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18-04-2019 | Kleinwagen | Fahrbericht + Test | Article

Swift ja, Hybrid nein: Der Suzuki-Kleinwagen im Test

Author: Sven Eisenkrämer

6:30 min reading time

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Springer Professional, ATZ und MTZ haben den Suzuki Swift mit dem 1.0 Boosterjet SHVS Mild-Hybrid-System getestet. Der Test zeigt, warum man auf die Elektrifizierung verzichten kann.

Ist es sinnvoll, in einen Kleinwagen mit einem 1.0-l-Motor noch ein Hybridsystem zu stecken? Suzuki hat das im Swift getan und bietet ihn in der sechsten Generation schon seit 2017 mit einem Mild-Hybrid-System an. Wir haben das Fahrzeug zwei Wochen lang getestet und vor allem die SHVS genannte Elektrifizierung im Alltag in Verbindung mit der Antriebsleistung bei sehr geringem Gewicht unter die Lupe genommen.

Suzuki geht mit der Zeit und zeigt das in der sechsten Swift-Generation auch beim Design. Sie ähnelt zwar dem Vorgänger, der sieben Jahre lang auf dem Markt war und ist keine komplette optische Neuerfindung wie beim neuen Jimny, aber die Japaner haben schon mehr als in ein einfaches Facelift investiert. Der Kleinwagen wirkt nicht nur als "Swift Sport" dynamisch und sportlich. Außen kompakt, bietet er im Innenraum erstaunlich viel Platz. Knapp 3,90 Meter lang, fast 1,74 Meter breit und etwa 1,50 Meter hoch, hat der Swift einen Radstand von 2,45 Metern. Letzterer ist im Gegenzug zum Vorgängermodell übrigens gewachsen, während die Gesamtlänge kürzer wurde. Je nach Variante wiegt er zwischen 915 und 1025 Kilogramm (Leergewicht), unser Testwagen hatte gerade einmal 950 Kilogramm im Fahrzeugschein eingetragen. 

Die Verarbeitung und die verwendeten Materialien stechen nicht in Richtung Luxus heraus, sind aber auch nicht als solche angepriesen – der Kleinwagen kommt insgesamt solide daher. Im Swift fühlt man sich auch wegen der großzügigen Platzverhältnisse wohl, beim Fahren überzeugen Dynamik und Straßenlage, auch wenn man sich nicht in einer "Rennsemmel" befindet.

Motor + Antriebstechnik

Zwei Ottomotoren in fünf Konfigurationen bietet der asiatische Autobauer im Swift (ohne Swift Sport) an: Neben dem 66 kW (90 PS) starken 1.2-l-Dualjet-Sauger als Vierzylinder mit Front- oder Allradantrieb ist der turboaufgeladene 1.0-l-Boosterjet-Dreizylinder als Fronttriebler erhältlich. Einmal in der Standard-Konfiguration mit dem 5-Gang-Schaltgetriebe, dann wie in unserem Testwagen als Schalter mit dem SHVS-Mild-Hybrid-System und ohne Hybrid, aber dafür mit einer Sechs-Stufen-Automatik. Die 998 Kubikzentimeter liefern in allen drei Varianten 82 Kilowatt (111 PS) bei 5500 Umdrehungen pro Minute und maximal 170 Newtonmeter Drehmoment.   

Die Mild-Hybrid-Variante setzt auf einen integrierten Startergenerator (ISG) anstelle der herkömmlichen Lichtmaschine. Der Generator mit Motorfunktion startet den Verbrenner nach dem Ausschalten durch die Start-Stopp-Automatik leiser und sanfter als konventionelle Start-Stopp-Systeme und unterstützt den Ottomotor bei der Beschleunigung. Neben der Anfahrunterstützung soll der kleine Generator gerade bei halb durchgedrücktem Gaspedal mehr antreiben, bis der Lader genügend Druck aufgebaut hat. Eine subjektiv spürbare Leistungssteigerung, die nicht auch vom Turbo herkommen könnte, erfährt man auch bei durchgedrücktem Pedal nicht. Die 82 Kilowatt beschleunigen den Swift in realistischen 10,6 Sekunden auf 100 km/h. Spitze fährt er 195 km/h. Beide Werte sind identisch zur Nicht-Hybrid-Version.

Das Mild-Hybrid-System im Swift arbeitet allerdings auch nur mit einer sehr kleinen 12-Volt-Zusatzbatterie mit 3000 mAh Kapazität, nicht mit einem 48-Volt-Bordnetz und entsprechender Leistungsstärke des Generators. Umgerechnet auf kWh-Kapazität landet man im Suzuki bei 0,036 kWh Batteriekapazität, weswegen durchaus von einem Micro-Hybrid-System die Rede sein kann. Der ISG lädt die Batterie bei Verzögerung und auch über Bremsenergierückgewinnung wird sie gespeist.

Reichweite + Verbrauch

In unserem Test haben wir den Swift mit reellen Verbrauchswerten von 6,1 bis 9,6 Liter Super auf 100 Kilometern gefahren. Sportlich unterwegs verbraucht der Kleine natürlich mehr, auf unserer 60-Kilometer-Test-Pendelstrecke mit hohem Autobahnanteil bei maximal 130 km/h sind die 6,1 Liter im 100-Kilometer-Schnitt realistisch – wohlgemerkt sprechen wir von wahrem Verbrauch, nicht dem laut Bordcomputer. Der spielte die Zahlen nämlich im Schnitt um 0,3 bis 0,4 Liter gegenüber dem Tank- und Verbrauchsprotokoll herunter. Wer wirklich sehr vorsichtig und extrem sparsam unterwegs ist, kann den Kleinen auf unter fünf Liter Verbrauch bekommen. Das sind noch immer mehr als die 4,3 Liter aus den Herstellerangaben, aber vertretbar. Laut Hersteller-Testzyklen beträgt die Spritersparnis des SHVS gegenüber dem Nicht-Hybriden 0,5 Liter pro 100 Kilometer.


