand vorgegeben. Der übliche Fahrbetrieb wechselt häufig zwischen unterschiedlichen Geschwindigkeiten im Stadtverkehr, bei Überland-, Berg- oder Autobahnfahrten. Dabei wechseln sich Fahrten mit konstanter Geschwindigkeit mit Beschleunigungs- und Bremsphasen ab. Somit werden alle Betriebspunkte des Motors von Schubbetrieb über Motorleerlauf bis zur maximalen Leistung, die heute auch bei Limousinen deutlich über 300 kW liegen kann, in Kombination mit den unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten vom Stillstand bis zur Höchstgeschwindigkeit durchlaufen.
Ralf Neuendorf, Bernhard Zuck
8. Umströmungsgeräusche
Zusammenfassung
Die Bedeutung der einzelnen Anteile am Fahrzeug-Gesamtgeräusch hängt wesentlich vom Betriebszustand ab. Bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten und hoher Motorbelastung dominiert das Antriebsgeräusch. Ist die Motorbelastung nur gering, so liefert schon bei kleinen Geschwindigkeiten das Reifen-Fahrbahn-Geräusch den größten Beitrag zum Außengeräusch. Selbst bei Volllastbeschleunigung im Geschwindigkeitsbereich um 50 km/h kann dieses Geräusch wegen des besonders bei Lkw ausgeprägten Anstiegs der Geräuscherzeugung bei hohen Zugkräften am Reifen eine dominierende Rolle spielen. Im Innengeräusch leisten bei niedrigeren Fahrgeschwindigkeiten zusätzlich zum Antriebsgeräusch und den von außen eingeleiteten Reifen-Fahrbahn-Geräuschen noch die über Körperschall eingeleiteten Rollgeräusche einen wichtigen Beitrag. Mit weiter zunehmender Fahrgeschwindigkeit gewinnen die Umströmungsgeräusche wesentlich an Bedeutung, weil ihre Schallleistung mit der fünften bis sechsten Potenz der Geschwindigkeit zunimmt, während der Anstieg des Reifen-Fahrbahn-Geräusches nur mit ungefähr der dritten Potenz erfolgt (Riegel 2011).
Martin Helfer
9. Hochleistungsfahrzeuge
Zusammenfassung
Die Kategorie der Hochleistungsfahrzeuge umfasst eine Reihe ganz unterschiedlicher Automobile, nämlich:
  • Sportwagen; das sind für den Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge, die hohe Fahrleistungen bieten ohne dem Fahrer wesentliche Einschränkungen bezüglich ihrer Alltagstauglichkeit ab zu verlangen.
  • Rennwagen, deren ausschließlicher Zweck darin besteht, auf der Rennstrecke zur Austragung von Wettbewerben eingesetzt zu werden. Dazu zählen auch solche Autos, die aus Serienfahrzeugen abgeleitet sind.
  • Rekordfahrzeuge mit unterschiedlicher Zielsetzung wie etwa
    • höchste Geschwindigkeit;
    • niedrigster Verbrauch;
    • größte Reichweite;
    • Erprobung von Sonderantrieben.
Entsprechend differenziert sind auch die Anforderungen an die Aerodynamik. Gemeinsam ist all diesen Fahrzeugen, dass sie mit einem niedrigen Luftwiderstand auszurüsten sind. Sind sie für hohe Geschwindigkeiten auf kurvenreichen Kursen ausgelegt, tritt die Forderung nach niedrigem Auftrieb hinzu. Beide Forderungen stehen bezüglich der Maßnahmen, mit denen sie zu erfüllen sind, nicht selten in einem Widerspruch zueinander. Wie dieser auszutarieren ist, bildet einen Schwerpunkt der Darstellung.
Darüber dürfen die übrigen Aufgaben, die mit Hilfe der Aerodynamik zu lösen sind, nicht übersehen werden, als da sind:
  • Gewährleistung der Richtungsstabilität;
  • Verhalten bei Fahren im Windschatten;
  • Kühlung sämtlicher Aggregate;
  • Herstellung annehmbaren Komforts für den Fahrer.
