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Published in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik 4/2019

22-02-2019 | Kommentar

Im Diskurs bestehen. Über den notwendigen Pluralismus in der ökonomischen Politikberatung: Kommentar zum Beitrag von Sebastian Dullien und Gustav Horn

Author: Stefan Kooths

Published in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik | Issue 4/2019

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Auszug

Die Autoren beklagen mangelnden Pluralismus in der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung, wodurch nicht nur die Qualität der Beratungsleistung leide, sondern auch die Entwicklung der ökonomischen Wissenschaft gehemmt würde. Sie schlagen vor, dass die Wirtschaftspolitik aktiv ein breiteres Spektrum an Beratungsleistungen nachfragen solle, das insbesondere solche Anbieter umfasst, die sich ausdrücklich eine „heterodoxe“ Ausrichtung zu eigen machen. …

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Footnotes
1
Hierauf haben beispielsweise die an der Gemeinschaftsdiagnose beteiligten Forschungsinstitute immer wieder hingewiesen. So heißt es in der Kapiteln „Zur Wirtschaftspolitik“ der jüngsten Gutachten: „die Institute [wollen] auf brachliegende Wertschöpfungspotenziale hinweisen, die Wirtschaftspolitik auf Konsistenz und Nachhaltigkeit hin beurteilen und bei alternativen Maßnahmen diejenigen identifizieren, mit denen sich die politischen Ziele zu den geringsten ökonomischen Kosten erreichen lassen.“ (Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose 2017, S. 61) und „Für die wirtschaftspolitische Beratung ist es wichtig, dass die Politik ihre Ziele klar benennt, denn nur dann lassen sich konkrete wirtschaftspolitische Maßnahmen ex-ante bewerten, um Handlungsempfehlungen abgeben zu können, und ex-post evaluieren, um für die Zukunft daraus zu lernen.“ (Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose 2018, S. 57).
 
2
Eine solche Situation zeigt sich seit längerem in der Diskussion um die Reform der Europäischen Währungsunion. Aufgrund der systemischen Interdependenz bringt es wenig, verschiedene wissenschaftlich fundierte Reformvorschläge in der Weise heranzuziehen, dass Elemente eines Hartwährungssystems (Geldwertstabilität, Nicht-Beistandsregel) mit denen eines Weichwährungssystems (monetäre Staatsfinanzierung, Vergemeinschaftung von Risiken) verbunden werden. Jedes System für sich könnte bessere Ergebnisse zeitigen als ein Mittelweg, der in Fragen der Währungsordnung zu einem „stuck-in-the-middle“ führte und eine kohärente Wirtschaftspolitik verhinderte.
 
3
Dies bedeutet ausdrücklich nicht, dass sich die Hochschullehre nicht mit marxistischer Theorie auseinanderzusetzen hätte – im Gegenteil. Ein Ökonom sollte durch ein entsprechendes theoretisches Verständnis in der Lage sein, sich selbst ein fundiertes Bild dieses Theoriestrangs zu machen und sich nicht nur darauf verlassen müssen, dass andere es widerlegt hätten oder sich gar nur mit dem empirischen Befund der gescheiterten sozialistischen Zentralveraltungswirtschaften zufriedengeben. Nicht zuletzt führt die kritische Auseinandersetzung mit marxistischer Theorie und ihren Fehlern auch zu einem erheblich besseren Verständnis im Gesamtbereich der Wert‑, Kapital- und Zinstheorien, wie es Böhm-Bawerk (1896) eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.
 
4
Man kann – ausgehend von einem harten Kern des ökonomischen Wissens – diesen Suchprozess auch als eine Variante der Popperschen „Stückwerktechnik“ (piecemeal engineering) auffassen (Popper 1957), die nun aber nicht auf das Institutionendesign, sondern auf den Theoriefortschritt selbst bezogen ist. In ähnliche Richtung argumentiert Lakatos (1968), wenn er den ursprünglichen Popperschen Falsifikationismus (Popper 1934) zu einem „raffinierten Falsifikationismus“ (sophisticated methodological falsificationism) weiterentwickelt, wobei er davon ausgeht, dass die evolutionär vorangetriebene Weiterentwicklung eines Forschungsprogramms der Überprüfung auf Übereinstimmung mit den beobachtbaren Tatsachen prinzipiell zugänglich ist.
 
5
So hieß es in der Ausschreibung der Bundesregierung zur Gemeinschaftsdiagnose (GD) für den Vergabezeitraum 2016–2020: „Die GD ist ein gemeinsames Forschungsprojekt mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute. Durch ihre Zusammenarbeit werden die Analyse und die Prognose im Dialog und im Wettstreit mit verschiedenen theoretischen und methodischen Ansätzen bestmöglich fundiert.“
 
6
„Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, daß ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, daß ihre Gegner allmählich aussterben und daß die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist.“ (Planck 1948, S. 22).
 
7
Auch die von den Autoren behauptete Asymmetrie zur Verteidigung des Status-quo ist zweifelhaft. So wird die neoklassische Modellwelt nicht selten auch dazu herangezogen, eine Idealwelt zu formulieren, an der die Realität aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher Marktversagenstatbestände nur scheitern kann, woraus dann unter der Fiktion eines zentralen sozialen Planers Interventionsspielräume abgeleitet werden. Eine solche Analyse lässt aber nicht nur die Rolle unternehmerischer Akteure als universelle Arbitrageure und Innovatoren außen vor (etwa zur Lösung des vermeintlichen Market-for-Lemons-Problems), sondern überschätzt zugleich die Informationsbasis der tatsächlich handelnden staatlichen Akteure.
 
Literature
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Metadata
Title
Im Diskurs bestehen. Über den notwendigen Pluralismus in der ökonomischen Politikberatung: Kommentar zum Beitrag von Sebastian Dullien und Gustav Horn
Author
Stefan Kooths
Publication date
22-02-2019
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Published in
List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik / Issue 4/2019
Print ISSN: 0937-0862
Electronic ISSN: 2364-3943
DOI
https://doi.org/10.1007/s41025-019-00150-7

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