Fahrwerk + Sicherheit

Fahrwerk und Lenkung sind im Swift angenehm sportlich abgestimmt und halten die 950 Kilogramm auch in der Kurve gut in der Spur, bieten aber auch unerwartet hohen Komfort. Allerdings ist das Fahrzeug nicht fürs vermehrte Fahren in Grenzbereichen gemacht und neigt bei ambitionierteren Kurvenfahrten dann doch zu deutlichem Untersteuern. Das ESP greift früh und intensiv ein.

Noch intensiver und deswegen massiv störend ist der Auffahrwarner und Notbremsassistent in dem Suzuki, die "Dual-Sensor gestützte aktive Bremsunterstützung" (SDBS). Viel zu häufig und früh warnt das Sicherheitssystem vor einem langsam vorausfahrenden oder an der Kreuzung stehenden Fahrzeug, selbst, wenn der Fahrer bereits in der Verzögerung ist. Bei ständigem Aufschrillen des lauten Warnsignals weicht das Sicherheitsgefühl schnell einer Genervtheit. Der Spurhaltewarner tut seinen Dienst derweil so lange wie es nicht regnet oder die Linien auf der Fahrbahn beispielsweise wegen einer Baustelle gelb sind. In diesen Fällen ist das System nicht nutzbar.

Der Swift hat inklusive des radargestützten Bremsassistenten eine Vier-Sterne-Bewertung im Euro NCAP-Crashtest – ohne sind es drei Sterne. Nur in der höchsten Ausstattungslinie Comfort plus und damit laut Suzuki-Konfigurator nur im Hybrid oder im Automatik-Turbo sind die LED-Scheinwerfer zu haben – eigentlich ein Muss.

Den Suzuki-Allgrip-Allradantrieb gibt es für den Swift übrigens nur in Verbindung mit dem leistungsschwächeren 1.2-l-Saugmotor.

Bedienung + Konnektivität

Suzuki hat zwar ein Infotainmentsystem samt Navigationsgerät und Smartphone-Anbindung. Allerdings sind sowohl Funktionsumfang als auch Bedienkomfort nicht auf dem Stand der Technik. Typisch für die meisten asiatischen Hersteller, wird wenig Wert auf Systemgestaltung und Nutzererfahrung, Interaktion oder Intuition gelegt. Brauchbar ist das System eigentlich nur mit kabelgebundener Anbindung eines Apple- oder Android-Smartphones mit der Nutzung von Apple Car Play oder Android Auto. Im Testfahrzeug funktionierte die gleichzeitige Verwendung der kabelgebundenen Variante mit der Bluetooth-Freisprecheinrichtung nicht richtig und das Suzuki-eigene Navigationsgerät war sehr langsam und ließ sich nicht von Tag- auf Nachtmodus umschalten – bei Dunkelheit blendete die Karte.

Kosten + Nutzen

Den Swift bekommt man mit dem schwächeren 1.2-Liter-Sauger in der Ausstattung Basic (unter anderem ohne Radio) ab 13.790 Euro. Mit dem 1.0 Boosterjet Hybrid kostet das Fahrzeug 19.520 Euro. Die höchstmögliche Ausstattungsvariante von Suzuki, Comfort plus, ist dann inklusive und lässt sich bis auf ein optionales aber kostenfreies "Assistenzpaket" mit adaptiver Geschwindigkeitsregelung und dem radargestützten Bremsassistenten nicht mehr erweitern. Bis auf mögliche optische Anpassungen und eventuellem Zubehör kommen auf den Käufer also keine höheren Anschaffungskosten zu. Der reguläre Swift mit dem Ein-Liter-Turbo kostet 17.020 Euro, das Assistenzpaket schlägt hier aber mit 1.000 Euro zusätzlich zu Buche. Bleibt ein Aufpreis von 1.500 Euro für das kleine Hybridsystem. Ob die Spritkostenersparnis des SHVS gegenüber dem Nicht-Hybrid (auf 25.000 Kilometer nicht mal 200 Euro) diesen Aufpreis rechtfertigt, muss der Kunde für sich entscheiden. Grund, den Hybrid zu kaufen ist vielmehr die Ausstattungslinie Comfort plus, aber die gibt es auch im Automatik-Swift. 

Kritik + Fazit

Der Swift ist ein kompakter Stadtflitzer mit erstaunlich viel Platz im Innenraum. Sportlichkeit und Komfort halten sich die Waage. Die Motorleistung des Turbo-Benziners ist ordentlich, Fahrspaß ist gegeben. Wer Wert auf modernes, funktionsintensives Infotainment und auf Konnektivität legt, ist hier fehl am Platz. Auch ist der Suzuki kein herausragend luxuriöser Kleinwagen. Aber für den Alltag macht er in seiner Klasse was her und sieht gut aus. Leider wirken die wenigen verfügbaren Kombinationen von Ausstattungs- und Antriebsvarianten nicht durchdacht. Das Mild-Hybrid-System im Swift ist eher ein Mini-Hybrid-System, das selbst im Testzyklus nur einen kleinen punktuellen ökologischen Vorteil bietet und in der Realität vor allem wirtschaftlich verpufft. Unser Fazit fällt in diesem Fall daher klar aus: Swift ja, Hybrid nein!


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