Michael Pfadenhauer
10. Nutzfahrzeuge
Zusammenfassung
Die seit jeher bestehende Zielsetzung, Nutzfahrzeuge wirtschaftlich und rentabel zu betreiben, verlangen vom Hersteller und Zulieferer, alle Möglichkeiten zur Minimierung des Kraftstoffverbrauches auszuschöpfen. Im Zuge der anhaltenden CO2-Diskussion stellen neben der Weiterentwicklung wirtschaftlicher Dieselmotoren, der Verbesserung der Reifenrollwiderstände sowie der Optimierung des Antriebstranges die aerodynamischen Maßnahmen am Nutzfahrzeug einen wesentlichen Bestandteil der ökonomischen Bemühungen dar. Dies wird deutlich wenn man die Entwicklung des Kraftstoffverbrauches in den letzten Jahrzehnten betrachtet (siehe Abb. 10.1) Von den 1970ern bis in die 1990er konnte der Verbrauch und damit auch der CO2 Ausstoß stetig reduziert werden. Mit Einführung der Abgasnormen Euro 1–5 blieb der Verbrauch auf Grund der Emissionsvorschriften weitgehend konstant. Hier kann die Aerodynamik dann einen weiteren Beitrag zur Kraftstoffverbrauchsreduktion liefern. Neben den gesetzlichen Randbedingungen und den sich daraus ergebenden zukünftigen Herausforderungen müssen auch die Gesamtkosten, die sogenannten life cycle costs betrachtet werden (Abb. 10.2). Kraftstoff und Löhne haben den größten Anteil an dieser Summe. Rund 30 % der Gesamtkosten über die Lebensdauer sind bei einem typischen Fernverkehrs-Lkw Kraftstoffkosten. Aufgrund der steigenden Rohölpreise wird dieser Anteil weiter wachsen. Dies zeigt, dass die Bedeutung der Aerodynamik zur Reduzierung des Luftwiderstandes und damit zur Minimierung des Kraftstoffverbrauches weiter steigt.
Stephan Kopp, Thorsten Frank
11. Motorradaerodynamik
Zusammenfassung
Gottlieb Daimler erhielt am 29. August 1885 – ein Jahr vor der Erfindung des Automobils durch Carl Benz – das Deutsche Reichspatent Nr. 36.423 für sein auch „Reitwagen“ genanntes, hölzernes „Fahrzeug mit Gas- bzw. Petroleum-Kraftmaschine“ (c W ⋅ A x  = 0,67 m2 nach Schnepf (1983)). Allerdings waren die Grundlagen der Stabilisierung von Einspurfahrzeugen trotz der kurz zuvor schon erfolgten Entwicklung des Nieder(fahr)rades (1884) aus dem ansonsten aber noch populären Hochrad noch nicht erforscht. Erst um 1898 erschienen die ersten wissenschaftlichen Publikationen von Bourlet (1898) und Whipple (1898), die sich mit der Fahrdynamik von nicht motorisierten Zweiradfahrzeugen auseinander setzten. So verließ sich Daimler bei seinem Motorrad, mit dem er zunächst wohl im wesentlichen die grundsätzliche Möglichkeit der Motorisierung eines Fahrzeugs durch einen Verbrennungsmotor unter Beweis stellen wollte, nicht ausschließlich auf die Einspurigkeit seines Gefährts. Er stellte vielmehr dessen eisenbereiften Holzrädern zwei seitliche Stützräder zur Seite, um Kippstabilität zu gewährleisten. Gleichwohl wies dieses erste, nicht in Serie gebaute Motorrad der Welt in etlichen Details bereits die Merkmale und Proportionen heutiger Motorräder auf.
Norbert Grün, Holger Winkelmann, Frank Ullrich, Jürgen Bachmann
12. Schutzhelme
Zusammenfassung
Seit über 100 Jahren wird auf Motorrädern Kopfschutz getragen. Anfangs wurden Leinen- und Lederkappen benutzt, bei denen der Windschutz im Vordergrund stand, dann Halbschalenhelme, Jethelme und seit den späten 1960er Jahren Integralhelme. 1958 wurde in Deutschland mit der DIN 4848 die erste Norm zur Prüfung von Kraftfahrer-Schutzhelmen verabschiedet. 1975 wurde diese Norm durch die europäische Norm ECE-R 22.01 abgelöst, die in regelmäßigen Abständen überarbeitet wird. Zurzeit gilt die ECE-R 22.05.
Helmpflicht auf Krafträdern besteht in Deutschland seit dem 1.1.1976. Nach § 21a, Absatz 2 StVO müssen „die Führer von Krafträdern und ihre Beifahrer während der Fahrt amtlich genehmigte Schutzhelme tragen“. Zwar wird das Tragen eines Helms ordnungsrechtlich durchgesetzt, die amtliche Zulassung aber derzeit noch nicht. Deshalb sieht man im Straßenverkehr bisweilen Helme ohne ECE-Zulassung, die kleine Bauformen aufweisen und in keiner Weise das notwendige Maß an Sicherheit garantieren.
Während in ganz Europa Motorradfahrer Helme tragen müssen, gibt es in den USA eine wechselvolle Geschichte von Einführungen und Abschaffungen der allgemeinen Helmpflicht (Ulmer und Shabanowa Northrup 2005). Erst kürzlich (2012) wurde im Bundesstaat Michigan die allgemeine Helmpflicht für Motorradfahrer wieder abgeschafft.
Gerd Janke, Sebastian Reitebuch
13. Windkanäle und Messtechnik
Zusammenfassung
Dass die Aerodynamik heute integraler Bestandteil eines modernen Fahrzeugentwicklungsprozesses ist, geht sehr deutlich und detailliert aus den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches hervor. Sowohl die Erfüllung der Lastenheftvorgaben in Bezug auf die aerodynamischen Gesamtkräfte und -momente, die z. B. die CO2-Emissionen und die Fahrstabilität wesentlich beeinflussen, als auch die Funktion wichtiger Baugruppen, wie Motor- und Bremsenkühlung, Klimatisierung, Dichtungen, Türen, Klappen und Anbauteile erfordert die Mitwirkung der Fahrzeugaerodynamiker, die hierzu ihre wichtigsten Prüfstände, die Windkanäle, einbringen. Windkanäle simulieren – wie im Übrigen auch die computergestützte Strömungssimulation (CFD) und die computergestützte Aeroakustik (CAA) – die Fahrt auf der Straße, allerdings mit experimentellen statt mit numerischen Mitteln. Die Straßenfahrt bleibt dabei stets das Maß der Dinge, weil auch der Kunde sein Fahrzeug auf der Straße einsetzt und nicht auf Prüfständen. Für die aerodynamische Entwicklungsarbeit sind Straßenversuche in der Regel wenig geeignet, u. a. weil sie nur schwer reproduzierbare Versuchsbedingungen aufweisen. Darauf wird in diesem Kapitel noch eingegangen. Windkanäle weisen als stationäre Prüfstände solche Nachteile nicht auf. Allerdings sind, wie bei jeder Simulation, ihre Grenzen der Anwendbarkeit zu beachten. Dies erfordert ein tiefes Verständnis ihrer Physik. Auch dazu wird dieses Kapitel detailliert beitragen.
Reinhard Blumrich, Edzard Mercker, Armin Michelbach, Jorg-Dieter Vagt, Nils Widdecke, Jochen Wiedemann
14. Numerische Methoden
Zusammenfassung
Bei der aerodynamischen und aeroakustischen Auslegung, Entwicklung und Optimierung von Automobilen werden heute neben dem Windkanal auch numerische Verfahren eingesetzt. Vor allem in der Frühphase der Entwicklung sind meist keine realen Fahrzeuge, sondern nur Teileversuchsträger verfügbar, dennoch müssen eine Reihe miteinander konkurrierender Designentwürfe bewertet werden. Dabei besteht Bedarf an sehr genauer Kenntnis der auftretenden Strömungsphänomene, Schallerzeugungs- und -übertragungsmechanismen, denn diese gilt es im Fortgang der Entwicklung zu beherrschen. Drei wesentliche Motive sind es, die den Einsatz von numerischen Methoden rechtfertigen:
Der traditionelle Weg, die aerodynamische und aeroakustische Optimierung von Fahrzeugen im Windkanal durchzuführen, wird damit nicht obsolet; er wird in einen späteren Abschnitt des Entwicklungsprozesses verlagert. Der numerischen Aerodynamik kommt dabei zudem zugute, dass dem Windkanalversuch eine Reihe von Einschränkungen anhaftet (vgl. Abschn. 13.2):
  • bei Maßstabsmodellen ist die Reynolds-Zahl zu niedrig;
  • die Wiedergabe aller geometrischen Details ist bei skalierten Modellen sehr aufwändig;
  • die Abmessungen des Windkanalstrahls und der Messstrecke sind endlich, daraus folgen Blockierungseffekte durch das Modell und seinen Nachlauf, die zu korrigieren sind;
  • die Simulation der Fahrbahn gelingt nur unvollkommen;
  • die Möglichkeiten, Seitenwind und Turbulenz darzustellen, sind begrenzt.
Thomas Schütz, Norbert Grün, Reinhard Blumrich
Backmatter
Metadata
Title
Hucho - Aerodynamik des Automobils
Editor
Thomas Schütz
Copyright Year
2013
Electronic ISBN
978-3-8348-2316-8
Print ISBN
978-3-8348-1919-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8348-2316-8

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